Prof. Dr. Lara Ducate aus den USA ist derzeit Gastwissenschaftlerin an der HTWK Leipzig. Die Linguistin forscht zum Thema Klimagerechtigkeit in Deutschland und tauscht sich mit Fachleuten verschiedener Disziplinen aus
Lara Ducate stammt aus Aiken, South Carolina, und promovierte an der University of Texas in Austin zum Thema Fremdsprachendidaktik und interkulturelle Kommunikation. Seit 2003 gibt sie an der University of South Carolina Kurse zur deutschen Sprache und Kultur, zu Methoden des Fremdsprachenunterrichts sowie zu Nachhaltigkeit in Deutschland. Bereits seit 2017 leitet sie regelmäßig einen Austausch Studierender nach Droyßig und organisiert ein Auslandsstudienprogramm, das sich auf Nachhaltigkeit in Sachsen-Anhalt konzentriert. Derzeit vernetzt sie sich seit März und noch bis Ende Juni als Gastwissenschaftlerin an der HTWK Leipzig mit Forschenden zum Thema Klimagerechtigkeit und unterrichtet im Kurs „Nachhaltigkeit, Energie und Klimawandel: internationale Sicht“ an der Fakultät Ingenieurwissenschaften.
Was verstehen Sie unter dem Begriff Klimagerechtigkeit?
Für mich bedeutet Klimagerechtigkeit, dass diejenigen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, am stärksten unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden oder am stärksten betroffen sein werden. Weltweit sind dies oft Gemeinschaften mit niedrigem Einkommen, in denen mehr People of Color wohnen. Klimagerechtigkeit befasst sich damit, was getan werden kann, um die Wirkungen vom Klimawandel in diesen Gemeinschaften zu verringern. In den USA ist Klimagerechtigkeit ein großes Thema.
Ein Beispiel sind die Auswirkungen des Hurrikan Katrina im Jahr 2005. Die am meisten betroffenen Personen lebten in überschwemmungsgefährdeten Gebieten, und das waren und sind meist Menschen mit niedrigem Einkommen.
Wie unterscheidet sich die Debatte über Klimagerechtigkeit im Vergleich zwischen den USA und Deutschland?
In Deutschland spricht man über Klimagerechtigkeit in Bezug auf andere Länder, die nicht so reich sind wie Deutschland, und wo es viele Folgen der Umweltkrise gibt, und auch in Bezug auf spätere Generationen, die den Klimawandel nicht verursacht haben, aber mit den Folgen kämpfen müssen. Das sind auch in den USA Themen, aber für uns beschäftigt sich Klimagerechtigkeit zudem mit aktuellen Themen in unserem Land. Da sprechen wir über Gegenden, in denen Menschen mit niedrigem Einkommen wohnen und wo die Luft und das Wasser nicht so sauber sind wie in anderen Gegenden oder wo sie in größerer Gefahr sind, den Folgen des Klimawandels ausgesetzt zu sein, beispielsweise durch Feuer, Überschwemmungen und Hurrikane. Das könnte an unserer Geschichte, unserer Politik, unserer Kultur, und unserem Sozialsystem liegen.
Wie kamen Sie als Linguistin auf das Thema Klimagerechtigkeit?
Mein Ziel als Deutschprofessorin ist es immer, meinen Studierenden beizubringen, andere Kulturen und Perspektiven zu schätzen, damit sie offener werden und andere Ideen und Menschen leichter in ihren persönlichen und beruflichen Sphären akzeptieren können. Ich habe mich schon immer für Nachhaltigkeit interessiert und habe während meines Bachelorstudiums auch wissenschaftliche Forschung in Bereich Biologie gemacht. Als wir im Kollegium vor ein paar Jahren überlegten, wie wir mehr Studierende für das Fach Deutsch begeistern könnten, entwickelte ich den Schwerpunkt Klimagerechtigkeit und fand damit eine Möglichkeit, zwei meiner Leidenschaften zu verbinden.
