Hochschuldidaktische Aspekte der Studiengangentwicklung
Arbeitshilfe für Studiengangverantwortliche, Mitwirkende und Interesseierte
Hochschuldidaktische Aspekte haben im Zuge der Qualitätssicherung an Hochschulen wachsende Bedeutung erlangt und Eingang in die Begutachtung neu einzurichtender und bereits bestehender Studiengänge gefunden. An der HTWK Leipzig werden bei der internen Akkreditierung von Studiengängen wichtige hochschuldidaktische Grundprinzipien hinterfragt und geprüft. Dieser Prozess wirft sowohl in der Vorbereitung, als auch in der Prüfung durch die Rektoratskommission Akkreditierung (RKA) und der anschließenden Bearbeitung der Auflagen immer wieder Fragen auf:
- Wie müssen kompetenzorientierte Qualifikationsziele formuliert sein?
- Welchem Niveau sind diese Ziele zuzuordnen?
- Wie erstelle ich eine Lernzielmatrix für einen Studiengang? usw.
Die nachfolgenden Ausführungen sollen die Einarbeitung und Vertiefung in hochschuldidaktische Aspekte erleichtern, ein einheitliches Verständnis der Konzepte und Begrifflichkeiten ermöglichen und die Qualitätssicherung in den Studiengängen stärken. Komplexe Themen werden knapp beschrieben, Bezüge zu Akkreditierungskriterien hergestellt, Umsetzungsanregungen unterbreitet und die wichtigsten Quellen und hilfreiche Literaturempfehlungen gegeben.
Eine ausführlichere und bebilderte PDF-Version für den Download ist in Arbeit.
Studiengangentwicklung
Kurzbeschreibung
Unter Studiengangentwicklung ist die Konzipierung und Weiterentwicklung von Studiengängen inklusive aller Module und deren Abfolge zu verstehen. Die kompetenzorientierte Studiengang- und Curriculumentwicklung bildet die Basis für die daraus abzuleitende Lehr-, Lern- und Prüfungsgestaltung. Der Prozess der Studiengangentwicklung sollte von Beginn an durch ein Team begleitet und gesteuert werden. Folgende Punkte sollten in der inhaltlich-konzeptionellen Planung erstellt werden („Idealtypischer Ablauf“ nach Harth et al., 2017):
- Kompetenzprofile für den Studiengang ermitteln und Qualifikationsziele formulieren
Auf der Grundlage von Rahmenvorgaben (HQR), Analysen und Anforderungen des Berufsfeldes und der Branche wird ein Kompetenzprofil für Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs entwickelt: Kompetenzorientierte Studiengangentwicklung beginnt mit der Frage, was ein Absolvent bzw. eine Absolventin am Ende des Studiums in der Lage sein sollte zu tun.
Ziel ist es, dass die Absolventinnen und Absolventen unter Berücksichtigung ihrer Eingangsqualifikationen, den beruflichen Anforderungen in ihrem Tätigkeitsfeld nach Abschluss des Studiums gewachsen sind. Zur Formulierung der eigentlichen Qualifikationsziele werden Inhalts- und Handlungskomponenten zusammengefasst, so dass eine konkrete aktive Tätigkeit beschrieben wird, die ein Absolvent bzw. eine Absolventin nach Abschluss entwickelt hat.
Beispiel Sozialkompetenz: Die Absolventen und Absolventinnen sind in der Lage, Fragestellungen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und unterschiedliche Positionen von beteiligten bzw. betroffenen Personengruppen zu berucksichtigen.“ (HRK nexus (2020): Gestaltung eines Fachqualifikationsrahmens in den Ingenieurwissenschaften.)
- Module mit Modulzielen outcomebezogen konzipieren, Modulplan erstellen
Ausgehend von den formulierten Qualifikationszielen wird ein modularisiertes Curriculum des Studiengangs entwickelt: Die Qualifikationsziele werden in aufeinander aufbauende Module überführt. Für die Module werden Lernziele bzw. Lernergebnisse formuliert und ein Ablaufplan entwickelt, der schrittweise zu den Qualifikationszielen führt. Das Ergebnis wird schließlich in eine Lernzielmatrix überführt.
