Einblicke Forschungsmagazin 2024 Schwerpunkt: Strukturwandel

Mark Mietzner Editorial Liebe Leserinnen und Leser, in den vergangenen vier Jahren meiner Amtszeit haben wir uns intensiv darauf konzentriert, die HTWK Leipzig zu einem Wissens- und Transferhub aus- zubauen. Darunter verstehen wir eine Hochschule, bei der Anwendungsorientierung klar im Mittelpunkt steht und Forschungsergebnisse direkt genutzt werden können. Konzepte wie „Impact Education“ und „Im- pact Research“ fassen unseren Ansatz und unser Ziel wie folgt zusammen: Wirksamkeit. Alles, was an der HTWK Leipzig entwickelt, erforscht, erprobt und er- dacht wird, soll das Potenzial zur praktischen Um- setzung haben und kann zu einer Lösung, Anwendung oder Dienstleistung werden. Anhaltend hohe Drittmitteleinnahmen sind ein wich- tiger Indikator dafür, wie gut uns die erfolgreiche Um- setzung dieser Vision bereits gelingt. Forschungs- und Entwicklungszentren wie etwa das Carbonbeton- technikum oder das GeoTechnikum belegen ein- drücklich, welche Meilensteine wir auf dem Weg, die HTWK Leipzig als einen dynamischen Wissens- und Transferhub zu etablieren, erreicht haben und wie eine Verzahnung mit der Region gelingen kann. Die HTWK Leipzig sieht sich auf der einen Seite als Katalysator und auf der anderen Seite als Profiteurin in einem starken Umfeld – getragen von der Region. Auf dem Titelbild sehen Sie bereits unseren Ausflug zum Tagebau Profen, bei dem Geotechnikerinnen und Geotechniker zeigen, wie sie dazu beitragen, aus losen Kippenböden tragende Flächen für Neues zu schaffen. Im Norden Leipzigs wiederum entsteht in Zu- sammenarbeit mit Partnern aus der Wissenschaft, der freien Wirtschaft und der Verwaltung ein Reallabor der Netztechnologie 5G, die unter anderem autonomes Fahren und das Internet of Things vorantreibt. Darüber hinaus untersuchen wir mit dem Blick auf den demo- grafischen Wandel in einem europäischen Forschungs- netzwerk technische Assistenzlösungen, die einer alternden Gesellschaft das Wohnen in den eigenen vier Wänden erleichtern sollen. Unsere Forschungsprojekte wirken auch in den Frei- staat Sachsen und letztendlich in seine Strukturwand- lungsprozesse: ob nun von analog nach digital, von fossil zu regenerativ oder von alt zu jung. In gemein- samer Anstrengung mit Politik, Wirtschaft und Gesell- schaft gestalten wir mit klugen und innovativen Ideen die Zukunft aktiv mit. Lesen Sie in unserem neuesten Magazin, wie wir Wand- lungsprozesse begleiten und an welchen Forschungs- themen wir derzeit arbeiten. Ihr Prof. Dr. Mark Mietzner, Rektor der HTWK Leipzig 3

Inhalt In Zahlen  6 Forschungsstatistik 2023 der HTWK Leipzig: Drittmittel – Finanzvolumen – Personal und Promovierende Schlaglichter Otto Grauer im Carbonbetontechnikum der HTWK Leipzig  52  40 Karrierewege: An der HTWK Leipzig promoviert – und dann? Vier Promovierte im Portrait  50 Informatik: Artenreiches Brasilien im Semantic Web Naturstoffkataloge miteinander verknüpfen  42 Maschinenbau: Wie ein CD-Lesegerät der Forschung hilft Dissertationspreis 2023 für Dr. Raphael al Diban  43 Hydromechanik: Stressfreie Abkühlung im Sommer Das Start-up Unique Clear  44 Architekturgeschichte: Von der Fabrik zum Theater Industriegebäude als Kulturorte und kulturelle Infrastruktur auf dem Land  47 Elektrotechnik: Schlanke Bauteile mit integrierter Elektronik Carbonbeton, der mehr kann  48 Wirtschaftsrecht: Der digitale Euro: Wie geht das rechtlich? Das EU-Bargeld wird durch den digitalen Euro ergänzt  48 Informatik: Schneller umsteigen bei Zugreisen Modelle und Algorithmen für optimale Umsteigewege bei Sitzplatzreservierungen  49 Wissenstransfer: Jüdische Ruhestätte aus dem Dornröschenschlaf wecken HTWK Leipzig in „dritter Mission“ aktiv  63 Impressum und Fördernachweise  52 Saxony5: Wissen nachhaltig vernetzen Die fünf sächsischen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften bündeln Kompetenzen in den Bereichen Produktion, Energie und Umwelt  56 Messtechnik: Per Drohnenschwarm Lärm erkennen „Akustische Kameras“ messen Lärmbelastung  57 Bauwesen: Recycling: alter Beton für neuen Estrich Beton-Rezyklat kann Gesteinskörnungen ersetzen  57 Bauwesen: Pflanzenkohle – Potenzial als Baustoff? Anwendungstests im Lehm-Innenputz  58 Lange Nacht der Wissenschaften: Eine Nacht zum Staunen und Entdecken Rückblick und Eindrücke  61 Blick zurück: Vom Operieren zum Gründen Dem Covermotiv der Einblicke vor zehn Jahren auf der Spur  62 Dieses tolle Ding … Rasterelektronenmikroskop Technik an der HTWK Leipzig vorgestellt 5

In Zahlen 363 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter … wurden 2023 aus Dritt- und Sondermitteln sowie den Unterstützungsmitteln des „Zukunfts- vertrags Studium und Lehre stärken“ und der „Angewandten Digitalisierung“ finanziert. Sie ar- beiten in zahlreichen Forschungsvorhaben, in Projekten zur Internationalisierung, in der Lehre und in vielen Bereichen zur Verbesserung der Studienbedingungen. Alle zusätzlichen Stellen tra- gen maßgeblich zum Innovationspotenzial und zur Leistungsfähigkeit der Hochschule bei. Entwicklung 2019–2023 Beschäftigte aus Dritt- und Sondermitteln Stellen 176 342 348 362 48 314 363 52 311 202 629 Stellen3 388 39 212 400 300 290 200 100 2019 2020 2021 2022 2023 Drittmittel- und sonstige Beschäftigte Beschäftigte aus Zukunfts- vertrag und Angewandter Digitalisierung Drittmittel- und sonstige Stellen Stellen aus Zukunftsvertrag und Angewandter Digitalisierung Haushaltsstellen davon Professuren davon Mitarbeiterstellen 85 Promovierende … wurden 2023 von Professorinnen und Professoren der HTWK Leipzig bei ihrem Promotionsvorhaben in Koopera- tion mit einer Universität betreut. Promotionsvorhaben in Kooperation mit Universitäten 97 91 94 87 85 120 100 80 60 40 20 13 2019 12 2020 14 2021 11 2022 7 2023 laufend abgeschlossen 3) Vollzeitäquivalente | Alle Angaben zum Stichtag 31.12.2023, soweit nicht anders angegeben 7

