Globale Transformationen: Brüche, Konflikte, Synergien
Angesichts der drei großen globalen Transformationswellen der Globalisierung, Digitalisierung und „Sustainabilisierung“ stehen Wissenschaft und Forschung vor neuen Aufgaben: Sie sollen dazu beitragen, Hintergrundwissen bereitzustellen, gewünschte Transformationen zu unterstützen und dabei Hilfestellung zur Lösung der mit den Transformationen verbundenen Konflikten und Entwicklungsbrüchen nach rationalen Kriterien zu geben.
Begriffe wie transformative transdisziplinäre oder ko-kreative Forschung geben die Stoßrichtung vor, die mit diesen neuen Rollenverständnissen von Wissenschaft verbunden sind. Ausgehend von dieser Debatte thematisiert der Vortrag zunächst die Gleichzeitigkeit der transformativen Prozesse und die damit verbundenen Konflikte und Brüche. Der Umgang mit ihnen erfordert eine systematische Folgenabschätzung für unterschiedliche wissensbasierte Politikoptionen. Denn gerade in Zeiten postfaktischer Politikgestaltung kommt dem Dialog zwischen Wissensproduzenten und Wissensabnehmern sowie sachlich fundierten und wertangemessenen Konfliktlösungen eine wichtige Rolle zu. Die einfache Formel: „Wissen berät Macht“ reicht für einen produktiven Umgang mit Wissens- und Bewertungskonflikten nicht aus.
Die neuen Formen der Politikberatung sind durch die Stichworte „inklusiv“ und „integrativ“ und „konfliktorientiert“ am besten zu charakterisieren. Inklusiv meint dabei die Einbeziehung vieler Quellen von Wissen und Erkenntnis, integrativ die Notwendigkeit, diese unterschiedlichen Wissensbestände, aber auch deren wertgebundene und interessengeleiteten Interpretationen zu Handlungsoptionen zu verdichten, konfliktorientiert impliziert dass die Konfliktpartner die gemeinsame Zeile reflektieren, Optionen für die Lösung von Zielkonflikten anbieten und von allen getragene Umsetzungsstrategien zur Transformation in eine wünschenswerte Zukunft beinhalten.
Alle drei Ziele, Inklusion, Integration und Konfliktorientierung erfordern eine Synthese unterschiedlicher Forschungskonzepte, die klassische Ansätze im Sinne von neugiergetriebener Forschung mit zielgerichteten und katalytischen Forschungskonzepten zu einem integrierten Prozess ko-generativer Wissenserzeugung und Handlungsorientierung verbindet. Das klassische Konzept bringt die systematischen Erkenntnisse über Wirkungen von Politikoptionen ein, das zielgerichtete Konzept erarbeitet Strategien, um die erwünschten Zielsetzungen zu erreichen oder aufgetretene Probleme und Konflikte konstruktiv anzugehen, und das katalytische Konzept bereitet die institutionelle Architektur und das kommunikative Design vor, das notwendig ist, um einen verständigungsorientierten und konfliktlösenden Diskurs zwischen den unterschiedlichen Wissensträgern und Anwendern des Wissens erfolgreich führen zu können.
Die Synthese dieser drei Konzepte in einen integrativen Ansatz des Brückenschlags zwischen Wissen und kollektiven Handeln lässt sich mit dem Begriff der Transdisziplinarität fassen. Transdisziplinäre Ansätze integrieren prozessbezogenes, sachbezogenes und strategiebezogenes Wissen und führen im Idealfall zu einer Handlungsoption oder mehreren Handlungsoptionen, die sachlich überzeugend, argumentativ konsistent, moralisch vertretbar und für alle prinzipiell akzeptierbar sind.
Der Vortrag ist Teil der öffentlichen Ringvorlesung „Umbrüche“ im Sommersemester 2019. Der Besuch ist kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht nötig.