Gymnasiast Florian Wedhorn hat für sein Akustik-Projekt an der HTWK Leipzig sein Schlagzeug ganz neu kennengelernt. Bei „Jugend forscht“ gewann er 2021 für seine „Besondere Lernleistung“ (BeLL) im Regionalwettbewerb den dritten Preis im Fachbereich Physik und den Sonderpreis „Hören, Akustik & Lärm“.
Text: Marie Nowicki
Wenn Florian Wedhorn heute an die Themensuche für seine Besondere Lernleistung (BeLL) zurückdenkt - eine wissenschaftliche Arbeit in der 11. Klasse, die sogar eine mündliche Abiturprüfung ersetzt - sagt er: „Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, Untersuchungen am Schlagzeug durchzuführen. Ich wusste nicht genau, was sich eignet und habe deshalb nach einem Außenbetreuer für ein physikalisches Thema gesucht.“ So kam er an die HTWK Leipzig zu Professor Christian Weickhardt – zum Glück! Denn der Physiker am Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Zentrum der Hochschule ist wie Florian leidenschaftlicher Musiker und immer offen für neue Ideen: „Mir ist immer ganz wichtig, dass wir gemeinsam ein Thema finden, das nicht nur aufgesetzt ist, sondern auch eine Verbindung zu persönlichen Interessen oder einem wichtigen Lebensbereich hat.“ Und das hat hier besonders gut funktioniert: Florian Wedhorn spielt seit fast zwölf Jahren Schlagzeug und konnte nun in seinem Projekt einerseits zum physikalischen Forscher werden und andererseits die Töne, die er prüfte, auch selbst erzeugen.
Physik auf dem Dachboden
An der Snare Drum, einer kleinen Trommel und Kernbestandteil eines jeden Schlagzeugs, wollte Florian untersuchen, wie sich Anschlagstelle, Anschlaghärte und Fellspannung auf den erzeugten Schall auswirken und wie dieser von seinen Probanden wahrgenommen wird: „Eigentlich ist das nur ein dumpfer Knall – aber akustisch betrachtet ist der hochkomplex!“ Hier geht es um Frequenzspektren und Amplitudenverläufe, die gemessen und mit einem Computerprogramm analysiert werden können. „Aufgrund der Corona-Bedingungen fanden die Aufnahmen an meinem Schlagzeug auf dem Dachboden statt. Mit einer Vorrichtung aus Decken um das Schlagzeug habe ich dabei für Akustikschutz gesorgt.“
Neben den physikalischen Schallparametern spielten die menschlichen Höreindrücke eine wichtige Rolle in der Untersuchung: Hier begann die Detektivarbeit! In ausgedehnten Messreihen klärte Florian Wedhorn den Zusammenhang zwischen den Messdaten und der Wahrnehmung seiner Probanden: „Wie laut, wie lang, wie hoch oder dumpf ist der Klang? Ich habe festgestellt: Eine Beeinflussung der Zuhörer findet zweifelsfrei statt, wenn man akustische Parameter ändert, und ich konnte anhand der Frequenzspektren nachweisen, wodurch genau das passiert.“
Eine Akustikuntersuchung bei einem Professor für Physik- Laser- und Lichttechnik?
„Ja, ich komme aus der Optik und auch da ist der Zusammenhang zwischen dem Strahlungsfeld in all seinen knallharten physikalischen Größen und dem Seheindruck des Menschen interessant“, erklärt Professor Christian Weickhardt. Diese Verbindung zwischen physikalischen Größen und unserer Wahrnehmung sei ein Forschungsfeld mit Tradition – gerade in Leipzig, wo Weber und Fechner schon im 19. Jahrhundert dazu forschten – und lasse sich genauso spannend auf den akustischen Bereich beziehen: „Es ist bereits auf Musikinstrumente übertragen worden, zum Beispiel durch Untersuchungen an Blas- und Streichinstrumenten.“ Also haben sich die beiden auf die Suche nach Studien zur Schlagzeugakustik gemacht – und festgestellt: „Da sieht es ganz schön mau aus.“ Zusätzlich seien die Töne eines Schlagzeugs durch ihre kurze Dauer stark zeitabhängig, „das ergibt eine viel komplexere Datenlage als bei anderen Musikinstrumenten, die deshalb schwieriger auszuwerten ist“, so Professor Christian Weickhardt.
„Aber Florian hat das ganz gradlinig und sehr selbstständig gemacht und es war, denke ich, auch kein Zufall, dass er bei ‚Jugend forscht‘ so gut abgeschnitten hat“, lobt er. Für den Gymnasiast kam die Teilnahmemöglichkeit an dem Wettbewerb überraschend: „Aber ich habe direkt ‚Ja‘ gesagt, einfach, um dabei zu sein. Dann den dritten Preis im Regionalausscheid Nordwestsachsen und den Sonderpreis für ‚Hören, Akustik & Lärm‘ zu bekommen war quasi die Kirsche auf der Torte.“
Die nächsten Pläne
„Ich habe während der Präsentation von der Jury gewisse Impulse bekommen, wie ich weiter an dem Thema arbeiten könnte“, sagt Florian Wedhorn. Auch eigene Ideen für die Weiterentwicklung des Projekts gehen ihm schon durch den Kopf: „Ich möchte den Stand jetzt auf keinen Fall einfach verwerfen“. Auch Professor Christian Weickhardt treibt die Frage rum: „Wir haben gesehen, das ist ein gangbarer Weg und können jetzt eigentlich so richtig loslegen. Da bin ich auch schon am Überlegen, was man daraus machen könnte.“
Zuerst steht für den 18-Jährigen jedoch das Abitur am BIP Kreativgymnasium Leipzig an. Danach möchte er im Ausland sein Englisch verbessern und durch ein paar Praktika auch in wirtschaftliche Bereiche hineinschnuppern. Denn für sein Studium liebäugelt er mit Wirtschaftsingenieurwesen, „das verbindet sich sehr gut mit den physikalischen und mathematischen Aspekten, die ich interessant finde“.
All die physikalische Hintergrundforschung über sein Instrument hat Florians musikalische Seite übrigens nicht beeinflusst. Nach zwölf Jahren Übung bleibt hier alles beim Alten: „Mein Stil beim Spielen beugt sich der Musik. Dabei schalte ich meinen Kopf aus und gehe ganz nach Gefühl.“