- Kompetenzorientierte Lernszenarien und Prüfungsformen entwickeln
Für jedes Modul ist schließlich ein geeignetes Prüfungsformat festzulegen und die Lehr-Lern-Formen sind danach auszurichten.
- Studienbegleitende Fördermaßnahmen & Qualitätssicherungsmaßnahmen planen,
Zusätzlich sollte förderliche rahmenbedingungen für das Curriculum gegeben sein: Wie kann der geplante Kompetenzerwerb zusätzlich durch weitere begleitende Maßnahmen, wie Brücken- oder Orientierungskurse, Tutorien, E-Learning-Einheiten, Beratungsangebote, usw. unterstützt werden? Und schließlich sind Evaluations- und Qualitätssicherungsmaßnahmen zu planen, die die kontinuierliche Weiterentwicklung und Optimierung des Curriculums gewährleisten.
Kompetenzorientierung
Kurzbeschreibung
Kompetenzorientierung ist eine Forderung der Europäischen Studienreform: Die im Studium zu erwerbenden Kompetenzen sind als Qualifikations- und Modulziele zu formulieren, Lehr-Lern- und Prüfungsformen sind so zu wählen, dass sie den Kompetenzerwerb ebenfalls unterstützen, das Studium soll auf die Berufsfähigkeit der Absolventen und Absolventinnen ausgerichtet sein. Dazu sollte ein Studiengangprofil den Anforderungen der Praxis des entsprechenden Berufsfeldes entsprechen. Kernpunkt ist, nicht nur abstraktes Wissen zu vermitteln, sondern dieses Wissen nutzbar zu machen und Studierende zu befähigen, es in Zusammenhängen zu betrachten, anzuwenden und weiterzuentwickeln:
(Fach-)Kompetenz ist nicht mit Faktenwissen gleichzusetzen, es bedarf auch der Fähigkeit zur Reflexion und Anwendung. Ebenso gehört ein Verständnis der eigenen (angestrebten) Profession sowie Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit dazu. Des Weiteren schließt die Kompetenzorientierung auch die Aneignung praktischer Fertigkeiten ein, die dazu befähigen, Gelerntes auf neue Situationen und Fragestellungen anzuwenden und reale Probleme zu lösen – ein Ansatz, der den HAW aufgrund ihrer Praxisnähe und der geforderten Orientierung an beruflichen Anforderungen vertraut ist.
Umsetzungshilfe
Im Kern geht es um einen Perspektivwechsel und die Qualitätsentwicklung in der Lehre. Statt der Frage „Was soll gelehrt werden?“ tritt in den Vordergrund: „Was soll gelernt werden?“. Dies meint die Hinwendung zum Studierenden: Was braucht er/sie, um am Ende des Studiums möglichst kompetent im oben genannten Sinne zu sein? Hier liegt also der Fokus auf dem Prozess und dem Ergebnis studentischen Lernens. Diese Hinwendung erfordert eine kritische Reflexion der bisherigen Wissensermittlung und -prüfung.
Zur einheitlichen Darstellung von Kompetenzen in Studiengangs- und Modulbeschreibungen werden an der HTWK Leipzig Fachkompetenzen, Methodenkompetenzen sowie Selbst- und Sozialkompetenzen unterschieden. Diese Einteilung leitet sich aus den aktuellen Vorgaben des Hochschulqualifikationsrahmens (HQR) ab und geht auf das Modell von Roth zur Beschreibung von beruflicher Handlungskompetenz zu- rück (vgl. Schaper 2012, S. 16f). Damit lässt sich die Praxisorientierung der meisten Studiengänge gut abbilden.
Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse (HQR)
Kurzbeschreibung
Ein Qualifikationsrahmen ist eine systematische Beschreibung formaler Bildungsabschlüsse. Der HQR als „Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse“, auch Hochschulqualifikationsrahmen genannt, beschreibt die Qualifikationsprofile hochschultypunabhängig auf den drei Ebenen: Bachelor, Master und Promotion.
