Radiowellen-Innovationsplattform
Die Radiowellen-Innovationsplattform an der HTWK Leipzig bildet einen integrativen Ansatz der Überführung von Ergebnissen aus Forschung und Entwicklung in die Gesellschaft sowie die regionale und überregionale Wirtschaft. Die Komponenten bilden dabei unterschiedliche Ebenen des vertikalen und horizontalen Transfers von Wissen und Technologien ab. Der vertikale Transfer verläuft dabei entlang von Wertschöpfungsketten und beinhaltet Aspekte der Grundlagenforschung, der angewandten Forschung und der eigentlichen Überführung in die Praxis. Spielen in den ersten Phasen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften mit ihrer engen Verknüpfung von hochqualitativer Lehre und Forschung sowie Forschungseinrichtungen eine tragende Rolle, nimmt entlang des vertikalen Transfers die Rolle von Unternehmen, Handwerksbetrieben und Start-ups deutlich zu. Der horizontale Transfer ist Ausdruck des notwendigen interdisziplinären Ansatzes, der zur Lösung aktueller Probleme zwingend notwendig ist. So arbeitet die HTWK Leipzig mit zahlreichen Partnern mit unterschiedlichen natur- und ingenieurwissenschaftlichen sowie sozialwissenschaftlichen Kompetenzen eng zusammen. Die drückt sich in einer Vielzahl von erfolgreich abgeschlossenen und laufenden Kooperationsprojekten aus.
Die Radiowellen-Innovationsplattform ist verbunden mit einer hochwertigen Forschungsinfrastruktur, die in den vergangenen Jahren aufgebaut wurde und die für gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsvorhaben mit Partnern zu Verfügung steht. Die Infrastruktur enthält Labor- und Technikumskapazitäten, die mit hochwertiger Mess-, Analysen- und experimenteller Technik ausgestattet sind.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Radiowellen-Innovationsplattform ist der „Transfer über Köpfe“, das heißt die Stärkung der personellen Basis für die Unternehmen und für die Gesellschaft als eine der ureigenen Aufgaben einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Instrumente sind dabei Qualifizierungsmaßnahmen für externe und interne Partner, kooperative Bachelor-, Master- und Promotionsarbeiten sowie Personalaustausch mit Unternehmen, was angesichts des in vielen Bereichen vorzufindenden Fachkräftemangels für die Wirtschaft von essentieller Bedeutung ist.
Radiowellen-Technologie als innovativer Kern und Alleinstellungsmerkmal
Die innovative Radiowellen-Technologie, das bedeutet die direkte Erwärmung durch Nutzung elektromagnetischer Wellen im Hochfrequenzbereich, wurde in den letzten Jahren vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ und der HTWK Leipzig entwickelt, um zahlreiche Prozesse in der Energie- und Umwelttechnik sowie im Bauwesen effizienter und nachhaltiger gestalten zu können. Genannt seien hier beispielsweise die thermisch unterstützte Bodensanierung, die Trocknung und Dekontamination von Mauerwerk, die Reinigung von kontaminierten Abluftströmen oder die Trocknung von Erdgas oder Wasserstoff. Besondere Bedeutung im Zusammenhang des Verbundprojektes Saxony⁵ haben der thermische, chemikalienfreie Holzschutz zur Vermeidung des Biozideinsatzes sowie die Eliminierung von chlororganischen Bioziden aus unterschiedlichen Materialien durch verschiedene physikalische und chemische Verfahren.
Innovationsnetzwerk RWTec
Das am Forschungs- und Transferzentrum der HTWK Leipzig angesiedelte Innovationsnetzwerk RWTec wurde von ca. 15 Forschungseinrichtungen und Unternehmen gegründet, um die innovative Radiowellen-Technologie weiter zu erforschen sowie Prozesse und Produkte auf dieser Basis zu entwickeln und in die Praxis zu bringen. Das ursprünglich durch das BMWi geförderte Netzwerk RWTec wird nach Auslaufen der ZIM-Förderung durch die Partner finanziert und koordiniert vor allem Forschungs- und Entwicklungsprojekte der Partner sowie die Entwicklung neuer Ideen für die etablierten Bereichen Bauen, Energie und Umwelt sowie die neuen Themen Stadtentwicklung, Wasserstoffwirtschaft oder Substitution kritischer Chemikalien.
