Stadt und Wasserwerke stellen digitale Gefahrenkarte für Leipzig vor. Die wissenschaftliche Grundlage erarbeiteten Wasserbau-Ingenieure der HTWK
Ob ein Grundstück bei außergewöhnlich starken Niederschlägen durch Überflutungen gefährdet ist, können Hauseigentümer, Planer und Architekten in Leipzig künftig online recherchieren. Die Starkregen-Gefahrenkarte im Geoportal der Stadt Leipzig ist unter www.leipzig.de/starkregen abrufbar und stellt drei Regenszenarien mit unterschiedlicher statistischer Wiederkehrzeit dar. Farbige Markierungen zeigen besonders überflutungsgefährdete Flächen.
„Die Karte soll Bürgerinnen und Bürgern helfen, das Risiko eines Schadensereignisses besser einzuschätzen und Schutzmaßnahmen für betroffene Gebäude in Betracht zu ziehen“, erläutert der Leiter des Leipziger Verkehrs- und Tiefbauamtes, Michael Jana, die Idee der Karte. Entwickelt wurde die Anwendung von der Stadt Leipzig und den Leipziger Wasserwerken unter wissenschaftlicher Begleitung des Instituts für Wasserbau und Siedlungswasserwirtschaft der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig im gemeinsamen Projekt „KAWI-L – Kommunale Anpassungsstrategien für wassersensible Infrastrukturen in Leipzig“.
„Die klassische Ableitung über die Kanalisation stellt nicht die alleinige Lösung für den Umgang mit zunehmend heftigen und kleinräumigen Regenereignissen dar“, erklärt der Technische Geschäftsführer der Wasserwerke, Dr. Ulrich Meyer. „Die Kanalisation flächendeckend auf die selten und zumeist lokal begrenzten Starkregen auszulegen, ist aufgrund des Platzmangels im Untergrund schwer umsetzbar und zudem wirtschaftlich nicht vertretbar. Die Kanäle wären dann für den Normalbetrieb viel zu groß.“ Daher müsse das Niederschlagswasser mithilfe von anderen Maßnahmen und im Zusammenspiel von Kommune, Abwasserentsorger und dem Grundstückseigentümer intelligent bewirtschaftet, das heißt, zurückgehalten, versickert oder gespeichert werden.
„Die wassersensible Stadtentwicklung ist ein wichtiger Baustein im Umgang mit den aktuellen Klimaentwicklungen“, betont der Leiter des Amtes für Umweltschutz und amtierende Leiter des Referates für Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz, Peter Wasem. Flächen, auf die Niederschläge fallen und die potentiell zum Rückhalt, zur Verdunstung oder Versickerung geeignet sind, können bei entsprechender Planung Überflutungsrisiken abfedern. „Der Schutz vor Überflutung durch Oberflächenwasser ist Gemeinschaftsaufgabe von Kommune, Bürgern und weiteren Akteuren“, sagt Wasem. Bürgerinnen und Bürger könnten durch die Entsiegelung von Flächen in Höfen oder Einfahrten oder die Begrünung von Dächern auch selbst aktiv werden. Die Karte wurde auf der Grundlage dynamischer modelltechnischer Computersimulationen erstellt.
Die aus den Modellberechnungen abgeleiteten Szenarien versuchen dabei nicht, ein reales Ereignis abzubilden, sondern sie zeigen die Gefahren auf, die bei verschiedenen Starkregenereignissen auftreten können. Grundlage für die Berechnungen ist ein digitales Geländemodell mit 2 x 2-Meter-Raster von Leipzig. Im Geländemodell sind Höheninformationen, die aus einer Laserscanbefliegung vom Staatsbetrieb Geobasisinformation und Vermessung Sachsen aus dem Jahr 2010 abgeleitet wurden, sowie Oberflächenbefestigungsinformationen aus einer Befliegung aus dem Jahr 2018 enthalten. Normale Regenereignisse werden nicht abgebildet.
Im Gegensatz zu Hochwasser-Gefahrenkarten hat die Starkregen-Gefahrenkarte keinen eigenen Rechtscharakter und zieht keine Bauverbote nach sich. Haus- und Grundstückseigentümer, die wissen wollen, wie stark ihr Grundstück gefährdet ist und Vorsorge betreiben wollen, können über die Karte eine grundstücksbezogene Detailauskunft beantragen. Erschließende und Bauwillige werden im Rahmen der notwendigen Antragstellungen beraten. Die Koordination der Anfragen und die damit verbundene Beratung innerhalb Stadtverwaltung und Wasserwerken übernehmen die Leipziger Wasserwerke.