„Diese Beschreibung beinhaltet:
- eine allgemeine Darstellung des Qualifikationsprofils eines Absolventen, der den zugeordneten Abschluss besitzt,
- eine Auflistung der angestrebten Lernergebnisse,
- eine Beschreibung der Kompetenzen und Fertigkeiten, über die der Absolvent verfügen sollte,
- eine Beschreibung der formalen Aspekte eines Ausbildungslevels.“ (HQR, 2017)
Der HQR gibt in sehr allgemeiner Form eine Antwort darauf, was Absolventinnen und Absolventen auf der Ebene des Bachelors, des Masters oder der Promotion wissen, verstehen und können sollten. Er ist lernergebnisorientiert und folgt damit dem Ansatz der Kompetenzentwicklung. Der HQR bildet die Grundlage für die Akkreditierung von Studiengängen und dient der Entwicklung und Sicherung qualitativer Standards. Transparenz, Verständlichkeit sowie nationale und internationale Vergleichbarkeit und Anerkennung von Hochschul- abschlüssen werden gefördert.
Umsetzungshilfe
In der Umsetzung ist darauf zu achten, dass die formalen Kriterien eingehalten und die qualitativen Beschreibungen der Qualifikationsziele auf Studiengangs- und Modulebene spezifiziert werden. Auf Grundlage von Absolventenprofilen sind Qualifikationsziele zu formulieren, die in konkrete Modulziele überführt werden. Sie sollten dem Abschlussniveau des Studiengangs entsprechen. Die Lernsituationen sind schließlich so zu gestalten, dass Studierende nach Absolvieren des Moduls bzw. des kompletten Studiums konkrete Lernergebnisse vorweisen können, die in adäquaten Prüfungsformaten nachgewiesen werden.
Beispiel
Entwicklung der Fachkompetenz im Bereich Ingenieurwissenschaften (Bachelor-Niveau):
HQR: Absolvent/innen „verfügen über ein kritisches Verständnis der wichtigsten Theorien, Prinzipien und Methoden ihres Studienprogramms“ (HQR, S. 6)
Qualifikationsziel (Studiengangebene): Absolvent/innen verfügen über ein kritisches Verständnis der wichtigsten Theorien, Prinzipien und Methoden des Studienprogramms Maschinenbau (Mechanik, Thermodynamik, Grundlagen der Elektrotechnik, Regelungstechnik etc.)
Lernziel (Modulebene): Studierende können statisch bestimmte Konstruktionen bzw. deren Bauteile freischneiden und die Lager- und Verbundreaktionen berechnen.
Für eine Reihe von Fachdisziplinen gibt es bereits fachspezifische Übersetzungen des HQR in so genannte Fachqualifikationsrahmen. Sie beschreiben die wesentlichen Lernergebnisse, Kompetenzen und Inhalte, die ein Fach repräsentieren und bieten Orientierung für die zusätzlich notwendigen individuellen studiengangspezifischen Ableitungen und Ergänzungen.
Lernzielformulierung
Kurzbeschreibung
Lernziele geben Lehrenden und Studierenden Orientierung und schaffen Transparenz. Gleichzeitig bilden sie den Ausgangspunkt für die Planung, Gestaltung und Überprüfung von Lernprozessen. Sie werden auf verschiedenen Ebenen formuliert. Auf Studiengangebene wird häufig von Qualifikationszielen oder Learning Outcomes gesprochen, auf dieser Ebene haben die formulierten Ziele einen höheren Abstraktionsgrad. Auf Ebene der Module oder einzelner Lehrveranstaltungen ist häufig von Lernzielen die Rede, sie sind konkreter und stärker mit Inhalten verknüpft. Als Lernergebnis wird letztendlich die Verhaltensänderung seitens der Lernenden bezeichnet, die sich nach einem Lernprozess einstellt und von der lernenden Person demonstriert und somit überprüft werden kann. Oftmals werden die drei Begriffe Qualifikationsziel, Lernziel und Lernergebnis synonym verwendet.
Umsetzungshilfe
Zentral für die Formulierung von Lernzielen ist die Fragestellung, was die Lernenden nach der entsprechenden Lerneinheit (Studium, Modul, Veranstaltung) wie können sollen. Lernziele werden danach als aktive Tätigkeiten beschrieben, die den Fachinhalt mit einer Handlung verknüpfen:
Lernziel = spezifisches aktives Verb + Inhaltsbereich (+ ggf. Anspruchsniveau)
Dadurch werden sie dem Ansatz der Kompetenzorientierung gerecht: Nicht die Inhalte werden in den Vordergrund gestellt, sondern was die Studierenden mit diesen Inhalten tun (Handlungen).