1812 Erstes Bergwerk im Lausitzer Revier wird in Olbersdorf eröffnet Intro S trukturwandel – das Wort ist in aller Munde. Kaum ein Zeitungsartikel, eine politische Rede oder ein Forschungsantrag, der nicht da- rauf Bezug nimmt. Der Begriff vereint mehrere Dimensionen: eine sich langfristig ändernde Struktur der Wirtschaft eines Landes, einzelner Wirtschaftszweige sowie regionaler Wirtschafts- räume – hervorgerufen durch eine Kombination politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen, gesellschaftlicher Veränderungen, technischen Fortschritts und zunehmend auch ökologischer Erfordernisse. Sinnbildlich steht dafür der end- gültige Ausstieg aus der Förderung und Nutzung von Braunkohle in der Region, aber auch The- men wie der Klimawandel, die Digitalisie- rung oder der demografische Wandel sind Treiber von Strukturwandelprozessen. Mit dem Strukturwandel auf allen Bedeutungsebenen durchläuft auch der Freistaat Sachsen seit Jahren einen steten Änderungs- prozess. Hier liegen zwei von drei noch aktiven Braunkohle- revieren der Bundesrepublik. Somit ist es eines der Bundeslän- der, die am meisten betroffen sind, wenn nun künftig im Zuge der deut- schen Energiewende und zur Errei- chung globaler Klimaziele keine Braun- kohle mehr gefördert und verstromt wird. Seit reichlich einem Jahrhundert ist der großräumige Braunkohleabbau in dieser Gegend verankert. Das hat die Natur, die Wirtschaft und letztlich auch die Menschen der Region nachhal- tig geprägt. Dabei hat der Strukturwandel im großen Stile bereits in den neunziger Jahren im Zuge der poli- tischen Wende mit dem Ausstieg aus der Kohle- veredlung begonnen: Innerhalb von zehn Jahren gingen 90 Prozent der Arbeitsplätze in diesem und in angrenzenden Industriezweigen verloren. Ab der Jahrtausendwende nahm dann die Energie- wende mit der Förderung erneuerbarer Energien Fahrt auf. Seit den Energiewende-Beschlüssen im Jahr 2011 ist für Bergbaugesellschaften klar, dass sie sich bis 2030 aus ihren Kernkompetenzen heraus gänzlich neu aufstellen müssen – auch in Richtung erneuerbare Energien. Begleitet wird der Strukturwandel mit milliarden- schweren Förderungen der Europäischen Union, des Bundes und des Landes. Dabei liegt der Fo- kus auf der Entwicklung nachhaltiger Konzepte für die Wirtschaftsregion und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Zahlreiche Fördergelder fließen in Forschung und Entwicklung; auch die HTWK Leipzig begleitet im Verbund mit regionalen Unternehmen und Instituten den Strukturwan- delprozess und schafft so Grundlagen für eine Neuausrichtung der Region. Einige Forschungs- bereiche mit Bezug zum Strukturwandel stellen wir Ihnen auf den folgenden Seiten vor. — kh 2012 Bau des letzten deutschen Braun- kohle-Kraftwerkblocks im Lausitzer Revier (Boxberg Block R) 9

Erneuerbare Energie dank Photovoltaik ... Die Energieversorgung in Deutschland befindet sich in einem grundlegenden Wandel – hin zu mehr Klimaverträglichkeit. Dafür muss sie unabhängig von fossilen Energien werden. Bis 2030 sollen erneuerbare Energien mindestens 80 Prozent des Stromverbrauchs decken, aktuell sind es 60 Prozent. Neben Energie aus Wind spielt Solarenergie eine zentrale Rolle. Der Anteil von Photovoltaik an der Bruttostromerzeugung liegt derzeit bei zwölf Prozent – und dieser steigt. Grund dafür sind die sinkenden Kosten für Photovoltaikanlagen und die gute Verfügbar- keit. Zugleich hilft auch die Forschung dabei, Photovoltaikanlagen stets weiter zu verbessern. Forschende der Ingenieurwissenschaften an der HTWK Leipzig arbeiten beispielsweise daran, die Qualitätskontrolle und den Betrieb von Solarzellen zu optimieren und damit die Energie- ausbeute zu steigern. Auch mit Agri-Photovoltaik, dem Nutzpflanzenanbau unter oder neben Photovoltaikanlagen, befassen sie sich. Ebenso mit senkrecht installierten, bifazialen Solar- modulen. Diese nutzen auf beiden Seiten insbesondere die auf- und untergehende Sonne und verschieben die Verfügbarkeit der Solarenergie in die wertvollen Morgen- und Abendstunden. Um die Wirkung von Sonnenenergie als neuen Energielieferanten bestmöglich zur Geltung zu bringen, arbeiten die Forschenden zudem an einer Weiterentwicklung der Stromnetze: auch diese müssen leistungsfähiger, flexibler und intelligenter werden. — frb Vertikal installierte, zweiseitige Solarmodule auf einer landwirtschaft- lichen Nutzfläche ... und Wasserstoff Grüner Wasserstoff gilt als wichtiger Baustein der Energiewende: Er kann mittels gekoppelter Strom- und Wärmeerzeugung zur Erhöhung der Versor- gungssicherheit und zum Klimaschutz beitragen. Denn Wasserstoff kann aus erneuerbaren Energiequellen hergestellt, anschließend transportiert, gespei- chert und jederzeit wieder in andere Energieformen umgewandelt werden. Die Anwendungsmöglichkeiten sind sehr vielfältig. Wenn grüner Wasserstoff günstig verfügbar ist, wird er sich viele Einsatzgebiete in der Industrie und bei der Absicherung der Energieversorgung erschließen. Das Gas hat aber be- sondere Eigenschaften: Es ist das leichteste chemische Element und kommt gebunden im Wasser auf der Erde in großen Mengen vor. Zudem ist es im Ge- misch mit Luft schnell entflammbar und kann aufgrund der geringen Mole- külgröße Materialien leicht durchdringen. Seit Jahren arbeiten Wissenschaft und Wirtschaft daran, die Wasserstoffnutzung technisch sicher und zugleich wirtschaftlich zu gestalten. Die HTWK Leipzig forscht insbesondere zur Gasver- sorgungstechnik: So demonstrieren Forscher mit Partnern im Wasserstoffdorf in Bitter- feld-Wolfen, wie das Gas gefahrlos transportiert werden kann. Bisher zeigte sich, dass bestehende Erdgas-Verteilleitungen aus Kunststoff für Wasserstoff nutzbar sind. Eine Nachwuchsforschungsgruppe arbeitet hierzu auch an speziellen Sensoren zur Überwa- chung der Wasserstoffkonzentration im Erdgasnetz. In anderen Projekten untersucht die Hochschule mit Partnern den Betrieb von Wasserstoffturbinen im Energiesystem- Verbund und entwickelt für wasserstoffbetriebene Kraftwerke Betriebskonzepte. — frb Kann Wasserstoff durch beste- hende Kunststoff-Gasleitungen fließen? Das testen HTWK-For- scher im Wasserstoffdorf Bitter- feld-Wolfen im Wandel 11

Wirtschaftsförderung Den Mittelstand stärken Text: Katrin Haase Kleine und mittelgroße Unternehmen durchleben derzeit eine doppelte Transformation: Es gilt, sowohl Prozesse zu digitalisieren als auch nachhaltiger zu produzieren. Die HTWK Leipzig unterstützt den Mittelstand bei der digitalen und nachhaltigen Transformation und zeigt, dass beides miteinander zusammenhängen kann. 13

