Neues Forschungsprojekt zur UVC-Luftentkeimung in Innenräumen gestartet. HTWK-Forschende bringen ihre Expertise zur Strömungssimulation ein
Pandemien, wie wir sie seit über zwei Jahren mit dem Coronavirus erleben, werden in Zukunft zunehmen, so die Prognose der Weltgesundheitsorganisation WHO. Der Mensch wird auch künftig mit neuen Erregern in Kontakt kommen, wobei die Übertragungswege unterschiedlich sein können. „Viren, die durch Aerosole, also feinste Schwebeteilchen in der Luft, übertragen werden, lassen sich schwerer eindämmen als solche, die maßgeblich durch Schmier- oder Tröpfcheninfektionen verbreitet werden. Deshalb ist es wichtig, sich intensiv mit Luftqualität und Lufthygiene zu beschäftigen“, sagt Stephan Schönfelder, Professor für die Simulation energetischer und technischer Systeme an der HTWK Leipzig. Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe erforscht er, wie sich Aerosole – und damit auch Coronaviren – in geschlossenen Räumen ausbreiten.
UVC-Licht-Bestrahlung bietet Potenzial
In geschlossenen Räumen müsste die Luft permanent mit unbelasteter Außenluft ausgetauscht werden, um diese möglichst sauber und damit eine mögliche Viruslast geringzuhalten. Im Sommer ist das leichter umsetzbar. „Während der Wintermonate steht ein ausreichender Luftaustausch in direktem Konflikt mit einem behaglichen Innenraumklima und einem wirtschaftlich und ökologisch vertretbaren Einsatz von Heizenergie“, sagt Arbeitsgruppenleiter Dr. Florian Wallburg. „Zudem gibt es auch Räume, in denen es aus bau- oder hygienetechnischen Gründen nicht möglich ist, zu lüften“, so Wallburg weiter.
Eine mögliche Lösung ist, die Luft mit kurzwelligem ultravioletten Licht (UVC) zu bestrahlen und so zu entkeimen. Dabei durchdringt das UVC-Licht die Viren und macht sie hierdurch unschädlich. Die Potenziale der UVC-Luftentkeimung sind grundlegend bekannt, wurden aber aufgrund fehlender Nachweise der Wirksamkeit und Sicherheit unter realen Bedingungen zur Bekämpfung des SARS-CoV-2-Erregers bislang nicht beachtet.
Im neuen Forschungsprojekt BeCoLe analysiert die Arbeitsgruppe um Schönfelder deshalb gemeinsam mit weiteren Verbundpartnerinnen und -partnern seit dem 1. Juli 2022, inwieweit sich die UVC-Technologie explizit zur Bekämpfung von SARS-CoV-II eignet. Das Forschungskonsortium aus Industrie (Dinies Technologies GmbH, Virobuster International GmbH, S&P Sahlmann Planungsgesellschaft für Gebäudetechnik mbH, NEL GmbH, SEIWO Technik GmbH) und Forschung (Universität Leipzig, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Leibniz-Institut für Troposphärenforschung TROPOS) wird über drei Jahre mit rund drei Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Simulationsmodell zur Viruskonzentration
In das Projekt bringen die HTWK-Forschenden ihre Expertise zur Strömungssimulation ein. Dabei werden sie ihr numerisches Berechnungsmodell zur Ausbreitung von Aerosolen, das sie jüngst im „International Journal of Environmental Research and Public Health“ publiziert haben, um die Komponente der UVC-Luftentkeimung erweitern. Mit dem Modell können sie die Viruskonzentration durch Luftströmungen im Raum berechnen und herausfinden, wie hoch das tatsächliche Infektionsrisiko für jede einzelne Person in einem Raum bei gleichzeitiger UVC-Luftentkeimung ist. In das Berechnungsmodell gehen unter anderem Raumgröße, Anzahl an Personen, Abstände zueinander, Dauer des Aufenthalts sowie Anzahl, Leistung und Standorte der UVC-Luftentkeimungsgeräte ein. „In der Anwendung bedeutet das: Wenn bekannt ist, welche Viruskonzentration kritisch ist, können maximale Kontakt- und Aufenthaltszeiten in Innenräumen verschiedener Art genau bestimmt werden“, sagt Schönfelder.
Anwendung in Einrichtungen des Gesundheitswesens
Das Modell der HTWK-Forschenden ist prinzipiell auf verschiedene Szenarien wie Theater, Klassenzimmer oder Büroräume anwendbar. So können sie mit ihren Simulationen unter anderem dazu beitragen, dass Orte, in denen viele Menschen in geschlossenen Räumen zusammenkommen wie bei Schul- und Theaterbesuchen, besser geschützt werden.
Im Forschungsprojekt BeCoLe wollen sie ihr Simulationsmodell insbesondere auf Einrichtungen des Gesundheitswesens anwenden. So soll der Besuch in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen für Beschäftigte sowie für Patientinnen und Patienten sicherer werden, die sowohl mit einem erhöhten Ansteckungsrisiko als auch mit einem schwereren Krankheitsverlauf im Falle einer Infektion rechnen müssen. „Innerhalb des Forschungsprojekts wollen wir gemeinsam mit den Verbundpartnerinnen und -partnern untersuchen, wie UVC-basierte Luftentkeimungssysteme sicher funktionieren und das Erkrankungsrisiko reduzieren können. Im Idealfall soll so zukünftig auch mit Hilfe UVC-basierter Luftentkeimungssysteme die Schließung wichtiger öffentlicher Infrastruktur vermieden werden“, so Schönfelder.