Nach einer langen Zeit der fehlenden Begegnung: Der StudierendenRat freut sich, wieder Studierende am Campus begrüßen zu dürfen und heißt alle Studis herzlich willkommen (zurück). Zum Start des neuen Wintersemesters gibt es hierzu jedoch auch reichlich Kritik.
Zwei Jahre ist es her, seit die neuen Studierenden der HTWK Leipzig im Rahmen der sonst jährlich stattfindenden feierlichen Immatrikulationsfeier im Gewandhaus begrüßt wurden. Neben einigen Grußworten von wirtschaftlichen Akteur*innen und weiteren Menschen im Umfeld der HTWK Leipzig sowie einigen Auszeichnungen, erhält jedes Jahr auch ein*e studentische*r Vertreter*in die Möglichkeit, die Erstis im Kreise der Studierendenschaft willkommen zu heißen. In diesem Jahr fand unser Sprecher Lyubomyr (Lubo) Tartakovskyy neben einigen Tipps fürs Studium auch einige kritische Worte zur aktuellen Lage an unserer Hochschule. Seine motivierende und zugleich realitätsnahe Rede könnt Ihr weiter unten nochmals nachlesen!
Mit dieser Woche finden dann auch langsam die Erst-Semester-Einführungstage ein Ende. In den Ersti-Tagen veranstalteten der StudierendenRat und einige Fachschaftsräte ein vielseitiges Programm für die neuen Kommiliton*innen, aber teilweise auch für die höheren Semester, die in den letzten Monaten leider kaum die Möglichkeit für solche Vernetzungstreffen hatten - von Infoveranstaltungen über Stadtrallyes und kreative Workshops war alles dabei. Und auch die Missstände, die an unserer Hochschule vorherrschen, wurden bereits in den ersten Tagen zu zwei Kundgebungen thematisiert. So veranstalteten wir am Tag der Immatrikulationsfeier beispielsweise vor dem Gewandhaus die “Imma 2.0”.
Doch natürlich haben wir auch in diesem Jahr unsere Studis nicht aus den Augen verloren und keinen Aufwand gescheut! So wurden für fast alle knapp 1.700 neuen Studis Ersti-Beutel eigenhändig gepackt und durch die Fachschaftsräte verteilt und selbstverständlich gibt es wieder unseren jährlichen Semesterplaner, der nun im neuen schicken Design allen Studis der HTWK und darüber hinaus den Studienalltag erleichtern soll.
Denkt dran: Wenn es Fragen oder Probleme gibt, wendet Euch an Euren StuRa! Wir wünschen Euch einen tollen Start ins neue Semester - zurück am Campus.
Rede zur feierlichen Immatrikulation 2021
Sehr geehrte Gäste und vor allem… Liebe Erstis,
herzlich willkommen an unserer Hochschule und Glückwunsch, zur Immatrikulation. Damit fängt für Euch ein neuer und aufregender Lebensabschnitt an. Euer Studium hat viel zu bieten, das solltet Ihr so gut es geht genießen. So viel Freiheit und so viele Möglichkeiten zur Selbstentfaltung werdet Ihr nicht so schnell im Berufsleben finden. Aber bevor Ihr irgendetwas macht, kommt erstmal an der Hochschule und in Leipzig an.
Kurz zu mir und warum ich auf der Bühne stehe: Mein Name ist Lubo, ich bin Architekturstudent im viel zu hohen Semester und gleichzeitig Sprecher des StudierendenRates oder kurz: StuRa!
Der StuRa ist Eure Interessenvertretung an der Hochschule, wir sind demokratisch gewählt und damit legitimiert für die größte und wichtigste Mitgliedergruppe zu sprechen. Unser Aufgabenbereich ist mehr als vielfältig: Ob Kultur, Politik, Studium oder Eure sozialen Belange, wir sind immer für Euch da.
In den letzten Jahren hat sich eine kleine Tradition etabliert, dass die studentischen Redner*innen euch Tipps für das Studium mitgeben. Da möchte ich mich mit ein paar Tipps anschließen.