Das Netzwerk Mittelstand-Digital Die Zentren im Netzwerk vermit- teln kleinen und mittleren Unter- nehmen sowie dem Handwerk kostenlos und anbieterneutral Wissen über die Chancen und Herausforderungen der Digitali- sierung und unterstützen bei den ersten Schritten der Umsetzung. Dank der vom Bundeswirtschafts- ministerium geförderten Initiative existieren nunmehr 29 Mittel- stand-Digital Zentren im gesamten Bundesgebiet. Diese Zentren informieren, sensibilisieren und qualifizieren vor Ort mit Praxis- beispielen, Demonstratoren sowie Informations- und Netzwerkveran- staltungen. Durch den gegensei- tigen Austausch haben Unterneh- men die Möglichkeit, die Vorteile der Digitalisierung zu erleben. einer Kreislaufwirtschaft als Chance. Vor allem der breite Mittelstand ma- che sich laut Studie gerade auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit und digi- talisierten Prozessen. Deshalb sei es wichtig, Unterstützungsangebote zu schaffen, die Anreize für den nachhal- tigen Umbau von Geschäftsmodellen bieten. Genau hier setzt das Mittelstand-Digi- tal Zentrum Leipzig-Halle an. 2022 ge- gründet, bündeln die HTWK Leipzig, das Merseburger Innovations- und Technologiezentrum, die Stadt Halle (Saale), die Handwerkskammer Hal- le und das Bildungswerk der Sächsi- schen Wirtschaft ihre Kompetenzen, um KMU als wichtige Säule der Wirt- schaftsregion Leipzig/Halle zu stärken und sie auf dem Weg zu einer durch- dachten Digitalisierung und zu nach- haltigeren Prozessen und Produkten zu unterstützen. Seit 2023 steht die Prof. Oliver Crönertz im Lene-Voigt- Park unweit des Forschungs- campus Eilenburger Straße HTWK Leipzig dem Konsortium vor, betreut von den Wirtschafsprofesso- ren Oliver Crönertz, Holger Müller und Rüdiger Wink. Mit dem HTWK- seitigen Standort in Leipzig-Reudnitz versteht sich das Mittelstand-Digital Zentrum Leipzig-Halle als Informati- ons- und Netzwerkplattform für regio- nale KMU und Handwerksbetriebe in den Bereichen Nachhaltigkeit und di- gitale Transformation. Der Fokus liegt dabei auf nachhaltiger Wertschöpfung, optimalen Lieferketten, regionalen Kooperationen und innovativer Wis- 2022 eröffnete das Mittelstand-Digital Zen- trum Leipzig-Halle. Es unterstützt re- gionale Unternehmen bei den Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung Prof. Dr. Oliver Crönertz (*1982) ist seit 2020 Professor für Betriebswirtschaftslehre und IT-gestützte Unternehmens- prozesse an der HTWK Leipzig. Zuvor hatte er eine Professur an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden inne und war Gründer und Geschäftsführer eines Dresdner Software- und Beratungsunternehmens. Der Be- triebswirt promovierte im Bereich Umweltcontrolling an der Techni- schen Universität Bergakademie Freiberg. Er forscht zu digitalen Geschäftsmodellen und Technolo- giepotenzialen der Industrie 4.0. Neben seinem Engagement beim Mittelstand-Digital Zentrum unter- stützt er die Gründungsberatung Startbahn 13 sowie die HTWK Robots und ist Prodekan der Fakultät Digitale Transformation. 15

Wirtschaftsförderung Forschung und Unterstüt- zung an der HTWK Leipzig An der HTWK Leipzig haben sich neben dem Mittelstand-Digital Zent- rum Leipzig-Halle verschiedene Pro- jekte, die sich den Themen Digitalisie- rung und Nachhaltigkeit bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen wid- men, räumlich am Forschungscam- pus Eilenburger Straße zusammenge- funden: Zunächst einmal befindet sich die HTWK-eigene Gründungsberatung Startbahn 13 in unmittelbarer Nähe, die gründungsinteressierte Hoch- schulangehörige während der Vor- gründungsphase unterstützt. Von individuellen Coachings und Work- shops über Netzwerkevents bis zur Beantragung von Fördermitteln steht das Team allen Interessierten zur Sei- te. Auch Räume wie den Kreativraum und den Makerspace nutzen die Grün- dungsteams gern, um Ideen zu entwi- ckeln und erste Prototypen zu erstel- len. Sind die Teams einmal gegründet, können sie nahtlos Informationen vom Mittelstand-Digital-Team neben- an erhalten.  s13.htwk-leipzig.de Auf derselben Etage des Mittelstand- Digital Zentrums tüftelt ein For- schungsteam um Lutz Maicher an einer Digitalisierungstechnologie für kleine Organisationen mit geringer Di- gitalkompetenz. Der HTWK-Professor für Digitalisierte Geschäftsprozesse validiert mit Förderung des Freistaats Sachsen seit 2023 die von ihm mit- entwickelte webbasierte Technologie „samarbeid“. Die Open-Source-Anwen- dung ermöglicht ein strukturiertes und flexibles Management aller Auf- gaben und Arbeitsabläufe innerhalb einer Organisation. Teams können Stephanie Börner von der HTWK-Gründungsberatung Startbahn 13 im Gespräch mit Dr. Sven Preußer vom Mittelstand-Digital Zentrum Leipzig-Halle hier aufgabenzentriert zusammen- arbeiten und kommunizieren. Dabei erfasst, vernetzt und verwendet sa- marbeid als selbstlernendes System alle in den Aufgaben und Prozessen entstehenden Daten und Dokumente und passt sich auf dieser Basis an die Bedürfnisse und Entwicklungen der Nutzenden an. Aktuell wird der Proto- typ von samarbeid von zehn Organi- sationen in der täglichen Arbeit ein- gesetzt, außerdem identifizieren die Forschenden in einer Produktivitäts- studie besonders passende Schlüssel- branchen und Anwendungsszenarien für die Kollaborationslösung.  samarbeid.org Auch das Team „Data Navigator“ um Betriebswirtschaftsprofessor Holger Müller entwickelt und erprobt inno- vative Instrumente zur Unterstützung von KMU bei der Integration von Daten in betrieblichen Abläufen. Im Fokus stehen Webanwendungen und weitere Methoden wie Checklisten und Toolboxen, die es Unternehmen ermöglichen sollen, alle relevanten Aspekte ihres Geschäftsmodells hin- sichtlich der Datennutzung zu ana- lysieren und zu bewerten. Das Ziel des Teams ist es, dass Unternehmen durch diese Instrumente ihren Ent- wicklungsstand in den Bereichen Datenquellen, Datenverarbeitung und Datennutzung entweder selbststän- dig oder in Zusammenarbeit mit der HTWK Leipzig bestimmen können. Basierend auf diesen Erkenntnissen können dann gezielte Handlungsemp- fehlungen zur effektiveren Nutzung von Datenanalysen abgeleitet werden, um betriebliche Entscheidungen zu optimieren und die Wettbewerbsfä- higkeit zu steigern. —  htwk-leipzig.de/data-navigator 17

Geotechnik Vom Tagebau zum Badespaß Text: Dr. Franziska Böhl Rund um Leipzig gibt es etwa 20 Seen. Natürlich entstanden sind sie nicht: Damit aus den einstigen Tagebaulöchern Bade- seen werden konnten, mussten zunächst deren Böden fest und sicher sein – eine Aufgabe, mit der sich Geotechnikerin- nen und Geotechniker der HTWK Leipzig beschäftigen. 19

Sind die Pumpen einmal aus, kommt das Grundwasser zurück. Eine Verdichtung des Bodens ist hier wichtig, damit er nicht weggeschwemmt wird „Kippenböden sind eine besondere Herausforderung, da sie häufig locker gelagert sind und deshalb großen Belastungen nicht standhalten können“ Bénédict Löwe, HTWK Leipzig deshalb großen Belastungen nicht standhalten können. Um eine sichere und nachhaltige Nutzung zu ermögli- chen, ist eine gezielte Bodenverdich- tung oft unerlässlich. Dabei werden durch spezielle Verdichtungsgeräte große Kräfte in den Boden eingebracht, um die notwendige Bodentragfähig- keit zu erreichen“, erläutert Bénédict Löwe von der Forschungsgruppe Geo- technik an der HTWK Leipzig. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist das Wasser: Damit in einem Tage- bau überhaupt erst Kohle abgebaut werden kann, muss das Grundwasser so weit wie nötig abgesenkt und das überschüssige Wasser abgepumpt werden. Ist die Pumpe aus, steigt der Wasserspiegel wieder an. Die Gefahr, die nun besteht: Wenn das Wasser in den locker gelagerten Kippenböden ansteigt, kommt es zu erheblichen Absenkungen des Bodens. Außerdem kann sich der Boden verflüssigen; das ist für die Sicherheit von Böschungen ein großes Problem. Intensive Ver- dichtungen können auch diese Risi- ken reduzieren. Ein mögliches Verfahren ist die Rol- ling Dynamic Compaction (RDC): Böden werden dabei mit unrunden Walzenkörpern verdichtet. Wie das RDC-Verfahren auf Kippenböden wirkt, untersuchte die Geotechnik an der HTWK Leipzig bis zum Frühjahr 2023 vier Jahre lang. Das Ergebnis: „Das Verfahren kann Kippenböden mit einer oberflächennahen Bodenver- dichtung effektiv, präzise und sicher verbessern“, sagt Löwe. Das Lausitzer Revier ist heute nach dem Rheinischen das zweitgrößte Braunkohlerevier in Deutschland. Es besteht aus Ab- baugebieten in der Niederlausitz in Brandenburg und der nördlichen Oberlausitz in Sachsen. Hier wird seit dem 18. Jahrhundert Braun- kohle abgebaut, zunächst als Dünger oder zum Heizen. Braun- kohle diente zu DDR-Zeiten als Hauptenergiequelle, Zehntausen- de arbeiteten in Lausitzer Groß- tagebauen und Kraftwerken. Auch heute ist die Braunkohle-Industrie mit rund 7.400 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber der Region. Im Jahr 2021 wurden hier mit 46,8 Millionen Tonnen 37 Pro- zent der Gesamtbraunkohlemenge der Bundesrepublik gefördert. 21

