Nico Kling erforscht, wie kleine und mittelständische Unternehmen datenbasierte Wertschöpfung als Wettbewerbsvorteil nutzen können
Leipzig, ein Dienstagmorgen im Winter. In einem hellen Büro im Leipziger Zentrum arbeitet Nico Kling an seinem Schreibtisch. Vor ihm flimmern Diagramme und Tabellen auf den Monitoren. Der Wirtschaftsinformatiker beschäftigt sich im Rahmen seiner Praxispromotion mit der datenbasierten Wertschöpfung – einem Thema, das Unternehmen helfen soll, das volle Potenzial ihrer Daten zu nutzen.
Praxispromotion bedeutet eine enge Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft. Wissenschaftlich begleitet wird er von Prof. Dr. Lutz Maicher (HTWK Leipzig) und Prof. Dr. Thorsten Posselt (Universität Leipzig). Gleichzeitig sammelte er bis Ende letzten Jahres im Rahmen seiner Tätigkeit am Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW praktische Erfahrung und arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HTWK Leipzig an seiner Promotion, gefördert durch das Projekt Science Careers.
Sein Weg begann an der Technischen Hochschule Deggendorf, führte ihn für ein Double Degree nach Finnland und später für einen Master in Business Intelligence & Analytics an die TU Chemnitz. Doch statt einer rein theoretischen Laufbahn entschied er sich für eine Promotion mit Praxisbezug an der HTWK Leipzig. „Für mich war von Anfang an klar, dass ich anwendungsorientiert forschen möchte“, sagt Kling. Während andere Doktoranden oft jahrelang in der Bibliothek verschwinden, bewegt sich sein Forschungsalltag zwischen Meetings mit Unternehmen, Datenanalysen und Konferenzen. „Die Praxispromotion hat diese Erwartung voll erfüllt. Durch die intensive Zusammenarbeit mit ganz unterschiedlichen Unternehmen in verschiedenen Projekten habe ich einen tiefen Einblick bekommen, was die Firmen wirklich bewegt und wo ihre konkreten Herausforderungen liegen.“
Die Herausforderung: Theorie trifft Praxis
Sein Forschungsprojekt ist hochaktuell: Wie können kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) datenbasierte Wertschöpfung als Wettbewerbsvorteil nutzen? Die Unternehmen erkennen das Potenzial – doch oft fehlt das Know-how, um die ersten Schritte zu gehen. Hier setzt seine Arbeit an. Er analysiert, berät und begleitet. Ein Spagat zwischen wissenschaftlicher Methodik und pragmatischem Unternehmensalltag. „Was mich an meinem Forschungsthema besonders reizt, ist diese Doppelrolle: Einerseits kann ich konkret kleinen und mittleren Unternehmen dabei helfen, neue Wettbewerbsvorteile durch Datennutzung zu erschließen. Andererseits kann ich durch die wissenschaftliche Begleitung dieser Prozesse wertvolle Forschungsdaten sammeln, die Herausforderungen systematisch analysieren und durch Publikationen Lösungsansätze für die breitere Wirtschafts- und Wissenschaftsgemeinschaft aufzeigen.“
Neben der Forschung reist er viel – nicht nur, um neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu sammeln, sondern auch, um sie weiterzugeben. „Besonders interessant war ein Lehrauftrag in China, am chinesisch-deutschen Institut für angewandte Ingenieurswissenschaften der Zhejiang University of Science and Technology in Hangzhou“, dort habe er im Blockformat Data Science unterrichtet, mit Fokus auf Sprachverarbeitung“, so Kling. „Was mich dabei total überrascht hat: Trotz der komplett anderen Kultur kämpfen die Unternehmen (und Studenten) dort mit ganz ähnlichen Fragen und Problemen wie bei uns.“
Zurück in Leipzig unterrichtet er an der Westsächsischen Hochschule Zwickau und besucht regelmäßig internationale Konferenzen. Der Austausch über Landesgrenzen hinweg ist für ihn essenziell. „Jedes Jahr bin ich auf verschiedenen Konferenzen, wie der British Academy of Management Conference oder der IEEE International Conference on Engineering, Technology and Innovation.“
Die Praxispromotion als Karriereturbo?
„Der größte Vorteil der Praxispromotion liegt für mich in der Kombination aus wissenschaftlicher Arbeit und echtem Industriebezug“, sagt Kling. „Durch die enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft bekommt man einen ganz anderen Blick darauf, wo der Schuh dort wirklich drückt.“ Während eine klassische akademische Karriere oft einen langen, theorielastigen Weg bis zur Habilitation vorsieht, eröffnet ihm die Praxispromotion an der HTWK Leipzig flexible Möglichkeiten: angewandte Forschung, eine Professur an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften oder eine Rückkehr in die Industrie.
„Aus meiner Sicht bietet die Praxispromotion deutliche Vorteile für die weitere Karriereentwicklung, da man parallel zur wissenschaftlichen Qualifikation bereits ein industrielles Netzwerk aufbaut.“ Sein Ziel für die dieses Jahr? „Mein nächstes großes Ziel ist der Abschluss meiner Promotion im Jahr 2025.“
Und wenn er gerade nicht promoviert? „Dann trinke ich am liebsten mit Freunden leckeren Kaffee und esse dazu ein Stück Schokotorte.“
Was ist eine Praxispromotion an der HTWK Leipzig?
Das Projekt Pro.Motion im Rahmen des Gesamtprojekts Science Careers unterstützt und begleitet gezielt Praxispromotionen an der HTWK Leipzig, um den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu fördern. In enger Zusammenarbeit mit Unternehmen und Forschungseinrichtungen entstehen anwendungsorientierte Dissertationen, die nicht nur wissenschaftlich relevant sind, sondern auch direkte Impulse für die Praxis liefern.