Ende April waren mehr als 140 internationale Expertinnen und Experten für Evolutionäres Rechnen an der HTWK Leipzig zu Gast - drei studentische Organisatoren berichten
Die Natur bringt seit der Entstehung des Lebens auf der Erde Mikroorganismen, Pflanzen und Tiere hervor, die hervorragend an ihre jeweiligen Lebensbereiche angepasst sind. Die Methode der Natur: Evolution, also Entwicklung durch kleine zufallsabhängige Veränderungen und natürliche Auslese. Dasselbe Prinzip wenden auch Informatiker und Ingenieure auf der ganzen Welt an, um eine Variante der Künstlichen Intelligenz (KI) zu entwickeln.
Vom 24. bis 26. April 2019 trafen sich mehr als 140 internationale Experten für Evolutionäres Rechnen (Evolutionary Computation) aus insgesamt 30 Ländern an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) zur Konferenz EvoStar 2019, der wichtigsten Konferenz des Fachgebietes in Europa.
Die Evostar wird seit etwa 20 Jahren einmal jährlich durchgeführt und wechselt ihren Tagungsort üblicherweise zwischen Nord- und Südeuropa. Leipzig war in diesem Jahr Gastgeber. In den vergangenen Jahren fand die Konferenz beispielsweise in Parma (Italien), Amsterdam (Niederlande), Porto (Portugal) und Kopenhagen (Dänemark) statt. Im nächsten Jahr wird Sevilla (Spanien) der Austragungsort sein.
Die Evostar ist unterteilt in vier Teil-Konferenzen Genetische Programmierung (Genetic Programming), Anwendungen (Applications of Evolutionary Computation), Kombinatorische Optimierung (Evolutionary Computation in Combinatorial Optimisation) sowie Musik, Sound, Kunst und Design (Computational Intelligence in Music, Sound, Art and Design). Während es in den ersten drei Mini-Konferenzen vorrangig um neue Algorithmen und Methoden geht, spielen bei der Teil-Konferenz zu Musik und Kunst auch spielerische Themen eine Rolle.
„Genauso anstrengend wie schön“
Die Konferenz wurde unter Leitung von Prof. Dr. Hendrik Richter (Fakultät Ingenieurwissenschaften) organsiert, doch um ein solches Event realisieren zu können, ist das Mitwirken vieler Menschen nötig. Das waren zum einen die Mitglieder des internationalen Programm- und Konferenzkomitees, zum anderen unterstützten auch drei Master-Studierende des HTWK-Studienganges Elektrotechnik und Informationstechnik die Organisatoren: Natalie Kruck, Marcel Meyer und Jonas Berger. Sie berichten von ihren Erfahrungen.
Welche Aufgaben hattet Ihr bei der Konferenzorganisation?
Natalie Kruck: Prinzipiell gab es zwei zeitliche Abschnitte, zum einen eine etwa zwei- bis dreimonatige monatige Vorbereitungszeit. Hier haben wir Informationen gesammelt, unter anderem für die gastronomische Versorgung während der Konferenz. Die Hauptarbeit waren aber natürlich dann die drei Konferenztage.
Jonas Berger: In den Monaten und Tagen vor der Konferenz gab es immer mal wieder kleinere Aufgaben und Dinge zu erledigen, wie zum Beispiel das Zusammenstellen von Kontakten oder Informationen über Leipzig als Austragungsort. Anders aber war der Tag direkt vor der Konferenz –wir hatten (plötzlich) alle sehr viel tun: Alle Räumlichkeiten mussten umgeräumt und vorbereitet werden, die Anmeldung aller 144 Teilnehmer vorbereitet, sowie die Konferenztaschen mit Info-Material, Teilnehmerausweis usw. gefüllt werden.
Wie lief es dann während der Konferenz?