Dann habe ich begonnen, meinen Kurs über Nachhaltigkeit in Deutschland zu unterrichten, um das Interesse an Deutsch auch bei Studierenden zu erwecken, die sich für Nachhaltigkeit interessieren. Einige Jahre später habe ich mein Auslandsstudienprogramm eingeführt, in dem ich beides kombiniert habe: das Kennenlernen anderer Kulturen und das Erfahren von nachhaltigen Gewohnheiten und Programmen.
Wie kam es zum Aufenthalt an der HTWK Leipzig und was erhoffen Sie sich davon?
Seit 2018 habe ich Verbindungen zur HTWK, da ich in diesem Jahr zum ersten Mal mit meinen Studierenden aus den USA, die an einem Auslandsstudienprogramm teilnehmen, die HTWK besucht habe. Nachdem ich über einen Bekannten mit Prof. Dr. Stephan Schönfelder in Kontakt gekommen bin, haben wir jedes Jahr mit Ausnahme der Pandemie einen Tag an der HTWK verbracht und einen Workshop mit FING-Studierenden durchgeführt oder eine Vorlesung besucht, mit Unterstützung von Prof. Dr. Stephan Schönfelder und Prof. Dr. Jens Schneider. Dieses Jahr werden die neun USC-Studierenden am 15. Mai einen Kurs von Prof. Schneider und meinen Kurs besuchen. Die interdisziplinäre Gruppe kommt aus verschiedenen Fachbereichen wie Germanistik, Umweltwissenschaften, Chemie und Betriebswirtschaftslehre.
Während des zweiwöchigen Programms übernachten die Studierenden bei Schülerinnen und Schülern der CJD Christopherusschulen Droyßig und besuchen einige Tage Berlin. Jeden Tag machen wir verschiedene Exkursionen, die mit Nachhaltigkeit zu tun haben. Dieses Jahr besuchen wir PreZero Energy Zorbau, ein Kohlekraftwerk und Tagebau, den Mondsee, den Cospudener See, eine Windkraftanlage, eine Biogasanlage, CropEnergies in Zeitz, einen biodynamischen Weinberg, und einen kollektiven Garten. Die Studierenden verbringen auch jeden Abend bei den Familien und nehmen am Alltag teil, was sie immer als sehr wichtiges Element des Programms empfinden, weil sie eine deutsche Familie näher kennenlernen.
Während meiner Zeit als Gastwissenschaftlerin an der HTWK möchte ich gerne mehr über die Projekte und Interessen der Fakultätsmitglieder erfahren, besonders in Bereich Nachhaltigkeit. Ich freue mich auch darauf, meinen Kurs zu unterrichten, um die Interessen und Perspektiven der Ingenieurstudierenden kennenzulernen, sowie meine Perspektiven und mein Wissen über Nachhaltigkeit in den USA und im Allgemeinen mit den Studierenden zu teilen. Vielleicht kann dieser Aufenthalt sogar zu anderen Projekten und Kooperationen zwischen Professorinnen und Professoren der HTWK Leipzig oder Studierenden führen.
Und wie war Ihr persönlicher Weg zur deutschen Sprache?
Ich habe schon immer andere Kulturen und Sprachen interessant gefunden. Als ich an der High-School war, habe ich im Sommer 1989 mit meinem Deutschlehrer und meinen Klassenkameraden an einem einmonatigen Austauschprogramm in Bamberg teilgenommen. Wir sind auch nach Ost- und West-Berlin gereist und hatten eine Führung an der Grenze zwischen Bayern und Thüringen. Ich fand diese Reise so spannend und wollte immer mehr über die deutsche Kultur und Sprache lernen, sowie mehr reisen und andere Länder besuchen. Als ich später an der Universität war, hatte ich die Möglichkeit, ein Jahr lang in Bamberg zu studieren. Nach dem Studienabschluss unterrichtete ich zwei Jahre lang Deutsch an einer High-School, bevor ich mich entschied, meinen Doktor zu machen. Mein Ziel war es, zukünftige Lehrer auszubilden, Studierende für die deutsche Kultur und Sprache zu begeistern, und mein eigenes Auslandsstudienprogramm zu starten, da dies so ein bedeutender Teil meines Lebens war.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Katrin Haase.