Früher = Inhaltsorientierte Zielformulierung: „Die Studierenden kennen quantitative Methoden der Sozialforschung.“ (ebd.)
Heute = Kompetenzorientierte Zielformulierung: „Die Studierenden können verschiedene quantitative Methoden vergleichen und die für ihre Fragestellung geeignetste auswählen.“ (ebd.)
Der Schwierigkeits- bzw. Komplexitätsgrad eines Lernzieles und somit auch möglicher Prüfungsaufgaben lässt sich gut unter Zuhilfenahme gültiger Lernzieltaxonomien festlegen. Den einzelnen Stufen einer Lernzieltaxonomie zugeordnete Verben geben einen Überblick über mögliche Aktivitäten (Handlungsebene) seitens der Studierenden. Ausgangspunkt für die Formulierung von Lernzielen ist das Vorwissen bzw. die Eingangsqualifikation der Studierenden. Lernziele beschreiben, mit welchen Zwischenschritten ein Lernender das gewünschte Ziel erreicht.
Lernzieltaxonomie
Kurzbeschreibung
Um in der Lehre vom Einfachen zum Schwierigen, vom Überschaubaren zum Komplexen voranzuschreiten, ist eine Ordnung der Lernziele hilfreich. Sogenannte Lernzieltaxonomien ermöglichen die Einordnung von Lernzielen anhand verschiedener, aufeinander aufbauender Lernstufen. Die wohl bekanntesten Lernzieltaxonomien beziehen sich auf den kognitiven Bereich (Denken, Wissen, Problemlösung, intellektuelle Fertigkeiten). Ein weit verbreitetes Modell ist die Lernzieltaxonomie von Bloom:
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Es wird deutlich, dass der Aufbau von Wissen einer hierarchischen Ordnung folgt. So ist das Erinnern von Faktenwissen etwas grundsätzlich anderes als die Analyse von Problemstellungen. Dazwischen gibt es aber eine Reihe von Abstufungen, die in der Planung und Begleitung von Lernprozessen berücksichtigt werden müssen. Jede höhere Lernstufe setzt das Erreichen der vorherigen Stufen voraus.
Neben der kognitiven Lernzieltaxonomie existieren auch Lernzieltaxonomien für den psychomotorischen (motorische Fertigkeiten) und den affektiven (Einstellungen, Werthaltungen, Interessen) Bereich. Auch hier hat Bloom ein Modell entworfen, das einen stufenweisen Aufbau der Lernziele befolgt:
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Während es im psychomotorischen Bereich um das Lernen von Bewegungsabläufen geht, steht im affektiven Bereich der Umgang mit inneren Antrieben und Gefühlen in Bezug zu moralischen Normen der Gesellschaft im Vordergrund. Die affektive Lernzieltaxonomie hat hier insbesondere Relevanz im Hinblick auf Normen des Wissenschaftsbetriebes sowie im Hinblick auf gesellschaftliche moralische Ansprüche an die Wissenschaft.
Eine hierarchische Ordnung der Lernziele ermöglicht eine Reflexion über den Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe bzw. der zu vermittelnden Inhalte: Welche Kompetenzen (Wissen & Fähigkeiten) sollte ein Studierender bereits mitbringen, um eine Lernaufgabe zu bewältigen bzw. die dargebotenen Inhalte zu verstehen?
Umsetzungshilfe
Grundlage für den schrittweisen Aufbau der Lernprozesse ist zunächst der Blick auf die Eingangsqualifikation bzw. das Vorwissen der Studierenden. Jedes Lernziel ist eingebettet in vorangehende und nachfolgende Lernziele. Die vorausgegangenen Lernerfolge sind wesentliches Fundament für die erfolgreiche Aneignung des neuen Wissens und Könnens. Gleichzeitig bereitet dieses Wissen auf die noch folgenden Lernschritte vor. Nicht immer liegen die Lernziele dabei auf der gleichen logischen Stufe. Für das Erreichen der jeweils nächsten Stufe ist es für den Lernerfolg allerdings notwendig, dass die Grundlage der unteren Stufen gelegt ist. Dies betrifft einzelne Lernsequenzen genauso wie Module oder den Aufbau des gesamten Curriculums eines Studiengangs. Hier kann die Frage helfen: Welches Vorwissen haben und welches benötigen die Studierenden, um die gesetzten Lernziele zu erreichen? Diese notwendigen Grundlagen sind dann schrittweise aufzubauen.