Jonas Berger: Man könnte sagen, wir waren die “Mädchen für Alles”. Neben der Registrierung und Ausgabe der Konferenztaschen waren wir Ansprechpartner für die Teilnehmer. Dazu gab eine einen Konferenz-Desk im Erdgeschoß des Wiener-Baus, an dem immer einer von uns vor Ort war. Marcel Meyer: Zum Mittagessen gingen die Konferenzteilnehmer in die Mensa des Studentenwerks Leipzig im Peterssteinweg. Da sind wir mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gemeinsam hingelaufen, und haben sie dort, wo es nötig war unterstützt. Besonders für die ausländischen Teilnehmer war zumindest am ersten Tag alles ungewohnt, und es gab auch Sprachbarrieren, die wir überwinden konnten. Die Woche war sehr anstrengend, aber auch super interessant. Ich glaube wir alle waren megafroh und stolz, Prof. Richter bei der Konferenz unterstützen zu dürfen. Zum Dank und als Anerkennung durften wir an den Abendveranstaltungen und Events teilnehmen, in dem wir die Chance hatten, Kontakt zu knüpfen.
Natalie Kruck: Eine weitere Aufgabe war es, den Evostar-Twitter Account zu „füttern“. Ich glaube, ich war noch nie so aktiv auf Twitter wie während der Konferenz!
Das Evostar Orga team (von links nach rechts): Misha Paauw (Universität Amsterdam), Hendrik Richter (HTWK), Anna Esparcia (Universität Valencia), Jonas Berger, Marcel Meyer, Natalie Kruck (HTWK)
Hattet Ihr auch Zeit, etwas vom Konferenzthema mitzubekommen? Welches inhaltliche Thema, welcher Vortrag hat euch besonders interessiert?
Jonas Berger: Ich habe natürlich nur einen Teil der Vorträge mitbekommen, hauptsächlich von der Konferenzsparte EvoMUSART, in der es um Verbindung evolutionärer Algorithmen mit Musik, Sound, Kunst und Design geht. Dabei hat mich besonders der Vortrag von Sean Luke interessiert, der mittels evolutionärer Algorithmen Synthesizer Patches erzeugt hat, je nach Vorstellung des Benutzers. Diesem wurden zufällig generierte Sounds präsentiert, von denen er sich die aussuchen konnte, die ihm am besten gefielen. Die auserwählten Sounds wurden dann wiederum miteinander rekombiniert und einige Parameter durch Zufall verändert, wodurch eine „neue Generation“ von Sounds entstand, von denen sich der Benutzer wieder die Besten heraussuchen konnte. Dies wurde solange wiederholt, bis die Ergebnisse den Vorstellungen des Benutzers entsprachen, was erstaunlich schnell und zielführend funktionierte.
Marcel Meyer: Ich persönlich fand vor allem die Postersession interessant. Einerseits, weil ich da zwischendurch etwas Zeit hatte, mich mit den Themen zu beschäftigen und mit den Leuten über ihre Forschungsthemen zu reden. Andererseits gefällt es mir besser, in entspannter Atmosphäre über das Themengebiet zu reden, als in dem relativ engen zeitlichen Rahmen nach einem Vortrag.
Was hat euch besonders an der Organisation gefallen? Würdet ihr nochmal mitmachen?
Jonas Berger: Ich wäre auf jeden Fall gleich wieder dabei. Es war eine sehr angenehme Arbeit mit inspirierenden und dankbaren Menschen. Auch hilft man ja nicht alle Tage bei einer internationalen Konferenz mit. Durch die gute Organisation des EvoStar-Team kam es zu keinen unangenehmen Überraschungen, es lief eigentlich alles nach Plan.
Natalie Kruck: Absolut. Es war genauso anstrengend wie es schön war. Es war einfach beeindruckend zu sehen, welche Thematiken andere Masterstudenten aus teilweise denselben Fachrichtung bearbeiten.
Marcel Meyer: Es war interessant, mal hinter die Kulissen so einer Konferenz zu schauen und zu sehen, wie vielfältig die Aufgaben der Organisation sein können. Alles war gut strukturiert und wir haben rechtzeitig angefangen, uns um alles zu kümmern. Natürlich war die Woche während der Konferenz sehr anstrengend, aber das wussten wir ja vorher und konnten uns dementsprechend darauf einstellen. Ich würde definitiv wieder dabei helfen, die Konferenz zu organisieren. Es ist ein unglaublich großer Mehrwert, die vielen interessanten Leute aus den unterschiedlichsten Nationen zu treffen und ihre Forschungsgebiete kennenzulernen.
Das Interview führte Silvia Paketuris-Scholer, Mitarbeiterin der Fakultät Ingenieurwissenschaften und ebenfalls Mitorganisatorin der Konferenz.