Böschungssicherungsmaßnahmen er- forderlich. Und das nicht nur für den See, sondern auch für das nahegele- gene Autobahnkreuz „Leipzig Süd“: Es wurde komplett auf aufgefülltem Kippenboden gebaut. Damit diese Verkehrsflächen sicher sind, wurde der Bereich umfänglich verdichtet: 650.000 Tonnen Kies in bis zu 25 Me- ter Tiefe stabilisieren und entwässern den ehemals lockeren Kippenboden- Untergrund nun. Bodenverbesserung für die Weiternutzung Aus der Frage, wie der Boden ehema- liger Bergbauflächen weitergenutzt werden soll, leitet sich dann ab, ob und wie der Boden nach der Grund- sanierung im weiteren Verlauf verbes- sert werden muss. Denn damit Häuser, Brücken oder Straßen sicher stehen, muss der Baugrund besonders tragfä- hig sein; im Bereich von Seen müssen die Ufer- und Böschungsbereiche vor allem gegen Rutschungen geschützt werden. Sollen aber land- und forst- wirtschaftliche Flächen entstehen, sind neben der Tragfähigkeit für die Bearbeitungsmaschinen auch spe- zielle Bodenanforderungen für das Pflanzenwachstum zu beachten: diese brauchen lockere Böden, damit sich die Wurzeln ausbreiten und Halt fin- den können. Die an die Nachnutzung angepasste Bodenverdichtung ist deshalb ein ele- mentarer Bestandteil für alle bisheri- gen und zukünftigen Bauprojekte auf Kippenflächen und bedarf weiterer Forschung. „Bislang gibt es zum Bei- spiel keine baubegleitende Verdich- tungskontrolle und keine Bewertung der Verdichtung für die auf Kippenflä- chen üblichen Verdichtungsverfahren in Echtzeit“, so Ralf Thiele, Profes- sor für Bodenmechanik, Grundbau, Geotechnik „Besonders im Kontext von Struktur- wandel-Aufgaben kann die dynamische Intensivverdichtung zu einer ressourcen- und kosteneffizienten Sanierung von Tagebaufolgelandschaften beitragen“ Bénédict Löwe, HTWK Leipzig Bei der dynamischen Intensivverdichtung fällt ein 30 Tonnen schweres Gewicht auf den Boden 23

Ausblick Von der Erforschung und Entwicklung neuer geotechnischer Verfahren kön- nen nicht nur Bergbau-Unternehmen profitieren, sondern auch andere Ak- teure aus dem Bauwesen, denn bei vielen Baumaßnahmen sind die An- forderungen an die Bodendichte hoch. „Mit unserer Forschung schaffen wir mit effektiven Lösungen die Basis für Neues auf sicherem Grund und Bo- den. Beispielsweise können sich neue Industrien ansiedeln und so weiterhin kluge Köpfe nach Sachsen ziehen“, so Thiele. Und was passiert zukünftig im Tage- bau Profen? Hier bereitet die MIBRAG bereits die Rekultivierung des Abbau- feldes Schwerzau im Süden des Tages- baus vor, denn dieser Teil ist bereits ausgekohlt. Auch hier sollen künf- tig ein Badesee und an dessen Rand Windkraftanlagen entstehen. So trans- formieren sich ehemalige Braunkoh- letagebaue zu Seen und den grünen Energielandschaften von morgen. — Prof. Ralf Thiele am Hafen des Cospudener Sees auf einer ehe- maligen Tagebaulandschaft „Mit unserer Forschung schaffen wir mit effektiven Lösungen die Basis für Neues auf sicherem Grund und Boden. Beispielsweise können sich neue Industrien ansiedeln und so weiterhin kluge Köpfe nach Sachsen ziehen“ Prof. Ralf Thiele, HTWK Leipzig Prof. Dr.-Ing. Ralf Thiele (*1963) wurde 2006 auf die Professur für Bodenmechanik, Grundbau, Fels- und Tunnelbau an der HTWK Leipzig berufen. Der Bauingenieur promovierte 1996 an der Technischen Hochschule Leipzig im Rahmen von ersten gesamtdeutschen Forschungs- projekten. Zehn Jahre lang be- fasste er sich in der Baupraxis mit Walzenentwicklung und Verdich- tungskontrolle – zwei Forschungs- themen, die er an die Hochschule brachte. Hier entwickelte er den Forschungsbereich Geotechnik an der HTWK Leipzig, zu dem die Forschungsgruppe G2 Gruppe Geo- technik und die Transfergruppe GEONETIC gehören. Zuletzt war Thiele von 2019 bis 2023 Prorektor für Forschung der HTWK Leipzig. 25

Netztechnologie Gut vernetzt in die Zukunft Text: Katrin Haase Selbstfahrende Autos, Drohnen zur Flugzeuginspektion und Roboterhunde am Flughafenzaun – all das ermöglicht die Netztechnologie 5G. Ein Forschungskonsortium testet im Leipziger Norden zwischen Flughafen, DHL-Paketzentrum und BMW-Werk die Netztechnologie und untersucht poten- zielle industrielle Anwendungen. 27

1999 verwendete der britische Technolo- gie-Pionier Kevin Ashton erstmals den Begriff „Internet of Things“ (Internet der Dinge). Gemeint ist ein Netzwerk, das physische Objekte mit der virtuellen Welt verbindet Hochfrequenztechnik und Leiter des Arbeitspakets „Netzinfrastruktur und Edge-Computing“: „Das Mobil- funknetz selbst dient als Cloud für die Daten: Der Trend ist, die Daten so schnell und effektiv wie möglich zu übertragen. Für autonomes Fah- ren beispielsweise dürfen wir keine große Latenz haben, hier sprechen wir von Millisekunden.“ Das Prinzip, die Rechenleistungen gewissermaßen schon in die Antenne beziehungswei- se die Basisstationen zu bringen und damit den Weg bis zu weit entfernten Servern zu sparen, nennt sich Mobile- Edge-Computing. Einhaus weiter: „Das Mobile-Edge ist der Rand des Netzes. Es gibt verschiedene Konzepte, wo und wie Daten direkt im Netz be- rechnet und mithilfe von künstlicher Intelligenz analysiert werden können, und die testen wir derzeit und wählen die für die Tri5G-Anwendungsfälle passenden aus.“ Im Forschungsprojekt ist die HTWK Leipzig dafür zuständig, dass das 5G- Mobilfunknetz und das integrierte Mobile-Edge-Computing am Standort verfügbar ist und die benötigte Dienst- güte bereitgestellt werden kann. Dafür suchen die Forschenden die passen- den Technologien aus, führen zahl- reiche Messungen und Simulationen durch und bauen auf den gesammel- ten Daten mittels maschinellem Ler- nen Prädiktionsmodelle. In diesem Kontext werden darüber hinaus auch neue Konzepte für das sogenannte Network Slicing getestet, durch wel- ches einzelnen Nutzergruppen im 5G-Netz zukünftig Dienstgüte garan- tiert werden soll. Auch dies wird in den Modellen berücksichtigt, so dass anwendungsspezifisch die Dienstgüte Das Forschungsteam der HTWK Leipzig überprüft gemeinsam mit dem Praxispartner die Signalstärke der Antenne beim DHL-Paketzentrum (v. l.: Benedikt Streicher vom DHL Hub Leipzig, Konstantin Schmidt, Ola Bidhan, Prof. Michael Einhaus) der 5G-Mobilfunknetze vorhergesagt werden kann – ein Ausschluss-Krite- rium dafür, ob die gewünschten An- wendungen überhaupt denkbar sind. Darüber hinaus erarbeitet die For- schungsgruppe Konzepte für die Auto- matisierung und Optimierung des Mobilfunknetzbetriebs, insbesondere im Bereich industrieller 5G-Campus- netze. Im Drohnenflug Schäden finden Einer der 14 Anwendungsfälle der Praxispartner handelt vom Fliegen: Nach periodischen Abständen und nach Fremdeinwirkungen von außen werden die großen DHL-Flugzeuge geprüft. Inspekteurinnen und Inspek- teure suchen dafür stundenlang bei- spielsweise nach einem fingernagel- großen Eintrittsort eines Blitzes. Nun sollen sie technische Unterstützung erhalten: Dafür schwirrt eine kleine Drohne im Hangar an den großen gelben Flieger heran, umkreist ihn systematisch auf der Suche nach Schäden und wertet noch im Mobil- funknetz unter Einsatz von Mobile- Edge-Computing die bandbreitenin- tensiven Videodatenströme mittels künstlicher Intelligenz aus. Dafür trainierten Informatikerinnen und In- formatiker der Universität Leipzig die Software monatelang mit realen Bil- dern von Schadstellen an Flugzeugen wie Dellen, Rissen oder Lackschäden. Die künstliche Intelligenz dient als Entscheidungsunterstützung und ver- ringert somit die Zeit, in der die Ma- schinen stillstehen müssen. Das bietet wiederum einen Wettbewerbsvorteil. Autos rollen fahrerlos durch die Montagehalle Von der Luft nun auf die Straße zu einem anderen Anwendungsfall: Täg- lich rollen im Leipziger BMW-Werk mehr als 1.000 neue Fahrzeuge vom Band. Diese neugebauten Autos 29

