Andreas Pieritz (B. Eng. Drucktechnik 2014) hat nach einer Tätigkeit als Tiefdrucker nochmal umgesattelt – und ist heute Sales Manager bei Prinovis, einem führenden Druckdienstleister. In dieser Funktion ist er europaweit unterwegs. Von Offenheit, Business English, der Fähigkeit, im Flugzeug zu entspannen und Schwingungs-Analyse berichtet er im Alumni-Interview.
Warum haben Sie sich entschieden, an der HTWK zu studieren?
Andreas Pieritz: Ich hatte nach der mittleren Reife Tiefdrucker in Hamburg gelernt und dort drei Jahre gearbeitet, in drei Schichten. Irgendwann ging es der Firma schlechter – und ich habe die Chance genutzt, mich neu zu orientieren, habe mein Fachabitur nachgeholt, wollte studieren. Bei der Auswahl habe ich mich dann für die HTWK und Leipzig entschieden – wegen der Atmosphäre, aber vor allem wegen der naturwissenschaftlichen Grundlagen. Das habe ich dann kurzfristig bereut, gerade in den ersten beiden Semestern.
Aber langfristig war es von Vorteil?
Das war schon eine Quälerei. Ich wusste vor lauter Naturwissenschaften nicht mehr, dass ich Drucktechnik studiere. Aber danach war es extrem schön. Wir konnten an die Maschinen, und haben verstanden, wofür man das alles braucht, und konnten diese Grundlagen anwenden.
In der Druck- und Verpackungstechnik werden die naturwissenschaftlichen Grundlagen in Zukunft viel stärker in Verbindung mit Praxisproblemen unterrichtet. Das hat sich also geändert.
Ich sage ja auch nicht, dass es nicht wichtig ist. Und die Schwingungs-Analyse von Prof. Roch, die bekomme ich heute noch hin, weil er mich damit so lange gepeinigt hat. Überhaupt, Prof. Roch, Messtechnik und Statistik, unglaublich intelligent – und schaurig faszinierend. Wir waren damals ja noch am Gutenberg-Platz, und man durfte dort rauchen. Wie sowohl er als auch die Pflanzen das überlebt haben, war uns ein Rätsel.
Rückblickend betrachtet - haben Sie sich durch das Studium verändert?
Ich bin analytischer geworden, kritischer. Bei auftauchenden Problemen versuche ich, diese auf einer wissenschaftlichen Ebene zu sehen, andere Sichtweisen und Studien mit einzubeziehen statt nur der eigenen Erfahrung. Und natürlich eröffnet so ein Studium einen ganzen Kosmos, auch was die Menschen angeht, die man kennenlernt, und deren Meinungen und unterschiedliche Begabungen. Das hat mir viel Weltoffenheit gebracht. Die brauche ich in meinem Job unbedingt.
Wie sind Sie in Ihren jetzigen Job gekommen?
Ich habe hier bereits ein Praktikum gemacht und meine Abschlussarbeit zum „Stillstandslosen Papierrollenwechsel“ auf Druckmaschinen geschrieben – ich wusste, hier will ich hin. Damals wurde gerade jemand mit technischem Wissen im Verkauf gesucht – und das passte.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
Ich bin etwa die Hälfte der Woche im Büro, die andere Hälfte unterwegs bei Kunden in ganz Europa. Heute früh bin ich aus der Zentrale in Nürnberg hierher nach Ahrensburg gekommen, morgen geht es an den Zürichsee. Also wenn ein Flugzeug nur auf die Startbahn rollt, schlafe ich schon ein, und wache erst bei der Landung auf. Als Beifahrer ist das etwas nervig. Meine Kunden sind vor allem im Bereich Prospekte und Kataloge, etwa für Möbel, aber auch Magazine. Offset, Tiefdruck, Fremdeinkauf, das machen wir alles.
Verhandlungssicheres Englisch ist da ein Muss?
Na klar. Sicher geht jeder Vertrag nochmal in die Rechtsabteilung. Meine Sprachkurse an der HTWK sind damals leider immer mal ausgefallen, und daher musste ich einiges „on the job“ nachholen. Ich bin wirklich kein Sprachtalent: Aber wenn man muss, klappt es auch.
Wie erholen Sie sich von der anstrengenden Reise-Tätigkeit?
Also ganz klar, das Reisen macht Spaß. Und zur Entspannung studiere ich nebenbei nochmal, Master Wirtschaftsingenieurwesen, schreibe gerade meine Master-Arbeit. Dazu engagiere ich mich nebenberuflich als Innovation-Manager unseres Unternehmens im Bertelsmann-Verbund.
Die Druckbranche ist selber ziemlich unter Druck – wie sieht es mit der Zukunft aus?
Klar gibt es zurzeit noch Überkapazitäten im Markt, und daher ist meine Aufgabe, den Kunden nicht nur zu verkaufen, was sie wollen, sondern im Idealfall mit zu überlegen, wie der Kunde glücklich und erfolgreich wird. Aber: In der Branche gibt es Jobs und man kann gutes Geld verdienen. Zudem kann man mein Wissen über Produktionsprozesse im Drucken auf andere Industrien übertragen, das sehe ich in meinem aktuellen Studium.
Was würden Sie heutigen Studierenden Ihres Fachs empfehlen?
Durchhalten, sich rechtzeitig mal eine Druckerei von innen ansehen und sich in ein Spezialgebiet verlieben – dann wird alles gut!
(Stand: September 2018)