Der Ablauf des Studiums ist für uns Studis fest vorgegeben, wann wir welche Module absolvieren müssen und in wie vielen Semestern wir mit dem Studium fertig sein sollen. Dazu haben wir nur drei Versuche pro Modul und Prüfungen fallen manchmal doch eng aufeinander. Das kann schon ohne zusätzliche finanzielle oder private Gründe stressig werden.
Deswegen der erste Tipp: Bleibt entspannt und absolviert das Studium so, wie Ihr es wollt, schließlich ist es Euer Studium. Regelstudienzeit ist eine Empfehlung, keinesfalls ein Zwang. Wenn es zu viel wird, dann schiebt halt mal was. Sollte es trotzdem mal zu viel werden, dann macht Euch keine Sorgen, dafür gibt es ja den StuRa und unsere Psychosoziale Beratung.
Ein weiterer wichtiger Tipp für das Studium: Seid Selbstständig! Nur so bekommt Ihr Euer Leben und Euer Studium organisiert. Ihr müsst selbst entscheiden, wie gut Ihr Euch um den eigenen Haushalt kümmert, wie Ihr Eure Finanzen regelt und wie viel Mühe Ihr selbst in das eigenständige Lernen investiert.
Ein letzter Tipp zum Studium: Besorgt Euch einen Laptop, der ist für das Studieren in manchen Studiengängen sowieso eine Voraussetzung. Ihr braucht spätestens einen, wenn Plan B des Hygienekonzeptes der HTWK eintritt. Der Plan der Hochschule sieht vor, dass es keinen Plan gibt, also einen spontanen Wechsel ins Digitale ohne irgendwelche Vorkehrungen.
Seid kritisch! Mit dem neuen Lebensabschnitt kommen nicht nur neue Möglichkeiten, sondern auch neue Pflichten auf Euch zu. Und eine Pflicht, die Ihr als zukünftige Akademikerinnen und Akademiker habt, ist das eigenständige Denken. Seid keine Mitläufer*innen, bringt Eure Belange ein und steht auch dahinter. Das wird uns sonst für niemand abnehmen. Dafür müssen wir gemeinsam aktiv werden.
Der nächste Tipp ist nicht auf Euer Studium begrenzt, nehmt Ihn unbedingt mit fürs Leben: Hinterfragt alles Mögliche, auch Euch selbst und entscheidet dann anhand von Fakten, nicht anhand von Youtube Videos von selbsternannten Expert*innen oder irgendwelchen Telegramm Gruppen. Fakten müssen aus seriösen Quellen stammen, deswegen können wahre Akademikerinnen auch keine Querdenker sein.
Seid politisch! Es ist einfach sich nicht mit Politik auseinanderzusetzen, doch das führt zu den Ergebnissen, wie bei der letzten Bundestagswahl. Zu viel AFD, zu wenig gesunder Menschenverstand. Wir müssen die Gesellschaft zum Besseren mitformen, nicht nur in den gegebenen Umständen leben. Der StuRa ist sich dieser Verantwortung bewusst und deshalb distanzieren wir uns klar von rechten Ideologien und Rechtsextremismus.
Ein Letzter Tipp von mir: Engagiert Euch! Warum ist es so wichtig sich im Studienleben zu engagieren? Jedes Ehrenamt bringt Euch in Eurer eigenen kulturellen, politischen oder sozialen Entwicklung weiter. Wie und Wo Ihr Euch engagiert, ist dabei Euch überlassen. Die Hauptsache ist, dass Ihr über den Tellerrand schaut und Euch mit anderen vernetzt. Gemeinsam lassen sich Dinge deutlich leichter bewegen.
Setzt Euch für Klima und Nachhaltigkeit ein oder gestaltet das Studium direkt mit, um es anderen Studis zugänglicher zu machen oder schaut einfach bei einer der vielen Hochschulgruppen vorbei.
Und bei diesem Hochschulpolitischen Engagement sind uns drei Dinge sehr wichtig, an die wir uns als StuRa stets halten. Wir wollen eine demokratische, solidarische und inklusive Studierendenschaft sein und das können wir nur gemeinsam mit Eurer Unterstützung schaffen. Die selben Ansprüche stellen wir selbstverständlich auch an die eigene Hochschule.