In der konkreten Umsetzung helfen sogenannte Verbenlisten. Sie geben einen Überblick, welche Handlungen bzw. Aktivitäten ein Lernender auf welcher Stufe bereits durchführen kann. Die Verben helfen, Lernziele als aktive Handlungen zu formulieren (siehe Lernzielformulierung). Gleichzeitig geben sie Aufschluss darüber, welche Aktivitäten seitens der Studierenden in Prüfungen verlangt werden können. Lernzieltaxonomien helfen, klare Lernziele für Lehrveranstaltungen zu definieren und entsprechend kompetenzorientierte Prüfungen zu gestalten.
Constructive Alignment
Kurzbeschreibung
Das Prinzip des „Constructive Alignment“ betont die wechselseitige Abhängigkeit von Lernzielen, Lehr-Lern-Formen und Prüfungsformaten. Diese drei Aspekte sollten bereits in der Planung passgenau aufeinander abgestimmt werden. Studierende planen ihren Lernprozess oft von den Prüfungsanforderungen her (Kommt das in der Prüfung dran?). Diese Sichtweise kann bereits in der Planung berücksichtigt und übernommen werden, die Planung orientiert sich somit mehr an den Lernenden und ihrem Lernprozess. Konkret führen Aufbau, Struktur, Inhalte und Arbeitsweisen der Lehrveranstaltung ganz folgerichtig zum gewählten Prüfungsformat und den Prüfungsaufgaben. Die Lehrveranstaltung gewinnt dadurch an Kohärenz und Transparenz.
Constructive Alignment bedeutet also, die Lehre vom Ergebnis („outcome“) her zu denken und den Weg dahin so zu entwickeln, dass mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit genau dieses Ergebnis erreicht wird und auch überprüft werden kann: Welche Kompetenzen sollen entwickelt werden (Lernziele)? Wie werden die erworbenen Kompetenzen abgeprüft (Prüfungsformat)? Welche Arbeitsweise führt zum gewünschten Ergebnis (Lehr-Lernmethoden)? Haben die Lernenden die Möglichkeit, die zu überprüfenden Lernziele bereits innerhalb der Lehrveranstaltung aktiv einzuüben bzw. ihren Kompetenzerwerb bereits im Vorfeld der Prüfung zu testen?
Umsetzungshilfe
Bei der Planung einer Lehrveranstaltung sind nach diesem Verständnis zunächst die zu erwerbenden Lernergebnisse festzulegen, um dann die angemessene Form der Überprüfung zu bestimmen und schließlich die passenden Vermittlungsmethoden auszuwählen.
Formulierung von Qualifikations- oder Lernzielen
Stellen Sie sich eine Absolventin Ihres Studiengangs / Moduls vor: Was weiß sie? Was kann sie? Wie verhält sie sich beim Lösen eines fachlichen Problems? Formulieren Sie Ihre Lernziele entsprechend, zum Beispiel:
Die Absolventin… … kennt die Grundzüge des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts. … wendet Programmiersprachen zur Webseiten-Erstellung sicher an. … arbeitet effizient im Team und übernimmt Führungsaufgaben. |
Entwicklung einer Lehrveranstaltung
Stellen Sie sich einen Studierenden vor, der noch nicht auf dem Stand der o.g. Absolventin ist: Woran werden Sie erkennen, dass er auf dem Stand angekommen ist? Welches Fach- und Methodenwissen braucht er, um dorthin zu gelangen? Auf welche Weise lernt er es so, dass er das Wissen verinnerlicht, kommunizieren und adaptieren kann? Welche Aktivitäten (Übungen, Praktika, etc.) helfen ihm, dieses Wissen selbständig anzuwenden?
Im optimalen Fall wissen Sie, welche Kompetenzen Ihre Veranstaltung hervorbringt, entwickeln eine Prüfungsform, die diese Kompetenzen valide prüft, und überlegen dann, mit welchen Lehr- und Lernmethoden aktiv darauf hingearbeitet werden kann. Die Arbeitsweisen innerhalb der Lehrveranstaltung sollten dabei bereits den Aktivitäten innerhalb der Prüfung entsprechen.
