Physikprofessor Guido Reuther mit dem ersten Lehrpreis der HTWK Leipzig ausgezeichnet
Kann James Bond, Agent im Geheimdienst Ihrer Majestät, tatsächlich einen Widersacher über einen Lastenkran verfolgen? Und ist es physikalisch möglich, dass er mit seinem Auto über einen Fluss fliegt?
Solche und andere grundlegende Fragen erörtert Guido Reuther mit Studierenden in seinen Lehrveranstaltungen. Der Professor für Angewandte Physik – Messtechnik und Sensorik am Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Zentrum (MNZ) der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) ist für die physikalischen Grundlagen-Veranstaltungen angehender Ingenieurinnen und Ingenieure im ersten und zweiten Fachsemester verantwortlich.
Am 17. Mai 2023 wurde er mit dem ersten Lehrpreis der Hochschule ausgezeichnet. Für den Preis vorgeschlagen wurde er von Studierenden. „Ich wusste nichts davon und war überrascht, habe mich aber sehr darüber gefreut“, so Reuther.
Die Studierenden loben in ihrer Einreichung, dass der Professor Wissen auf Augenhöhe vermittelt, die klare Struktur seiner Lehrveranstaltungen, was besonders am Anfang des Studiums hilfreich ist, und seine gute Online-Lehre auch in Corona-Zeiten. Außerdem betonten sie seine übersichtlichen und verständlichen Skripts sowie die Auflockerung durch Experimente und Bezüge zu Alltagssituationen.
Außer Filmsequenzen nutzt Guido Reuther beispielsweise auch Clicker-Systeme für anonyme Abstimmungen in Quiz-Form – so nimmt er Studierenden die Angst, sich zu blamieren und motiviert sie durch direkte Rückmeldung noch im Seminar.
Wie kommt er auf seine Ideen? „Ich habe in einem Didaktik-Workshop erfahren, dass Professor Metin Tolan an der TU Dortmund solche Methoden in seinen Lehrveranstaltungen anwendet, unter anderem Filmszenen aus Star Trek. Er stellt Filmstunts sozusagen auf den physikalischen Prüfstand, rechnet mit Studierenden die Einzelheiten durch. Das hat mir gefallen und ich habe mir auch solche Beispiele gesucht“, sagt Reuther. Der Grund: Anschauliche Praxisbeispiele, die auch der Realität standhalten, seien kurzweilig und prägten sich den Studierenden gut ein, so der Professor.
Begeisterung bei den Studierenden wecken
Lehre macht ihm Freude: „In den Lehrveranstaltungen sitzen Studierende, die frisch vom Abitur kommen, zusammen mit solchen, die schon gearbeitet haben und nun (wieder) an einer Hochschule lernen. Sie bringen alle einen unterschiedlichen Kenntnisstand mit. Die Herausforderung besteht darin, einerseits die Grundlagen nochmal zu erklären, ohne die Fortgeschrittenen zu langweilen. Manche Studierende kommen auch mit Beispielen aus der Berufspraxis ins Seminar und wir besprechen, wie sich Theorie und Praxis vereinbaren lassen bzw. warum etwas so oder so funktioniert.“
Das ist für alle spannend, auch für den Professor – der über sich sagt: „Ich liebe Physik. Ich war schon immer wissensdurstig und wollte verstehen, wie Dinge funktionieren und zusammenhängen. Physik ist nicht schwierig. Wenn man die Grundlagen verstanden hat, kann man sich die Effekte in der Natur und Technik herleiten. Diese Begeisterung möchte ich gern auch bei den Studierenden wecken, denn Physik ist die Grundlage für ihr weiteres Studium. Ich freue mich einfach, wenn sie die physikalischen Zusammenhänge verstehen!“
Übrigens: Ja, James Bond kann über einen Kran laufen – wenn er die richtigen Schuhe anhat, bei denen die Reibung stimmt. Und mit dem Auto über den Fluss zu „fliegen“ klappt auch, wenn Geschwindigkeit und Abflugwinkel entsprechend gewählt werden. Auf die Physik kommt es an!
Hintergrund zum Lehrpreis: Wertschätzung erstklassiger Didaktik
Der Preis wurde auf der alljährlichen HTWK-Veranstaltung „Lunch & Learn“ verliehen. Bei diesem Format haben Hochschulangehörige die Gelegenheit, Kontakte über die Grenzen des eigenen Studiengangs hinaus zu knüpfen und sich mit Kolleginnen und Kollegen an Marktständen und in entspannter Atmosphäre zu guter Lehre auszutauschen und voneinander zu lernen.
Barbara Mikus, Prorektorin Bildung der HTWK Leipzig, hat den Lehrpreis mit auf den Weg gebracht: „Die eingereichten Lehrkonzepte sollten möglichst originell sein, besonders ansprechende Lehr-/Lern-Materialien und/oder innovative Methoden und Tools, auch Methodenmix, verwenden sowie kollaborative, kommunikative bzw. partizipative Arbeitsweise fördern und unterstützen. Wir wollen Studierende befähigen, gut und selbständig zu lernen und kritisch zu denken. Sie sollen ihre Kompetenzen erkennen und weiterentwickeln. Gute Lehre sollte dies fördern und auch Raum für eigene Ideen und Lösungen der Studierenden geben. Und derartige Lehrkonzepte sollten auch honoriert und bekannt gemacht werden.“
Die anderen nominierten Konzepte punkteten zum Beispiel mit besonderer Flexibilität der Formate, eigens gebauten digitalen Umgebungen für Studierende oder besonders enger Anbindung an Praxispartner im Rahmen von Projekten.
Die Ausschreibung fand bereits im Oktober 2022 statt. insgesamt gab es 23 Einreichungen für die Auszeichnung; sowohl Lehrende als auch Studierende konnten Vorlesungen und Seminare einreichen. Eine zwölfköpfige Jury – Hochschulangehörige aus verschiedenen Fakultäten, dem Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Zentrum, dem Institut für digitales Lehren und Lernen, der Hochschuldidaktik, dem Studierendenrat sowie dem Prorektorat Bildung – begutachtete die Vorschläge. Der Preis soll künftig jährlich vergeben werden.