Fahrt. Die moderne Fahrzeugtech- nologie und das flächendeckende 5G-Netz ermöglichen, dass per Video- schaltungen und Datenübertragun- gen Fachärztinnen und Fachärzte im Zielkrankenhaus bereits während der Fahrt eine Ersteinschätzung vorneh- men. Die Schockraum-Teamleitung sieht die Vitalparameter des ankom- menden Patienten live und kann so bereits wichtige Vorbereitungen tref- fen und das benötigte Fachpersonal für Noteingriffe kontaktieren, um den Patienten bei Ankunft im Kranken- haus schnell zu versorgen. Das Ret- tungswagenteam kann währenddes- sen unterwegs auf telemedizinische Beratung zugreifen und lebensret- tende Informationen wie Vorerkran- kungen schnell erhalten sowie die gemessenen Vitalparameter wie Blut- druck und Herzschlag übertragen. Das erspart Zeit und erhöht damit die Chancen, dem Unfallopfer rechtzeitig zu helfen und lebenswichtige Maß- nahmen einzuleiten. Zwischenfazit Viele dieser Anwendungen sind im Moment Zukunftsvisionen, doch im Forschungsprojekt nähern sich die Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler gemeinsam mit den Praxis- partnern Schritt für Schritt dieser neu- en Realität und räumen Hindernisse wie technische Hürden so weit wie möglich aus dem Weg. Die technische Umsetzung ist durchaus komplex und Grundlagenarbeit weiterhin vonnö- ten, um die 5G-Netzabdeckung in ho- her Dienstgüte auch wirklich sicher- 2019 wurde der Mobilfunkstandard 5G eingeführt. Vorteile sind schnelleres mobiles Netz, geringere Latenzen, Echtzeitübertragung und eine wachsende Zahl vernetzter Geräte Prof. Michael Einhaus auf dem Dach des DHL Hub Leipzig zustellen. Im September 2024 zeigt das Forschungskonsortium an einem Demonstrationstag Partnern und Be- teiligten am Flughafen Leipzig/ Halle, was bis dato möglich wurde. Auch auf Konferenzen und in einer abschlie- ßenden Studie werden HTWK-Profes- sor Einhaus und die Kolleginnen und Kollegen der Technischen Universität Dresden Ergebnisse der 5G-Netztech- nologie-Forschung veröffentlichen, da- mit auch andere industrielle Ballungs- gebiete von den Erkenntnissen aus dem Reallabor im Leipziger Norden profitieren können. — Prof. Dr. Michael Einhaus (*1976) ist seit 2019 Professor für Mobilfunk und Hochfrequenz- technik an der HTWK Leipzig. Davor war er an der Hochschule für Telekommunikation Leipzig tätig. Praxiserfahrungen als Entwicklungsingenieur sam- melte er bei Panasonic, bei den NEC Laboratories Europe und an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Nach dem Studium der Elektro- technik promovierte er über die dynamische Ressourcenvergabe an Mobilfunk-Schnittstellen. Neben der Veröffentlichung zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten ist er Mitinhaber diverser Patente und leistet umfangreiche Beiträge für die Standardisie- rung von Mobilfunksystemen. 31

AAL-Technologien Im Alter selbst- bestimmt wohnen Text: Katrin Haase Das Wohnen in den eigenen vier Wänden ist für ältere, kranke oder behinderte Menschen teilweise nur mithilfe technischer Hilfsmittel möglich. Wie der Einsatz von Kameras, Mikrofonen und Sensoren das Wohnen erleichtern kann, ohne die Privat- sphäre zu beeinträchtigen, erörtern Forschende aus 44 Ländern im europäischen Forschungsnetzwerk „Good Brother“. Gemein- sam definieren sie technische, ethische, rechtliche und soziale Rahmenbedingungen für audio- und videobasierte Alltagshilfen. 33

Optische Signale im infraroten Bereich sorgen für schnelle und abhörsichere Verbindun- gen. Prof. Slavisa Aleksic hält eine photonische Antenne (oben) sowie ein Empfangsgerät (unt- en) in den Händen und testet die Technologie im Versuchsaufbau Alternde Gesellschaft Der Anteil älterer Menschen nimmt in den nächsten Jahr- zehnten deutlich zu. Gleichzeitig wünschen sich die meisten Menschen, so lange wie möglich selbstbestimmt Zuhause zu woh- nen. Schätzungsweise sind bis zum Jahr 2030 etwa 13 Millionen altersgerechte Wohnungen von- nöten, um den voraussichtlichen Bedarf zu decken. Im Jahr 2022 gab es nur etwa 1,2 Millionen derartiger Wohnungen. Neben stufenlosen Böden, ebenerdigen Duschen und extrabreiten Türen können auch technische Hilfs- mittel die Barrieren des Alltags reduzieren. Daher sind AAL-Lö- sungen auch im Hinblick auf den Strukturwandel der Gesellschaft von zentraler Bedeutung. „Wir sollten AAL-Technologien weder vergöttern noch verteufeln. Sie können uns großartige Erleichterungen ermöglichen, bürgen aber zeitgleich immer die potenzielle Gefahr des Missbrauchs durch Unbefugte“ Prof. Slavisa Aleksic, HTWK Leipzig politischen Rahmenbedingungen für eine weitere Etablierung nötig sind und was Hersteller der Technologien bei der Entwicklung beachten sollten. Slavisa Aleksic, Professor für Netz- werktechnologien und Netzwerk- management an der HTWK Leipzig, bringt im Konsortium seine Experti- se zur technischen Machbarkeit ver- schiedener Maßnahmen ein. Sein Fokus liegt dabei auf Ansätzen, die ein hohes Maß an Datensicherheit und Privatsphäre garantieren, auch bezeichnet als „Privacy by Design“. So können beispielsweise optische Infrarot-Kommunikationssysteme schnelle und abhörsichere Verbin- dungen zwischen smarten AAL-Gerä- ten herstellen. Infrarotes Licht kann nicht durch Wände dringen; das ver- hindert ein Abhören außerhalb der eigenen vier Wände. Neben dem Einsatz sicherer Datenübertragungs- und Netzwerktechnologien sind eine smarte Verarbeitung der Daten direkt in den Endgeräten, Techniken zur Verschleierung wie Silhouetten- und Skeleton-Darstellungen, Anonymisie- rung und Pseudonymisierung sowie 35