Kompetenzorientiertes Prüfen
Kurzbeschreibung
Die Kompetenzorientierung hat Folgen für die Prüfungsgestaltung: Anstatt vorrangig faktisches Wissen abzuprüfen, wird der Erwerb komplexer Kompetenzen beurteilt. Entsprechend des Constructive Alignment (s.o.) sind Prüfungsformate und -aufgaben nach den Lernzielen auszurichten und sollten sich auch an der bisherigen Arbeitsweise in der Lehre orientieren.
Bei der Konzeption kompetenzorientierter Prüfungen werden weniger wissensreproduzierende Prüfformate, als vielmehr Formate gewählt, die die Anwendung von Wissen, dessen Umsetzung in Handlungszusammenhängen sowie die Beurteilung und Reflexion von realitätsnahen Problemstellungen fordern und fördern. Kompetenzorientiertes Prüfen geht mit veränderten Rollen der Lehrenden und Lernenden einher. Während es bisher für die Lehrenden vorwiegend darauf ankam, Wissen zu vermitteln, rückt nun die Lernbegleitung der Studierenden in den Vordergrund. Lehrende sollen bei der Bearbeitung komplexer, kompetenzorientierter Arbeitsaufträge Hilfestellung geben und Lernenden möglichst Freiräume zur eigenverantwortlichen Bearbeitung gewähren.
Umsetzungshilfe
Kompetenzorientiertes Prüfen verlangt die Verwendung von Prüfaufgaben und -formaten, die zeigen, dass die angestrebte Kompetenz auch erlangt wurde. Dass dabei „Kompetenz“ nicht einfach mit „Wissen“ gleichgesetzt werden kann, soll am Beispiel der Fachkompetenz dargestellt werden.
Laut HQR bedeutet der Erwerb von Fachkompetenz auf Bachelor-Ebene, über ein breites und vertieftes Wissen der spezifischen fachlichen und wissenschaftlichen Grundlagen zu verfügen, Zusammenhänge zu verstehen und Fachinhalte kritisch zu reflektieren. Diese grundlegende Fachkompetenz wird zunächst überwiegend über den Erwerb von Faktenwissen sichergestellt, welches über Reproduktion, d.h. das Beantworten von Wissensfragen, geprüft werden kann. Die häufigste, wenn auch nicht einzige, Prüfungsform dafür ist die Klausur. Auch in mündlichen Prüfungen, Referaten und Hausarbeiten kann ermittelt werden, ob Studierende eine ausreichende fachliche Basis erlangt haben.
Auf Master-Ebene bedeutet Fachkompetenz, mithilfe des Faktenwissens bestehende Theorien und Lehrmeinungen zu interpretieren und ihre Passung auf konkrete Anwendungsfälle abzuwägen. Dieses tiefe und praktische Verstehen bildet die Grundlage für die eigenständige Erschließung neuer Themengebiete und die Entwicklung eigener Ideen und Lösungen für Problemstellungen. Diese Fachkompetenz kann in der Regel nicht sinnvoll durch Reproduktion ermittelt werden. Prüfungsformen, die ein integriertes, anwendungsbezogenes Wissen und Problemlösefähigkeit demonstrieren, sind hier besonders geeignet. Dies können z.B. Projektarbeiten, mündliche (Gruppen-)Prüfungen, Planspiele und Computersimulationen sein. Auch die Aufgaben- und Fragestellung innerhalb eines Prüfungsformats ermöglicht die Steuerung der zu zeigenden Fachkompetenz, dazu können ebenfalls die bereits erwähnten Verbenlisten hilfreich sein. Zur Dokumentation eines Lernfortschritts eignen sich (Lern-)Portfolios besonders, die über das ganze Semester angelegt und bearbeitet werden.
