100 Schülerinnen und Schüler durften in den Stadtwerken Bitterfeld-Wolfen Technik erleben und begreifen - Alumni und Förderverein der Hochschule unterstützen Nachwuchsgewinnung
22. Juni 2016, acht Uhr morgens. Im Bus auf dem Weg von Leipzig nach Bitterfeld-Wolfen ist es erstaunlich still, dafür, dass rund 50 Schüler im Alter von 11 und 12 Jahren darin sitzen. Irgendwie sind alle müde. Selbst die Lehrer dösen noch vor sich hin.
Das ändert sich schlagartig, als der Bus auf das Gelände der Stadtwerke in Bitterfeld-Wolfen rollt. Die Leipziger Gymnasiasten purzeln aus dem Bus und warten gespannt darauf, dass nun endlich der „Technik-Tag“ beginnt. So kurz vor den Sommerferien dürfen die wissbegierigen Schüler heute einen Technik-Parcours absolvieren. An zehn verschiedenen Ständen können sie vom Löten, Schweißen bis hin zum Messen mit der Wärmebildkamera einiges ausprobieren.
Als es losgehen soll, fehlen noch 50 weitere Schüler vom Gymnasium Schkeuditz, dem Bitterfelder Europagymnasium „Walther Rathenau“ und dem Heinrich-Heine-Gymnasium Bitterfeld-Wolfen. Es staut sich vor den Toren der Stadt. Also begrüßt Wolf-Michael Birkner, Betriebsleiter für die Wärme- und Stromerzeugung in den Stadtwerken, erst einmal die Sechstklässler vom Anton-Philipp-Reclam- und Wilhelm-Ostwald-Gymnasium Leipzig mit ein paar Fragen.
Erste wichtige Frage: Wie hoch ist der Schornstein, der auf dem Gelände steht? Sachkundige Blicke nach oben und dann folgen die ersten Schätzungen: 70 Meter. 100 Meter. 105 Meter. Die Antwort: Fast. Der Schornstein ist 120 Meter hoch. Das sieht von unten nun wirklich gar nicht so aus. Dann folgt die nächste Frage: Wie wird Wärme erzeugt? Der 12jährige Jonas vom Reclam-Gymnasium hebt die Hand und dann rattert er los. Er erklärt so detailliert den Ablauf der Wärmeerzeugung, dass selbst der staunende Wolf-Michael Birkner nichts mehr hinzufügen kann. Außer: „Hier ist der Lageplan. Viel Spaß beim Technik-Tag.“
Rasch teilen die Lehrer noch die Klassen in Gruppen und dann geht es los. Jonas‘ erste Station ist der HTWK-Stand „Wasserstoff“. Auch hier wird erst einmal der Wissensstand der Schüler abgefragt: Was ist Wasserstoff? Jonas Hand schnellt nach oben. Kurz und präzise erklärt er die Funktionsweise von Wasserstoff anhand des Unglücks der Hindenburg 1937. Darauf wollte auch Pascal Bensch, Masterstudent an der Fakultät Maschinenbau und Energietechnik der HTWK Leipzig, der den Vortrag hielt, hinaus. Und so zeigte er noch einen Film über die Knallgasprobe - dann waren die 20 Minuten auch schon vorbei, die für jede Station vorgesehen waren.
Veranstalter der „Tages der Technik“ der in diesem Jahr zum insgesamt vierten Mal und das erste Mal in den Stadtwerken stattfindet, ist der Förderverein der HTWK Leipzig, der den Tag über Sponsoring durch Fördermitglieder finanziert. Ausgerichtet wird das Ganze in diesem Jahr wie gehabt mit Partnern: den Stadtwerken Bitterfeld-Wolfen und dem Dienstleistungskonzern Actemium Controlmatic - beides Unternehmen, die von Alumni der HTWK Leipzig geleitet werden. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Christian Dubiel und Dipl.-Ing. Gerald Taraba, M.Sc. unterstützen mit ihrem persönlichen Engagement und Spenden ihrer Unternehmen den Förderverein der Hochschule tatkräftig. Ziel ist es, mehr Nachwuchs für naturwissenschaftlichen Profilunterricht zu begeistern und zu gewinnen. „Kurz vor der Profilwahl an den Gymnasien wollen wir hier zeigen, was auf unserer Strecke alles funktionieren kann und wie spannend Ingenieur- und Naturwissenschaften sind. Das gelingt uns am besten dort, wo in einem Unternehmen diese Wissenschaft zur Anwendung kommen“, sagt Prof. Markus Krabbes, Prorektor Forschung der HTWK Leipzig.
Jonas weiß das längst: „Mein Opa ist Ingenieur“, erzählt er auf dem Weg zur nächsten Station „Löten“. „Daher weiß ich so viele Sachen. Solche Tage wie heute sind cool, weil man da so viel ausprobieren kann.“ Zum Beispiel an der nächsten Station. Hier ist die Aufgabe, ein Dreieck zu löten. Das finden sogar Mädchen toll. „Wir haben so einen ähnlichen Tag schon mal in Dresden gemacht“, erzählt die 12jährige Selina, die mit Jonas in eine Klasse geht. „Sowas fetzt.“ Ob sie sowas später mal beruflich machen möchte, weiß sie aber noch nicht. „Wir haben erst in der 8. Klasse Profillegung und müssen uns dann entscheiden, ob wir eher in die sprachliche oder naturwissenschaftliche Richtung gehen wollen.“
Obwohl es in der 6. Klasse vielleicht noch ein wenig zu früh für einen konkreten Berufswunsch ist, ist es für die HTWK Leipzig und die Stadtwerke Bitterfeld-Wolfen wichtig, mit diesem Tag Präsenz zu zeigen. „Einige, die heute in unserem Betrieb arbeiten, haben beim Einstellungsgespräch gesagt: Ich war hier als Kind schon mal!“, erzählt Wolf-Michael Birkner, der in ein paar Tagen sein 40. Firmenjubiläum feiert. „Uns freut sowas natürlich und wir sind auf Nachwuchs, auf junge Menschen angewiesen.“ Einer von diesen jungen Menschen ist Clemens Mai. Der 25jährige hat ein duales Studium bei der HTWK Leipzig im Studiengang Energie,- Gebäude,- und Umwelttechnik und dem Betrieb absolviert. Berufsbegleitend hat er noch einen Master gemacht und arbeitet nun als Verantwortlicher für das Gas- und Wassernetz in den Stadtwerken.
Vielleicht kommen in ein paar Jahren auch Jonas oder Selina wieder nach Bitterfeld-Wolfen, um dort zu arbeiten. Aber bis dahin untersuchen sie erst einmal staunend Solarpanele oder die Wärmebildkamera.