verständlich über deren Nutzen und Risiken informieren können, müs- sen zunächst zahlreiche Hürden ab- geschafft werden. Die Weißbücher mit den Schwerpunkten Entwicklung, Politik und Anwendung geben hierfür erste wissenschaftlich geprüfte und interdisziplinär erarbeitete Richtungs- weisungen. Dazu zählen ebenso Emp- fehlungen für die Wissenschaft: „Uns hat bei der Analyse der derzeitigen Publikationen zum Thema AAL-Tech- nologien überrascht, dass bisher nur fünf Prozent der Forschungsarbeiten das Thema Privatsphäre beleuchten“, so Aleksic. Daher sei die Empfehlung an die wissenschaftliche Communi- ty, sich auf diese Aspekte vermehrt zu fokussieren. Auch gebe es zahlrei- che Forschungen zur Anwendung der künstlichen Intelligenz in AAL-Tech- nologien, jedoch nur wenige Studien, die solche Implementierungen in rea- len Umgebungen und konkreten An- wendungsszenarien wissenschaftlich beobachten und bewerten. Ausblick „Wir müssen alle Beteiligten einbe- ziehen und das Thema ganzheitlich betrachten, und zwar von der Grund- lagenforschung bis zur praktischen Umsetzung“, so Aleksic, denn die AAL-Technologien werden von Tag zu Tag besser: Sie könnten nicht nur einen Unfall melden, sondern bereits eine Gefahr vorhersagen und somit rechtzeitig warnen. Damit das keine Utopie bleibt, bringen die Expertin- nen und Experten im europäischen Forschungsnetzwerk „Good Brother“ technisch Mögliches mit rechtlich, sozial und ethisch Relevantem in Einklang. — Prof. Slavisa Aleksic im Innenhof der Fakultät Digitale Transformation Prof. Dr. Slavisa Aleksic (*1968) ist seit 2021 Professor für Netzwerktechnologien und Netz- werkmanagement an der Fakultät Digitale Transformation der HTWK Leipzig; zuvor war er an der Hoch- schule für Telekommunikation Leipzig und der Technischen Universität Wien (TU Wien) tätig. In Sarajevo geboren, studierte, promovierte und habilitierte er an der TU Wien im Fachbereich Elek- trotechnik und Informationstech- nik. Mit Best-Paper-Awards aus- gezeichnet und dank zahlreicher internationaler Forschungsprojek- te bestens vernetzt, entwickelt er schwerpunktmäßig Netzwerkkon- zepte, bewertet Netz-Performance und befasst sich mit der Energie- effizienz von Netzinfrastrukturen. 22 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland waren 2022 über 65 Jahre alt. In Sachsen lag der Anteil bei 26,6 Prozent 37

2. Im Fokus des an dritter Stelle prämier- ten Bildes von Michael Weise stehen unerwünschte Gasentladungen, hervor- gerufen durch die Überlagerung einer hohen Gleichspannung mit einer mittel- frequenten Wechselspannung. Solch ein Spannungsmix tritt in Geräten auf, die regenerativ erzeugte Energien übertragen und nutzen. Durch die Hochspannung und die hohe Feldstärke an der spitzen Elektrode wird die Luftstrecke zur Elek- tronik hin ionisiert – zu sehen als blaues Bündel konzentrierter Entladungen, deren Fußpunkte sich bewegen. Der Elektroin- genieur untersucht als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Elektrische Energietechnik, wann diese speziellen Gasentladungen auftreten, welches Stör- potenzial sie haben, wie sie erkannt und vermieden werden können. — sh/kh Den zweiten Preis teilen sich Daniel Matthes und Patrick Frenzel für ihr Foto beim Filmen eines Qualifikationsrennens im Kanurennsport. Die Ingenieure der For- schungsgruppe „Laboratory for Biosignal Processing“ entwickeln eine Software unter Verwendung künstlicher Intelligenz zur automatisierten Echtzeit-Wettkampf- analyse. Sie kann für jedes Boot in jedem Streckensegment die mittlere Geschwin- digkeit rein videobasiert ermitteln. Diese Information soll auch die Analyse der Wettkampftaktik der Konkurrenz in inter- nationalen Wettkämpfen ermöglichen. — sh/kh 3. 39

Dr. Tanja Korzer Dr. Reinhard Uehleke Für Dr. Tanja Korzer war der Fall der Mauer zugleich auch eine berufliche Wende. Zu dieser Zeit absolvierte sie eine Berufsausbildung mit Abitur zur Modedesignerin. „Dann ist alles den Bach heruntergegangen“, so Korzer. Die Be- rufsberatung des Arbeitsamts empfahl ihr ein Architek- turstudium. So bewarb sie sich an der HTWK Leipzig und gehörte zum zweiten Jahrgang des damals neuen Fach- bereichs: „Alle Professoren waren jung, hier wehte ein aufstrebender Wind.“ Sie fokussierte sich auf den Städte- bau und arbeitete bald als wissenschaftliche Hilfskraft an der HTWK Leipzig und der Universität Leipzig in Projekten zur Stadt-Umland-Beziehung sowie zur Handelsfunktion von Innenstädten. In ihrer Promotion untersuchte sie am Beispiel Torgau den Einfluss von Shoppingcentern in Klein- und Mittelstädten. Korzer: „Die Handelsfunktion ei- ner Innenstadt dünnt aus, weil Shoppingcenter kommen. Ich fragte mich, was die Center richtigmachen und ob die Idee, große Frequenzbringer an den Enden zu platzieren, auf Stadtzentren übertragbar ist.“ Während der sechs- jährigen Promotionszeit bekam sie zwei Kinder. „Ein europäisches Förderprogramm für die Wiederaufnahme der Promotion nach der Elternzeit hat mir den Wieder- einstieg erleichtert“, erinnert sie sich dankbar. Seit 2016 entwirft die heute 50-Jährige beim Leipziger Planungs- büro Urban Management Systems integrierte Stadtpla- nungskonzepte für Städte und Gemeinden. Die Pläne vereinen Mobilität, Grünflächen, Wirtschaft, Wohnraum und soziale Infrastruktur. Im Netzwerk Leipziger Freiheit berät sie außerdem Interessierte zum kooperativen und gemeinschaftlichen Bauen und Wohnen. Und was hält eine Städtebau-Expertin von Leipzig? „Ich mag die Vielfalt und die Quartiersidentitäten. Auch die kurzen Wege sind toll, so kann ich auf ein Auto verzichten.“ — kh Welche Daten sind nötig, um Zusammenhänge aufzu- decken? Fragen wie diese interessierten den heute 40-jährigen Dr. Reinhard Uehleke schon während seiner Abiturzeit in Würzburg. Um besser zu verstehen, wie politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Ent- wicklungen miteinander verflochten sind, entschied er sich für ein Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Bamberg. Nach dem Master arbeitete er dort in einem Forschungsprojekt zur privaten Alters- vorsorge. Sein Fazit: „Das menschliche Gehirn ist nicht dafür gemacht, über so lange Zeiträume zu planen.“ Ein Forschungsprojekt zur Gerechtigkeit und Zah- lungsbereitschaft im Klimaschutz führte ihn 2011 an die HTWK Leipzig. Hier und an der Europa-Universität Viadrina schrieb er seine Doktorarbeit und untersuchte darin, wie hoch die Bereitschaft in der Bevölkerung ist, Steuergelder in den Klimaschutz zu investieren und welche Faktoren diese beeinflussen. 2015 zog er nach Rostock, um wieder zur Zahlungsbereitschaft zu forschen – diesmal für das Tierwohl bei Produkten wie Fleisch, Eiern oder Milch. Später folgte er dem Ruf der dortigen Professorin für Agrarökonomie nach Bonn und schließlich nach Göttingen. Nach zwanzig Jahren Erfahrung an vielen deutschen Hochschulen verab- schiedete sich Uehleke kürzlich von der universitären Forschung und absolvierte eine Weiterbildung zum Data Scientist in Berlin. Dabei kombiniert er Wissen aus Mathematik, Informatik und der jeweiligen Bran- che, um Unternehmensentscheidungen zu fundieren und damit zu verbessern. In der Freizeit unterrichtet Uehleke Schulklassen im Windsurfen an der Ostsee oder fährt mit seinem Rennrad ins Berliner Umland. Außerdem freut er sich, endlich in derselben Stadt wie seine achtjährige Tochter zu wohnen und sie somit öfter zu sehen. — kh 41