Die HTWK Leipzig als weltoffene Hochschule sollte sich aktiv für Akzeptanz und Vielfalt sowie gegen Nationalismus einsetzen. Das “Aktive” ist hierbei der Teil, der fehlt. Die HTWK schafft es nach mehreren Anfragen trotzdem nicht eine Regenbogenfahne zum CSD zu hissen. An der Uni Leipzig hingegen ist das seit 2016 eine Selbstverständlichkeit. Was das Rektorat versäumt, greift der StuRa aber gerne auf, deswegen hängt unsere Regenbogenflagge als Zeichen der Solidarität umso länger.
Auch die konkrete Umsetzung der Inklusion lässt zu wünschen übrig: Wir freuen uns darauf endlich wieder in Präsenz studieren zu können, allerdings sollte trotzdem eine digitale Teilnahme an Lehrveranstaltungen möglich sein. Was ist mit den Studierenden, welche auf digitale Formate angewiesen sind? Studierende, die sich nicht impfen lassen können, zur Risikogruppe gehören oder deren Impfung in Deutschland nicht anerkannt wird? Sollen sich Menschen aus Risikogruppen mit 100 anderen, ohne Abstandsregeln, in einen Hörsaal setzen, in dem nur eine Stichprobe der 3G-Regelung durchgeführt wurde? Derzeit sind digitale Alternativformate nicht flächendeckend gegeben, es fehlt ein Plan für die gesamte Hochschule. Bei konkretem Bedarf an hybriden oder digitalen Angeboten sollen wir Studis uns an die Lehrenden wenden und Einzellösungen finden. Das ist kein zufriedenstellender Kompromiss mit großem Mehraufwand und leider ohne Garantie auf Erfolg.
Nicht zufriedenstellend ist auch die Auslegung der Demokratie an dieser Hochschule. Der direkte Kontakt des StuRa als Vertretung der größten Mitgliedergruppe an der HTWK Leipzig zum Rektorat ist eigentlich der Weg, wie wir unsere hochschulweiten Probleme und Lösungsstrategien anbringen, diskutieren und umsetzen müssten. Doch die Realität an unserer Hochschule sieht leider anders aus:
Wie kann es eigentlich sein, dass die größte Mitgliedergruppe am wenigsten gehört und beteiligt wird. In den Terminen, zu denen wir geladen werden, informiert uns das Rektorat nur, was es sich so schönes ausgedacht hat. Doch wir Studierende müssen als Betroffenen gehört und einbezogen werden, damit studentische Probleme, die hochschulweit auftreten, ausnahmsweise mal gelöst werden. Die Rektor*innen in Sachsen, die so aktiv gegen Ihre Studierendenvertretungen arbeiten, kann ich an einem Finger abzählen.
Die Leidtragenden sind leider wir, die Studierenden. Diese Umstände waren schon für die StuRa-Sprecher*innen vor mir nicht zumutbar, das werden sie für mich nicht sein und für meine Nachfolger*innen ebenso wenig. Wir wollen eine transparente Arbeitsweise und eine wirkliche Beteiligung an der eigenen Hochschule.
Herr Rektor, trauen sie sich zu einem direkten Gespräch mit uns, ich frage sie auch gerne ein fünftes und sechstes mal an.
Kommen wir zurück zu euch, liebe Erstis, eurem Studienstart und eurem Weg, den Ihr vor euch habt: Vergesst nicht über den Tellerrand eures Studienfaches zu schauen und vernetzt Euch mit euren Kommiliton*innen. Solltet Ihr Fragen oder Probleme haben, meldet Euch bei Eurem Fachschaftsrat oder beim StuRa, wir haben immer ein offenes Ohr für Euch.
Nehmt ein paar Tipps mit und stürzt euch in das Abenteuer Studium. Schaut auch am Donnerstag, 11.30 Uhr bei unserer Kundgebung zur Ökonomisierung der Hochschulen vor dem Lipsiusbau vorbei.
Ich freue mich auf das gemeinsame Studieren an der HTWK, wünsche Euch viel Gesundheit und einen guten Start ins neue Semester.