Am 3. September 2016 verstarb Prof. Dr.-Ing. Johannes Franke im Alter von 84 Jahren. Fast ein Vierteljahrhundert hat er an unserer Hochschule und ihren Vorgängereinrichtungen sein exzellentes Fachwissen, seinen Forscherdrang und die hervorragende Befähigung zum wissenschaftlichen Arbeiten in den...
Am 3. September 2016 verstarb Prof. Dr.-Ing. Johannes Franke im Alter von 84 Jahren. Fast ein Vierteljahrhundert hat er an unserer Hochschule und ihren Vorgängereinrichtungen sein exzellentes Fachwissen, seinen Forscherdrang und die hervorragende Befähigung zum wissenschaftlichen Arbeiten in den Dienst der Ausbildung von Bauingenieuren gestellt. Durch sein fachliches und menschliches Wirken, seine über jeden Zweifel erhabene integre Persönlichkeit, genießt er unter Fach- und Berufskollegen sowie den ihm im Studium anvertrauten jungen Menschen höchste Anerkennung. Er hat damit ganz wesentlich zum guten Renommee unserer Hochschule beigetragen.
Johannes Franke folgte erst nach langjähriger, höchst erfolgreicher und in hoher Verantwor-tung stehender Tätigkeit in der Baupraxis einem Ruf an die Hochschule. Nach einem Studium des Bauingenieurwesens an der TH Dresden erwarb er 1958 das Diplom auf dem Gebiet des konstruktiven Ingenieurbaus. Anschließend begann seine Tätigkeit beim damaligen Spezialbau Leipzig, wo er über viele Jahre berufliche Erfahrungen auf den Gebieten der Planung, Arbeitsvorbereitung und Ausführung von ingenieurtechnisch anspruchsvollen Stahl- und Spannbetonbauwerken sammelte und maßgeblich sowie verantwortlich den technisch-technologischen Stand weiterentwickelte. Vom Bauleiter über den Leiter der technischen Entwicklung bis zum Technischen Direktor (1969 bis 1974) hat er alle Facetten der Baupraxis gelebt und gestaltet.<br />Im Rahmen seiner persönlichen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten und der von ihm geleiteten Ingenieurteams wurden Bauverfahren entwickelt, die auch im internationalen Maßstab neu waren. Es ging dabei immer um die Ideenfindung, die Schaffung wissenschaft-licher Grundlagen, die Beeinflussung der ausführungsgerechten Gestaltung der Baukonstruk-tion, Untersuchungen zur Tragfähigkeit während der Baudurchführung, die Konstruktion und experimentelle Erprobung neuer bautechnischer Geräte bis hin zur verantwortlichen Einführung in die Baustellenpraxis. Dem Profil des Spezialbaubetriebes entsprechend bezogen sich die Entwicklungen vor allem auf die Gebiete des Gleit- und Kletterschalungs-baus sowie der Schalenbauweise. Zahlreiche Veröffentlichungen im nationalen und internationalen Rahmen geben Zeugnis von dieser Arbeit und führten zu einer beispielhaften Reputation von Johannes Franke in der wissenschaftlichen Kommunität seiner Fachlichkeit. Er war als wissenschaftlicher Gutachter für bautechnische Projekte und Fachbücher gefragt. Seine Mitarbeit wurde gleichermaßen in entsprechenden Arbeitsgemeinschaften und Fachausschüssen des Ingenieurverbandes als auch in der Internationalen Vereinigung für Schalenkonstruktionen sehr geschätzt.
Patente und wissenschaftliche Arbeit
Die Entwicklungstätigkeit von Johannes Franke ist durch insgesamt 10 Patentschriften dokumentiert, die nahezu vollständig ihre Anwendung in der Baupraxis fanden und finden. Damit tragen auch im unmittelbaren Umfeld unserer Hochschule viele bekannte Bauwerke die Spuren seiner Arbeit (Hochhaus Uni Leipzig; Hochhaus Carl Zeiß Jena; Fernsehturm Berlin;Fernsehturm Dresden-Wachwitz; div. Spannbetonbehälter für Fernwasserversorgungs-netze; div. Industrieschornsteine mit Höhen von 170m bis 300m). Einen besonderen Höhepunkt stellte die Entwicklung einer dreifach verstellbaren Gleitschalung dar (Wanddicke; Wanddurchmesser; Wandneigung). Sie hat den Bau von hyperbolischen Großkühltürmen sehr vorangebracht und wurde unter Lizenzbedingungen auch im Ausland genutzt. Hans Franke wurde dafür im Jahr 1970 mit dem Nationalpreis für Wissenschaft und Technik III. Klasse ausgezeichnet.
Auch nach seinem Wechsel zur Hochschule (damals Hochschule für Bauwesen Leipzig) im Jahre 1975 hat er eine enge Verbindung zur Baupraxis beibehalten und war für die Baupraktiker aufgrund seines wissenschaftlich-fachlichen Ausweises ein gesuchter Partner. 1978 verteidigte er seinen eigenen hohen Anforderungen getreu seine Dissertation A mit dem Prädikat „summa cum laude“ und erhielt noch im gleichen Jahr die Fakultas docenti verliehen. Es ist unbedingt als Zeichen einer außerordentlichen Wertschätzung zu sehen, dass er als nicht parteilich gebundener Wissenschaftler 1982 die Berufung zum Hochschuldozen-ten für das Fachgebiet Technologie des Industriebaus erhielt. Mit Gründung der HTWK Leipzig folgte er 1992 dem Ruf auf die Eckprofessur Bauproduktionstechnik und erfüllte diese Aufgabe mit Hingabe bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1997.
Für Johannes Franke war erfolgreiches Bauen immer auch das Ergebnis einer komplexen Betrachtung und Wichtung aller konstruktiven, stofflichen, verfahrenstechnischen und ökonomischen Randbedingungen. Er verkörperte in hohem Maße eine wertvolle Verbindung von Praxiserfahrung, wissenschaftlicher Methodik und Didaktik. Seine Lehrveranstaltungen machten den zu vermittelnden Lehrstoff erlebbar und wurden aufgrund ihrer Authentizität von den Studierenden sehr geschätzt.
Während seiner gesamten Zeit an der Hochschule war ihm die persönliche Betreuung und fachliche Förderung der Diplomanden, Forschungsstudenten und Doktoranden ein besonderes Anliegen. Aufgrund seiner Verbindungen zur Bauausführung fand er für die Graduierungs-arbeiten immer wieder anspruchsvolle und interessante Aufgabenstellungen zu praktischen und theoretischen Problemen des Industrie- und Spezialbaus. Zu seinen Schülern entwickelte Johannes Franke nicht selten ein fast väterlich kollegiales Verhältnis, was auch über deren Hochschulzeit hinaus Bestand hatte und gelegentlich zu einer achtungsvoll freundschaftlichen Verbindung bis in sein hohes Alter führte.
Neben seiner hohen fachlichen Reputation zeichnete sich Prof. Dr. Franke durch eine sehr wohltuende Kollegialität aus, die das fachliche Miteinander förderte und zugleich eine jederzeit angenehme Atmosphäre im täglichen Berufsleben schuf.
Wir haben Prof. Franke als Hochschule, Schüler, Kollegen und Freunde sehr viel zu verdanken und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Prof. Dr.-Ing. Dr.h.c. Manfred Nietner
Prof. Dr.-Ing. Lothar Pippel