Kooperationsprojekt RWTec-Detox als Beispiel interdisziplinärer Zusammenarbeit und Einbindung in RWTec und Saxony⁵
Im Rahmen des Projektes RWTec-Detox werden von Forschungs- und Unternehmenspartnern Verfahren entwickelt, um Biozide aus unterschiedlichen Materialien und insbesondere Kunst- und Kulturgütern zu entfernen. Basierend auf der Radiowellen-Technologie wird die thermische Behandlung von Holzbalken erprobt, um die Schadstoffe desorptiv zu entfernen. Dieses Verfahren wird mit geeigneten Adsorbenzien verbunden, um ein Entweichen der Kontaminanten in die Raumluft zu verhindern. Weiterhin werden Extraktionsverfahren untersucht, um die Wirkstoffe von Holzschutzmitteln (Biozide) aus Objekten zu entfernen. Schließlich werden noch reduktiv-katalytische Methoden erforscht, die eine Umwandlung der chlororganische Verbindungen in unschädliche Produkte ermöglichen. Alle Verfahrensbausteine können auch kombiniert werden, um eine adäquate Behandlung der Problemfälle aus der Praxis zu ermöglichen. Charakteristisch für dieses Projekt ist der interdisziplinäre Ansatz, der auf Basis der Netzwerke Partner aus sehr unterschiedlichen Bereichen zusammengeführt hat.
Laborinfrastruktur
In den letzten Jahren wurde am Forschungszentrum Eilenburger Straße (FZE) eine Laborinfrastruktur aufgebaut, die es ermöglicht, zahlreiche Forschungsvorhaben im Kontext der Netzwerke RWTec und Saxony⁵ durchzuführen. Adressierte werden dabei die Bereiche chemische Verfahrenstechnik, chemische Analytik, Bauwesen, Sensorik und Elektronikentwicklung. Genannt seien beispielsweise ein Sensormessplatz für die Entwicklung von selektiven Wasserstoffsensoren, Arbeitsplätze zur Probenpräparation, analytische Geräte wie ein Gaschromatograph mit Massenspektrometer (GC-MS), ein mobiles Röntgenfluoreszenzspektrometer (RFA), ein Fourier-Transform-Infrarotspektrometer mit ATR-Modul oder ein Labor zur Elektronikentwicklung.
Technikumsinfrastruktur
Die Technika erlauben es, Entwicklungen von der Laborphase in einen größeren Maßstab zu übertragen, um deren Etablierung in die Praxis vorzubereiten. Die Untersuchungen im Technikumsmaßstab sind durch eine besonders enge Kooperation mit den Praxispartnern geprägt.
Die gegenwärtig durch Prototypen im Technikum getesteten Anwendungen beziehen sich beispielsweise auf den chemikalienfreien Holzschutz, die Erwärmung von Recyclingasphalt oder die Erwärmung von vorgefertigten Asphaltplatten für die Schlaglochsanierung.
Unterstützung von Ausgründungsinitiativen
Die HTWK Leipzig unterstützt durch zahlreiche Instrumente (Gründerinitiative Startbahn 13, Saxony⁵-Aktivitäten) vorzugsweise Nachwuchsforscher:innen dabei, eigene kommerzielle Verwertungsstrukturen zu etablieren und konkret eine Firmengründung vorzubereiten und umzusetzen. Ein prägnantes Beispiel dafür im Kontext der Radiowellen-Technologie ist das junge Unternehmen RWInnoTec GmbH, das von Gründer:innen von UFZ und HTWK Leipzig im März 2021 gegründet worden ist.
Stetigkeit der Entwicklung der Innovationsplattform
Aufbauend auf dem soliden natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fundament, den etablierten Kooperationsbeziehungen, der Infrastruktur und den gewonnenen Erfahrungen soll die Infrastrukturplattform im Rahmen des Projektes Saxony⁵ und unterstützt durch weitere Partner und Initiativen in Zukunft zu einer nachhaltigen Struktur entwickelt werden, die besonders den Technologietransfer über Köpfe und gemeinsame Projekte fördert.