Stressfreie Abkühlung im Sommer Hydromechanik regelmäßig und energieaufwendig durch Rückspülung gewaschen und der Sand jedes Jahr ausgetauscht und entsorgt werden. Um seine Produktidee auf den Markt zu bringen, suchte Wendt Mitstreiter- innen und Mitstreiter sowie Unter- stützung im Gründungsnetzwerk von Leipzig. Zum Team von Unique Clear gehören neben Wendt Tobias Damschke, verantwortlich für Marke- ting und Vertrieb, Philipp Scherer, zu- ständig für Finanzen und Verwaltung, und Henrik Reichstein, der durch seine Erfahrung als Geschäftsführer von Madebymade bereits Gründungs- erfahrungen mitbringt und dem Team beratend zur Seite steht. Zu- dem werden die Gründer von Antje Bornschein, HTWK-Professorin für Hydromechanik, Wasserwirtschaft und Wasserbau, als Mentorin unter- stützt. Ihre Kenntnisse über Hydrome- chanik und Strömungsprozesse helfen bei der Optimierung des Prototyps. Mithilfe von Startbahn 13 beantragte das Team Fördermittel – mit Erfolg: Seit Oktober 2023 erhält Unique Clear ein einjähriges EXIST-Gründungs- stipendium des Bundeswirtschafts- ministeriums. Im Frühjahr 2024 sollen Prototypen des Filtersystems in 20 Pools zu Test- zwecken installiert werden. Mit den daraus gewonnenen Kenntnissen will das Team die Marktreife des Poolfilter- systems bestätigen, das den Badespaß im klaren Pool versüßt. — sb  unique-clear.com An einem heißen Sommertag ins küh- le Nass zu springen ist für den Physi- ker Dr. Ralf Wendt Erholung pur. Am liebsten ins klare Wasser des heimi- schen Pools. Noch entspannter wäre er, wenn er nicht ständig die Poolfilter- anlage reinigen müsste. „Ich such- te nach einer Lösung für ein Reini- gungssystem, das für hervorragen- de Wasserqualität sorgt, aber wenig Arbeitsaufwand bedeutet und den Chlorgehalt im Wasser deutlich redu- ziert, und so entwickelte ich Schritt für Schritt einen textilbasierten Filter“, so Wendt über die Vorgeschichte von Unique Clear, einem Start-up, das er mit Unterstützung der HTWK-Grün- dungsberatung Startbahn 13 gründet. Beim Unique-Clear-System fließt das Wasser aufgrund der Schwerkraft durch einen Beutelfilter, dessen syn- thetische Membran das Wasser mit deutlich geringerem Energieaufwand und reduziertem Einsatz von Chemi- kalien wie Chlor reinigt. Durch die Technologie sparen Nutzerinnen und Nutzer bis zu 80 Prozent des Strom- verbrauchs und somit der Kosten ein. Außerdem ist das Filtersystem von Unique Clear durch die Verwendung von Standardanschlüssen in den meis- ten Pools einsetzbar. Auch die Reinigung des Filters ist ein- fach: Dafür reicht es, den Beutelfilter mit einem Gartenschlauch oder in der Waschmaschine alle paar Mona- te zu säubern. Bei bisher gängigen Sandfiltersystemen muss der Filter Lieben den Badespaß (v. l.): Dr. Ralf Wendt, Philipp Scherer, Tobias Damschke und Henrik Reichstein 43

Zu Besuch in Hamburgs Kampnagel: Früher baute die Maschinenfabrik fahrbare Krane für Schiffe und Häfen. Heute hat sich das ehemalige Indus- triegelände als einer der wichtigsten Kulturorte der Freien Szene Deutsch- lands etabliert. Das Produktionshaus bietet auf sechs Bühnen zeitgenössi- sche darstellende Kunst, Konzerte und Festivals; bis zu 180.000 Gäste nutzen pro Spielzeit die kulturellen Angebote. Die sukzessive Entwicklung Kamp- nagels von einer Industriebrache zum international renommierten Kul- turort ist für Annette Menting, Pro- fessorin für Architekturgeschichte und Baukultur an der HTWK Leipzig, beispielhaft. Die Forscherin und ihr Team untersuchen diesen und weitere Kulturorte in Fallstudien im Rahmen des transdisziplinären Forschungspro- jekts „Architektur und Raum für die Aufführungskünste“, das sie mit Bar- bara Büscher, Professorin für Theater- und Medienwissenschaft an der Hoch- schule für Musik und Theater Leipzig, durchführen. Sie werden dazu von der Deutschen Forschungsgemein- schaft für einen ersten Projektteil (2016–2021) und für ein Fortsetzungs- projekt (2021–2025) gefördert. Neue Anforderungen, neue Räume der Theaterbauten im Laufe der Jahr- zehnte veränderte. Nach dem Zwei- ten Weltkrieg wurden zahlreiche Auf- führungsorte wiederaufgebaut oder neu errichtet, gegen Ende der 1960er Jahre wurden nur noch wenige neue Theaterhäuser gebaut: Die Städte wa- ren nun ausgestattet oder nutzen vor- handene Räume neu. Im ersten Teil des Projekts verschaff- ten sich die Professorinnen und ihre wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen zunächst einen Überblick über die städtische Theaterszene in Deutsch- land. Dafür werteten sie Theater- statistiken, Bühnenjahrbücher und Fachzeitschriften aus. Sie registrier- ten eine große Anzahl an Spielstät- ten mit ihren verschiedenen Formen wie Schauspiel, Tanz und Perfor- mance. Im nächsten Schritt analy- sierten sie, wie sich die Architektur In dieser Zeit entwickelte sich auch die Freie Szene, die im Gegensatz zu etablierten Theatern unkonven- tionelle Konzepte verfolgte und sich ungewohnte Räume wie leerstehen- de Fabrikhallen erschloss. „Orte der Freien Szene müssen einerseits mög- lichst flexibel sein“, erläutert Men- ting: „Das Publikum wird vermehrt einbezogen und die Künstlerinnen und Künstler experimentieren mit dem Raum. Zuschauer- und Bühnen- bereiche werden je nach gewünschter Architekturgeschichte Die ehemalige Maschinenfabrik Kampnagel gehört heute zum Bündnis internationaler Produktionshäuser der zeitgenössischen performativen Künste Atmosphäre und Interaktion verscho- ben. Andererseits kommen sie mit weniger Technik aus und definierten somit neu, welche Grundausstattung ein Theater braucht.“ Mentings The- se: Es braucht viel weniger Technik als bisher angenommen, um einen guten Theaterraum zu etablieren. Kampnagel beispielsweise wird auch nach der derzeit vorgenommenen Sanierung keine Untermaschinerie unterhalb des Bühnenbodens haben und dennoch weiterhin zu einem wichtigen Ort der deutschen Kultur- szene gehören. Theater im ländlichen Raum In der zweiten Projektphase schauten sich die Forscherinnen für den Archi- tektur-Projektteil auf dem Land um. Sie konzentrierten sich zunächst auf 45

