Ohne Professor Klaus Bastian gäbe es viele erfolgreiche Projekte an der HTWK nicht – nun verabschiedet er sich in den Ruhestand
Mit einem atemberaubenden Finalspiel hat es das Nao-Team HTWK in Montreal an die Spitze der RoboCup Weltmeisterschaft 2018 geschafft. Teambetreuer Klaus Bastian und seine Mannschaft waren damit zum ersten Mal seit seinem Bestehen Weltmeister der Standard-Platform-Liga - wohlverdient!
Das Nao-Team besiegte damit seinen härtesten Gegner, die Mannschaft B-Human der Universität Bremen. B-Human hatte in der Vergangenheit bereits sechs Weltmeisterschaften gewonnen und bis dahin fast jeden nationalen und internationalen RoboCup-Wettbewerb dominiert. Umso mehr freute sich das HTWK-Team über das 1:0 gegen die Bremer Mannschaft im Finale. „In diesem Turnier und schon im April bei der GermanOpen war deutlich zu sehen, dass die Leipziger Informatiker in verschiedenen Bereichen Fortschritte gemacht haben. Insbesondere die neue Walking-Engine – die Steuerung der Schritte – in Kombination mit dem verbesserten Dribbeln hat unsere Spielstärke deutlich erhöht. Insofern war der Sieg bei den deutschen Meisterschaften in Magdeburg schon ein Indikator, der auf mehr hoffen ließ“, erklärte Bastian. Der WM-Titel war die Krönung einer langjährigen erfolgreichen Entwicklung – und so gab es im WM-Jahr 2018 doch noch einen deutschen Fußball-Weltmeister.
Von Anfang an dabei
Bastian lehrte im Fachbereich Informatik bereits an der Technischen Hochschule Leipzig, einer Vorgängerin der heutigen Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur. Mit seinen Projekten lag er immer am Puls der Zeit. So sorgte er dafür, dass der Global Game Jam in Leipzig an die HTWK kam. Das Event findet an mehreren hundert Standorten weltweit zur gleichen Zeit statt. Zu einem vorgegebenen Thema, das immer erst am Nachmittag des Starttages bekannt gegeben wird, müssen die Beteiligten in 48 Stunden ein funktionierendes Spiel entwickeln. Die Ergebnisse werden dann am Sonntagabend in großer Runde präsentiert.
„Jeder und jede ab 18 Jahren kann mitmachen. Spezielle Vorkenntnisse sind nicht nötig und werden auch nicht vorausgesetzt. Es geht vielmehr um experimentelles Gameplay und darum, unter Zeitdruck Ideen zu verwirklichen. Man kann Spieleentwicklung im Team ausprobieren, seiner Kreativität freien Lauf lassen und muss nicht zwingend das tun, was man schon kann, sondern man hat Gelegenheit, sich auszuprobieren. Alles Dinge, die auch fürs Studium nützlich sind“, sagt Klaus Bastian, der den Global Game Jam von Beginn an als Gastgeber seitens der HTWK Leipzig förderte.
Visionär des Gamings
Wenn in den frühen Morgenstunden an einem Sonntag im Mai die letzten Gamer den Lipsius-Bau der HTWK verlassen, geht wieder eine Lange Nacht der Computerspiele zu Ende. Das größte Spiele-, Entwickler- und medienpädagogische Event Mitteldeutschlands ist eine Erfindung von Professor Hans-Ulrich Niemitz und dem Spielejournalisten René Meyer. Klaus Bastian war von Anfang an für die technische Umsetzung zuständig. „Fascination Gaming – State of the Art“ war der Eröffnungsvortrag am 5. Mai 2007 bei der ersten „Langen Nacht“ überschrieben. Sie fand als Bestandteil des Studium generale im Sommersemester 2007 unter der Überschrift „Computerspiele und e-Welt als (Experimentierfeld für) Gesellschaft“ statt. Heute sind virtuelle Welten mehr denn je Thema. Auch wenn man sich jetzt mit VR-Brillen und entsprechenden Eingabegeräten in 3D-Welten bewegt, etwa bei der Leipziger F>Society, Aussteller im Lipsiusbau 2019.
Initialzündungen waren der Abzug der Leipziger GamesConvention – einer Messe für interaktive Unterhaltung, Infotainment, Hardware und Entertainment sowie Computerspiele – durch die deutschen Spieleverleger 2006 und ein Artikel von Publizist und Unternehmensberater Matthias Horx über soziale Aspekte von Spielwelten. Die Idee von Niemitz und Bastian war, Gesellschaftskonstruktionen in Rollenspielen auf ihre Tauglichkeit zu testen. Das war der Plan für die erste Ringvorlesung im Sommersemester 2007, den sie auf den Leipziger Informatik-Tagen im Dezember 2006 vorstellten. Als 2009 die Messe als Gamescon von Leipzig nach Köln umzog, wurde die Lange Nacht der Computerspiele an der HTWK Leipzig erst recht zum Treffpunkt der Gamer-Szene – mit inzwischen rund 3.000 Besucherinnen und Besuchern!
Für die Zukunft gerüstet
Jedes Jahr kommen neue Aussteller dazu, die Zahl der Gäste wächst – und auch räumlich musste erweitert werden. Heute sind es mehr als 3.000 Quadratmeter. Auch das Konzept ist umfassender geworden. Neben E-Sports, Robotik und Indie Games bleiben Retro-Games nach wie vor Schwerpunkt. Aber auch Brettspiele und Computermusik sind feste Bestandteile. Entsprechend bunt ist das begleitende Vortragsprogramm, dessen Themen von den Games Studies über aktuelle Forschungsprojekte bis zur Spielegeschichte reichen.
Damit die Lange Nacht der Computerspiele weitergehen kann, hat Klaus Bastian 2016 begonnen, ein Team um sich zu scharen. Mario Hlawitschka, Professor für Computergrafik, gehört ebenso dazu wie Professor Thomas Riechert, Lehrgebiet Informationssysteme und Datenmanagement, und Medien-Professorin Gabriele Hooffacker. Marcus Kloeppel, der gerade sein Masterstudium an der HTWK beendet, hat die neuen inhaltlichen Programmpunkte maßgeblich mit entwickelt; René Meyer unterstützt die Ausstellung mit seiner Computerspielesammlung weiterhin. Alle arbeiten ehrenamtlich. In Zukunft sollen studentische Teams mehr Gewicht bekommen.
Klaus Bastian, mit dem Vorhaben eines Beitrags über ihn konfrontiert, kommentiert lakonisch: „Ich sehe, jetzt ist die Rente unausweichlich!“