Vom „Unort“ zum Begegnungsraum in Yokohama
Einen verlorenen Ort in einem ehemaligen Rotlichtbezirk der japanischen Millionenstadt Yokohama in einen Ort der Begegnungen zu verwandeln und damit wiederzubeleben - dieser Aufgabe haben sich Architektur-Studierende der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) gewidmet. Wie lässt sich ein neuer 5-Sterne-Hosteltyp entwickeln, der mit der Umgebung verknüpft und zugleich kosmopolitisch ist und außerdem auf der Idee des gemeinschaftlichen Wohnens beruht?
In einem Masterkurs des vergangenen Wintersemesters sind zehn ganz unterschiedliche Entwürfe enstanden, die ab 26. April in einer Ausstellung im Japanischen Haus in Leipzig präsentiert werden.
„Wir freuen uns, dass wir unsere 5-Star-Creative-Hostel-Projekte im Japanischen Haus e.V. ausstellen dürfen. Seit Jahren bemüht sich dieser Ort selbst um die Revitalisierung eines Stadtviertels in Leipzig - somit ist er genau der richtige Ausstellungsort für unser Thema“, so Architekturprofessorin Anthusa Löffler, die den Kurs leitete. Neben ungewöhnlichen Hostelansätzen wurden Lösungsvorschläge entwickelt, die nicht nur das nähere Umfeld durch Kunst- oder Sportevents aufwerten, sondern auch das nahe gelegene Flussufer attraktiver gestalten und zugänglich machen.
Unterstützt wurden die Studierenden auch von der japanischen Architektin und Architekturkritikerin Noriko Minkus, ist Vorstandsmitglied des Vereins Das Japanische Haus e.V.: „Diese Ausstellung ist eine große Chance für die Studierenden, ihre Entwürfe der Öffentlichkeit zu präsentieren, und wir freuen uns, dass dies gerade bei uns in der Eisenbahnstraße geschieht“, so Noriko Minkus.
„Die Zukunft liegt in der lokalen Gemeinschaft“
Das 5 Star Creative Hostel Cosmopolis, das die Studierenden entworfen haben, ist als sogenannter „Shared Place“gedacht, also eine Übernachtungs-, Wirkungs- und Begegnungsstätte für Reisende, Künstler und verschiedene sozialen Gruppen, die die Räume gemeinsam nutzen und sich außerdem mit dem Stadtviertel vernetzen. So gibt es Gemeinschaftsküchen, gemeinsame Veranstaltungs- und Arbeitsräume oder auch so genannte Pod-Styled-Schlafsäle - mehrere kleine Schlaf-Röhren, die durch Vorhänge getrennt sind.
Der neue Hosteltyp soll mitten im Koganecho Stadtviertel von Yokohama entstehen – ein verrufener Ort unter einer Eisenbahnbrücke. Bereits 2008 wurde ein jährliches Kunstfestival, der Koganecho Bazaar, am Ufer des Flusses Ooko ins Leben gerufen, um die Umwidmung und Wiederbelebung dieses Gebietes zu unterstützen. Mittlerweile hat sich sogar eine internationale Kunst-Triennale dort etabliert. Auch durch die Ansiedlung verschiedener Studios und Galerien wurden die Weichen gestellt, um das Gebiet für Einheimische, aber auch Touristen attraktiver zu machen. Yokohama hat sich mit dem Ziel auf soziale Inklusion durch Kunstprojekte dem „Creative City Network of Yapan“ zur nachhaltigen Stadtentwicklung angeschlossen, das 2013 gegründet wurde. <link http: ccn-j.net english externer-link>ccn-j.net/english/
Gerade in den letzten Jahren wurden einige neue Übernachtungstypen dieser Art in Japan entwickelt, die auch in Europa Schule machen könnten. Ihnen allen liegt der Gedanke zugrunde, Raum gemeinsam zu nutzen. Japan ist generell ein Experimentierfeld im Hinblick auf außergewöhnliche Übernachtungsunterkünfte und zukunftsweisende Architektur. Bereits in den frühen 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden dort so genannte „Kapselhotels“ gebaut – Häuser mit funktionalen Mini-Kabinen. Inzwischen sind sie auch auf europäischen Flughafen zu finden, insbesondere in den Transitbereichen. All dies sind minimalistische und preisgünstige Lösungen für Orte, in denen Raum knapp und damit teuer ist.
Hintergrund
Die Kooperation zwischen HTWK Leipzig und dem Verein „Das Japanische Haus“ besteht schon seit mehreren Jahren: 2015 hatten Architekturstudierende Projekte zur Stadtentwicklung in Tokio vorgestellt und im Jahr 2016 Projekte zum Thema „Sharehouse- Refugio“ in Yokohama.
Seit seiner Gründung 2011 schlägt Das Japanische Haus e.V. (DJH) in Leipzig Brücken zwischen internationalem Austausch und lokalen Aktionen. Durch japanische Migranten ins Leben gerufen, hat sich das Japanische Haus zu einem offenen Ort für Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen entwickelt. In der Eisenbahnstraße im Leipziger Osten bringt DJH verschiedene Veranstaltungen - wie die wöchentlich durchgeführte „Küche für alle“ (Kochen und Essen in Kombination mit Musik und Kunst) - als niedrigschwelliges Angebot internationale Kultur in den Stadtteil.