Eine optimale Prüfungsform orientiert sich immer an den Spezifika des Fachs und demonstriert nicht nur Fachkompetenzen, sondern auch Methodenkompetenzen, Selbstkompetenzen und soziale Kompetenzen. Für die Ermittlung verschiedener Kompetenzen bedarf es daher nicht verschiedener Prüfungen, sondern der sorgfältigen Wahl der Prüfungsform und der konkreten augearbeiteten Aufgabenstellungen, die die wichtigsten Komponenten für ein kompetentes Handeln im jeweiligen Fach vereint. (Eine Übersicht kompetenzorientierter Prüfungsformate finden Sie im Anhang der PDF-Version).
Lehr-Lern-Formen
Kurzbeschreibung
Lehr-Lern-Formen sind komplexe methodisch-didaktische Ansätze (Theorie) und deren Umsetzung in unterschiedlichen Kontexten (Praxis). Lehr- und Lernformen lassen sich danach unterscheiden, ob sie fremdgesteuerte Impulse für das Lernen setzen, oder ob sie Freiraum für selbstgesteuerte Lernprozesse bieten. Diese Unterscheidung nach Selbst- und Fremdsteuerung ist dabei nicht absolut, sondern fließend. Ziel ist es den Lernprozess, also das Erreichen der Lernziele, durch die Wahl geeigneter Lehr-Lern-Formen bestmöglich zu unterstützen und auf die mögliche Überprüfung vorzubereiten.
Umsetzungshilfe
Kompetenzerwerb gelingt nicht durch rezeptives Lernen, sondern erfordert die aktive, handelnde und problemorientierte Auseinandersetzung mit den Lerngegenständen. Die Konsequenz: Lehre soll nicht (nur) konsumiert, sondern aktiv mitgestaltet werden; Lehrstrategien und -konzepte sollten durchgängig darauf ausgerichtet sein, die Studierenden als selbstständige, eigenverantwortliche Lerner anzusprechen und herauszufordern. Lehrveranstaltungen sollten deshalb so geplant werden, dass sich passive Informationsaufnahme und aktive Lernanteile abwechseln.
Da der oben definierte Begriff „Lehr-Lern-Formen“ vielfältige pädagogische Gegebenheiten umfasst, wird oft weiter unterschieden nach: Veranstaltungsformaten, Sozialformen des Lernens, veranstaltungsübergreifenden Lehrkonzepten und Methoden des Lehrens und Lernens (siehe Anlage PDF-Version). Methodenreader die konkrete Anregungen und Anleitungen zur Umsetzung geben, finden sich zahlreich im Internet.
Freiräume für ein selbstgestaltetes Studium
Kurzbeschreibung
Freiräume für ein selbstgestaltetes Studium beschreiben curriculare Angebote des Studiengangs, die den Studierenden Flexibilität ermöglichen. Dabei umfasst dieses Verständnis unterschiedliche Aspekte der Selbstgestaltung. Zumeist wird jedoch die inhaltliche Ebene fokussiert und Angebote des Studiengangs aufgeführt, die eine themenbezogene Wahlfreiheit der Studierenden erlauben. Ebenso können jedoch auch Good-Practice-Beispiele angeführt werden, die sich auf zeitliche Aspekte der Studiengestaltung beziehen, z.B. wenn zusätzliche Kurse in der vorlesungsfreien Zeit angeboten oder Prüfungen an unterschiedlichen Terminen absolviert werden können. Auch digitale Lernangebote, die das Curriculum ergänzen bzw. aufgrund zeitunabhängiger Lernorganisation den Studierenden Gestaltungsfreiheiten einräumen, können zur Erfüllung des Kriteriums herangezogen werden.
