BetonkanuTeam der HTWK Leipzig festigt bei der 17. Betonkanu-Regatta 2019 in Heilbronn seine Spitzenposition im Betonkanu-Rennsport
Ende Juni stürzte sich das BetonkanuTeam Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) in die glühende Hitze von Heilbronn: Mehr als 900 Studierende von 42 Hochschulen aus Deutschland, Niederlande, Österreich, Schweiz, Ungarn und Polen versammelten sich am 28. und 29. Juni insgesamt 102 Mannschaften mit 60 Kanus am Neckar zur Betonkanu-Regatta. Mit überragender Dominanz konnten sowohl die Damen- als auch die Herrenteams der HTWK Leipzig alle Vorläufe für sich entscheiden - und nach Abschluss aller Wettbewerbe insgesamt drei Pokale in die Höhe stemmen. Willi Neuhaus und Tim Bäcker steuerten im „KanU Break Us?“ siegessicher vor Ludwig Hertwig und Paul Hopperdietzel im „KanUQuietscheentchen“ über die Ziellinie – Doppelsieg für die Leipziger Herren! Zu fahren waren 100 Meter geradeaus mit einer anschließenden 180-Grad-Wendung. Um zwei Bojen ging es im Slalom dann 100 Meter zurück ins Ziel.
„Aufgeben? Niemals!“
Das Finale der Damen wurde zum dramatischen Höhepunkt des Tages. Die 180-Grad-Wendung erwies sich bereits in der Qualifikation als Knackpunkt des Rennens. Dies motivierte offenbar das Team aus Twente zu einem äußerst riskanten Manöver: An der Wendeboje rammten die Niederländerinnen das in Führung liegende Leipziger Team um Johanna Jachmann und Judith Kleiser seitlich im 90-Grad-Winkel. Frau über Bord! Judith Kleiser ging unfreiwillig baden. „Plötzlich war sie weg und wir hatten ein großes Leck im Boot!“, erinnert sich Jachmann. Doch aufgeben? Niemals! Johanna Jachmann steuerte das Boot anschließend souverän ins Ziel. Twente wurde offiziell als Sieger des Rennens bekanntgegeben – entgegen der Meinung des Publikums und unzähliger anderer Teams. Schwacher Trost: Das Leipziger Duo wurde während der Ehrung offiziell zum Sieger der Herzen gekürt.
Das BetonkanuTeam der HTWK Leipzig war mit insgesamt zwölf Kanuten und Kanutinnen sowie den beiden Booten „KanU Quietscheentchen?“ und „KanU Break us?“ angereist. Ersteres war bereits Ende Mai im niederländischen `s-Hertogenbosch an den Start gegangen und hatte dort Sieger-Qualitäten unter Beweis gestellt. Erstmals im Wettbewerb dabei war diesmal „KanU Break us?“, das „Schwester-Boot“ von „KanU Beat us?“, das aufgrund eines größeren Schadens im Rumpfbereich – resultierend aus dem Rennen in den Niederlanden - zuhause bleiben musste.
Schwesterkanus aus neuer Schalung
„KanU Break us?“ entstammt wie „KanU Beat us?“ einer neuen Schalung. „Es war klar, dass wir uns in vielen Teilbereichen weiterentwickeln müssen, um erneut eine große Welle bei der Betonkanu-Regatta zu machen“, sagt Kapitän Jan Teuchert. Die Hauptaspekte in der Entwicklung waren vor allem eine wendigere Bootsform, Gewichtsreduzierung, ein neues Bewehrungskonzept sowie eine leichtere und stabilere Betonmischung.
„Die Herausforderung und Leistung des Teams bestanden darin, all diese Teilbereiche in einen Einklang zu bringen“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Klaus Holschemacher, der das Team fachlich betreut. Das Gesamtkonzept ging auf – das neue Rennkanu „KanU Break us?“ überzeugte im sportlichen Wettkampf. Der Clou: die wendige Form in Zusammenhang mit einer Finne aus Beton, die den Geradeauslauf unterstützt. Eine Betonmischung mit einer Dichte, die der von Wasser ähnelt, und Zuschlagstoffen aus leichter Gesteinskörnung ermöglichten eine leichtere Konstruktion als bei der Regatta 2017. Die Kanus brachten nur 46 bzw. 48 Kilogramm auf die Waage – ein idealer Kompromiss aus Leichtigkeit und Stabilität.
Für diese sorgte, neben den Querverstrebungen, auch das so genannte Bewehrungskonzept: Textile Strukturen aus Basalt und Carbon ermöglichten geringe Wanddicken. „KanU Break Us? ist vollständig mit Basaltgelege bewehrt, die Wanddicken liegen zwischen 2-3 Millimeter. Das ist sehr innovativ“, sagt Vize-Kapitän Ludwig Hertwig. „Das heißt aber nicht, dass wir uns beim Rennen zurücknehmen müssen“, stellt Sieger Willi Neuhaus klar, „unsere Boote sind genau für die Rennbelastung ausgelegt“.
„KanU Break us?“ wurde schließlich bei der Regatta auch als „Gesamtpaket“ „geadelt“: Zusätzlich zu den Rennen wurde das Kanu in der Konstruktionsklasse mit dem 5. Platz und in der Gestaltungswertung mit dem 8. Platz belohnt - „bei 60 Kanus insgesamt sehr ordentlich“, so Ludwig Hertwig zufrieden.
„In Köln 2017 zu gewinnen war ein schönes Erlebnis. Den Titel dann auch zwei Jahre später verteidigen zu können ist ein hervorragendes Gefühl und zeugt von einer großartigen Teamleistung über einen längeren Zeitraum“, so Sieger Tim Bäcker abschließend. Kapitän Teuchert ergänzt: „Insgesamt war die Regatta ein voller Erfolg. Der Ehrgeiz scheint über die Jahre ungebrochen und spornt an, weiter zu optimieren. Vielleicht gehört dazu ja auch das Abwehren von Zusammenstößen.“
Hintergrund
Das BetonkanuTeam HTWK Leipzig besteht hauptsächlich aus Studierenden des Bauingenieurwesens und hat sich zum Ziel gesetzt, technisch anspruchsvolle Kanus aus Textilbeton zu konstruieren. Seit der Gründung vor vier Jahren haben die Teammitglieder 14 Kanus gebaut und sich damit eine Spitzenposition im Betonkanu-Rennsport erfahren. Die Betonkanu-Regatta wird alle zwei Jahre vom Bundesverband der Deutschen Zementindustrie e.V. ausgerichtet und ist laut „eine Mischung aus Beton- und Bootsbautechnik, sportlichem Wettkampf und vor allem viel Spaß“, so der Veranstalter. Die Teilnehmer kommen aus berufsbildenden Schulen, Fachhochschulen, Hochschulen und anderen Institutionen, an denen Betontechnik gelehrt wird. Die Regatta ist die größte Veranstaltung ihrer Art in Europa.