Umsetzungshilfe
Beispiele für Kennzeichen selbstgestalteter Studienorganisation:
- Umfangreiches Wahlpflichtangebot
- Profilierungs- und Vertiefungsmöglichkeiten
- Wahlfreiheiten im Rahmen des Moduls „Überfachliche Kompetenzen“, Schlüsselqualifikationen und Studium generale
- Wahlfreiheit der Prüfungstermine innerhalb der festgelegten Prüfungsphasen eines Semesters
- Möglichkeiten der individuellen Studienorganisation in zeitlicher Hinsicht
- Interdisziplinäre/ kooperative Angebote (Anrechnung von Angeboten anderer Studiengänge, Hochschulen)
Lernzielmatrix (LZM)
Kurzbeschreibung
Die Lernzielmatrix kann als grafisches Ergebnis der grundlegenden Planung eines Studiengangs verstanden werden. In der Lernzielmatrix werden alle Qualifikationsziele und Module eines Studiengangs - so wie oben beschrieben - dargestellt und einander zugeordnet. Dabei müssen die Zielformulierungen in ihrer Qualität den Vorgaben des HQR entsprechen. Dieser verweist auf vier Kompetenzbereiche: Fachkompetenz (Wissen und Verstehen), Methodenkompetenz (Einsatz, Anwendung und Erzeugung von Wissen), Wissenschaftliches Selbstverständnis und Professionalität & Kommunikation und Kooperation. An der HTWK Leipzig werden die letzten zwei Kompetenzbereiche aufgrund ihrer inhaltlichen Nähe zu Selbst- und Sozialkompetenz zusammengefasst. Somit hat sich nachfolgende Darstellungsvariante für eine Lernzielmatrix bewährt (s.u.).
--> bessere Grafik!!!
Q-Ziele | Fachkompetenz | Methodenkompe- tenz | Sozial-/Selbstkompe- tenz | ||||||
Module | Ziel 1 „Der Absol- vent ist in der Lage …“ | Ziel 2 | Ziel 3 | Ziel 4 | Ziel 5 | Ziel 6 | Ziel 7 | Ziel 8 | Ziel 9 |
Modul „xy“ | x |
| x | x |
| x | x |
|
|
Modul „yz“ |
| x |
| x |
|
|
|
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Modul „xx“ |
|
| x | x | x |
|
| x |
Die Qualifikationsziele des Studiums werden je einem Kompetenzbereich zugeordnet. Es wird geprüft, welches Modul zur Zielerreichung beiträgt und entsprechend markiert. Im Verlauf des Studiums werden im jeweiligen fachspezifischen Kontext eines Moduls verschiedene Kompetenzen erworben. Dabei werden nicht sämtliche Kompetenzen in jedem Modul erworben; relevant ist, dass Studierende alle genannten Kompetenzen bis zum Ende des Studiums entwickelt haben.An der HTWK Leipzig ist eine Lernzielmatrix mit dem Antrag auf Einrichtung eines Studiengangs, spätes- tens im Zuge des Verfahrens zur internen Akkreditierung vorzulegen.
Bitte beachten Sie, dass eine LZM die individuellen Qualifikationsziele und das Profil eines Studiengangs darstellt und nicht 1:1 auf die LZM eines anderen Studiengangs übertragbar ist.
Umsetzungshilfe
In der Praxis hat sich gezeigt, dass das Dokument der Lenzielmatrix (LZM) häufig (noch) nicht existiert und nachträglich erstellt werden muss. Dies steht dem ursprünglichen Prozess einer Studiengangentwicklung entgegen. Ausgangspunkt ist dennoch das Absolventenprofil, auf das der Studiengang abzielt. Vor diesem Hinter- grund sind kompetenzorientierte Qualifikationsziele entsprechend den Vorgaben des HQR zu formulieren (siehe Kompetenzorientierung, HQR). Zusätzlich ist bei laufenden Studiengängen zu prüfen, inwieweit die bereits existierenden Studienunterlagen zu dem Studiengangprofil und der entwickelten LZM passen.
Folgendes ist zu prüfen und ggf. zu überarbeiten:
- Liegen bereits ausführlich formulierte Qualifikationsziele für den Studiengang vor?
- Folgen diese Ziele dem Prinzip der Kompetenzorientierung?
- Decken die Ziele die Vorgaben und Kompetenzbereiche des HQR ab?
- Bildet die Summe der Qualifikationsziele ein stimmiges und studiengangspezifisches Absolventenprofil ab?
- Werden die Qualifikationsziele durch die vorhandenen Module erreicht?
- Gibt es Module, die die festgelegten Qualifikationsziele überhaupt nicht bedienen?
- An welchen Stellen gibt es Abweichungen? Wo sind Anpassungen notwendig?
- Welche zusätzlichen Qualifikationsziele werden mit den Modulen erworben, die noch nicht in der LZM erfasst sind?
Zur besseren Veranschaulichung finden Sie im Intranet der HTWK eine leere Vorlage und bereits ausgefüllte Beispiele.
Weiterführende Quellen
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