Elektrotechnik Schlanke Bauteile mit integrierter Elektronik Wände können in Zukunft dank Car- bonbeton deutlich schmaler sein: Hierbei wird der sonst übliche Beweh- rungsstahl durch Carbon ersetzt. Das reduziert den Betonverbrauch – denn Carbon rostet nicht und braucht daher keine dicke Schutzschicht aus Beton – und ermöglicht bis zu 80 Prozent dün- nere Wände bei gleicher Festigkeit. Bei schmalen Wänden bleibt nicht mehr viel Platz für die zahlreichen In- stallationsleitungen, die sonst darin verbaut sind. Leitungen, Kabelkanä- le und Schaltkästen sollten deshalb schon in der Bau- und Installations- phase reduziert werden. Möglich wird das mit dem industriellen Kommuni- kationsstandard AS-Interface. Im For- schungsprojekt „WallConnEct“ ent- wickeln HTWK-Forscher gemeinsam mit Partnern aus Elektrotechnik und Maschinenbau ressourceneffiziente Wandkonstruktionen samt integrierter Elektro- und Datentechnik. Das Bun- deswirtschaftsministerium fördert das Projekt bis Juli 2024 mit insgesamt 1,5 Millionen Euro. „Bei der AS-Interface-Technologie kom- munizieren zahlreiche Sensoren und Aktoren über ein und dasselbe Kabel miteinander. Selbst ihren benötigten Strom beziehen sie über dieses Ka- bel. Das spart Materialien und macht das System ausgesprochen robust und fehlersicher“, erklärt Projektleiter und HTWK-Professor Tilo Heimbold, der seit mehr als 30 Jahren AS-Interface mitentwickelt. Die Technologie ist heute bereits weltweit millionenfach im Einsatz und ermöglicht automati- sierte Prozesse in Flughäfen, Fabriken und Gebäuden. Heimbold: „AS-Inter- face wird bislang hauptsächlich in der Industrie verwendet. In unserem Projekt haben wir die Vorzüge der Technologie nun auch für Wohn- und Bürogebäude nutzbar gemacht.“ Ex- emplarisch entstanden Fertigteile für ein Büro-Wandelement. Die Fertigbauteile mit integrierter Elektroinstallation stellen die For- scher im Carbonbetontechnikum der HTWK Leipzig her. „Durch die Kombi- nation von AS-Interface mit einem der innovativsten und vielversprechends- ten Hochleistungswerkstoffe der letz- ten Jahre, dem Carbonbeton, können wir eine bis dahin nicht erreichte Ein- sparung von Baustoffen und Instal- lationskomponenten realisieren“, so Heimbold. — frb Diese schaltbare Steckdose im neu entwickelten Gehäuse verbindet ein AS-Interface-Kabel (oben) und eine 230-Volt-Zuleitung (unten) für eine automatisierte Kabeleinbringung und -kontaktierung in Carbonbeton-Wänden 47

Packen gemeinsam an (v. l.): Historiker Steffen Held, Architektur-Professor Ronald Scherzer-Heidenberger, Ge- meindemitglied Eta Zachäus und Geotechnik-Professor Ralf Thiele Jüdische Ruhestätte aus dem Dornröschenschlaf wecken Im Norden Leipzigs befindet sich seit 1928 der Neue Israelitische Friedhof. Die dortige Israelitische Religions- gemeinde hat es sich zur Aufgabe ge- macht, den in die Jahre gekommenen Friedhof zu erforschen, zu pflegen und zu erweitern. Eta Zachäus, Gemeinde- mitglied und Nachkommin von Holo- caust-Opfern, ist es gelungen, dafür viele helfende Hände zu akquirieren. Das Ziel: Den etwas in Vergessenheit geratenen Friedhof aus dem Dornrös- chenschlaf wecken und ihn als beson- deren Erinnerungsort etablieren. Die Geotechniker der HTWK Leip- zig beteiligen sich aktiv an der Erfor- schung: Sie erfassten unter der Lei- tung von Geotechnik-Professor Ralf Thiele die bisherige Gestaltungsgeo- metrie des Friedhofs und glichen diese mit den ehemaligen Bauplänen ab. „Im Laufe der wechselvollen Geschichte des Ortes fanden während der NS-Zeit schlecht dokumentierte Bestattungen und Urnenbeisetzungen statt, die nun aufgearbeitet und sensibel integriert werden müssen“, erläutert Eta Zachä- us die Herausforderung. Dazu zählen mutmaßlich auch Kinderbestattungen und ein Gräberfeld mit geschände- ten Grabsteinen des ersten jüdischen Friedhofs. Mittels Bodenradarmessungen ist es den HTWK-Forschern gelungen, einen Blick in den Untergrund zu werfen. Die Messungen geben Auskunft über die oberflächennahe Struktur des Bodens, woraus geschlussfolgert werden kann, ob sich an den vermuteten Stellen tat- sächlich Urnen oder Gebeine befinden könnten. Und das, ohne Erde umzu- schichten – der Boden gilt als heilig und die Totenruhe soll ungestört blei- ben. Auch Architekturprofessor Ronald Scherzer-Heidenberger bringt sich ak- tiv ein: Nach dem Einmessen und den geophysikalischen Untersuchungen erarbeitet er Pläne für eine Um- und Neugestaltung des Friedhofs: „Wir wol- len die historische Gestaltung wieder- herstellen und die Raumqualität auf den Erweiterungsteil des Friedhofs übertragen.“ Gemeinsam mit seinem Kollegen engagiert auch er sich aus Überzeugung dafür, dass der Erinne- rungsort in neuem Glanz erstrahlen kann und zukünftig vermehrt sowohl die Stadtgesellschaft als auch Nach- kommen aus aller Welt anzieht. — kh 49

Ob als Nahrung oder Arzneimittel – Naturstoffe spielen für die Zivilisa- tion eine herausragende Rolle. Über Jahrtausende sammelten Menschen Wissen über die Wirkungen von Pflan- zen, Pilzen, Insekten, Meeresorga- nismen sowie Bakterien und über- lieferten diese Kenntnisse zunächst mündlich, später schriftlich. Mitt- lerweile gibt es zahlreiche digitale Datenbanken, die dieses Wissen für die Lebensmittel- und die Pharma- forschung zugänglich machen. „Dabei kocht jeder sein eigenes Süppchen“, bemängelt Thomas Riechert. Der Informatikprofessor der HTWK Leip- zig initiierte daher gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Edgard Marx das Forschungspro- jekt „Dinobbio“ mit dem Ziel, vorhan- denes Wissen sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Seine Forschungsgruppe „Agile Knowledge Engineering and Se- mantic Web“ arbeitet dafür mit Chemi- kerinnen und Chemikern zweier in São Paulo ansässiger Universitäten zusammen, darunter mit der renom- mierten Naturstoff-Expertin Vander- lan da Silva Bolzani. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die brasilianische Stiftung FAPESP för- dern das Projekt über einen Zeitraum von drei Jahren. Brasilien dient mit seiner besonders großen Biodiversität gut als For- schungsfeld – allein zehn Prozent der weltweit existierenden Arten leben im Amazonas-Regenwald. Das inter- disziplinäre Team überführte wissen- schaftliche Ergebnisse aus mehr als 50 Jahren Forschung zur brasiliani- schen Biodiversität in die sogenannte Nubbe-Datenbank und verzeichne- te dort chemische, biologische und pharmakologische Eigenschaften von Naturstoffen. Die Kenntnisse fassen sie nun standardisiert und zertifiziert Informatik in einem Wissensgraphen zusammen und machen sie somit leichter zu- gänglich. Durch das Verknüpfen der Daten mittels Semantic Web sorgen die Forschenden dafür, dass Wissen- schaft und Industrie die Wirkstoffe leichter finden und anwenden kön- nen. „Neben der technischen Heraus- forderung, Datenbanken sinnvoll mit- einander zu verknüpfen, ist es mir ein persönliches Anliegen, Biodiversität als schützenswerte Ressource zu de- finieren, die den Reichtum eines Lan- des mitbestimmt“, fasst Riechert seine Motivation zusammen. Die Forschungsergebnisse des Pro- jekts samt wissenschaftlicher Me- thoden, Ansätze und einer Plattform für Wissensgraphen werden auf der Dinobbio-Website veröffentlicht und sind auch für andere Projekte in Län- dern mit ähnlich großer biologischer Vielfalt sowie in anderen Datenban- ken anwendbar. — kh  dinobbio.aksw.org Semantic Web Das World Wide Web basiert auf Textdokumenten, die mithilfe von Links verbunden sind. Im herkömmlichen Netz sind diese Verbindungen nicht bewertet oder begründet. Beim Semantic Web werden Informationen im Netz zueinander in sinnvolle Relationen gesetzt und so Zu- sammenhänge hergestellt. Das passiert durch Zuordnungen in Kategorien wie Subjekt, Prädikat und Objekt. Als Standardsprache hat sich dafür Resource Descrip- tion Framework (RDF) etabliert. 51

Saxony5 „Ameca“ beim SPIN2030-Auftakt in Leipzig Transferverbund wollen wir die Ver- netzung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft unterstützen, die Anzahl an Kooperationen erhöhen und die Verwertung von Forschungsergebnis- sen steigern. So werden einerseits die HAW in Sachsen und ihre Forschungs- ergebnisse noch sichtbarer und an- dererseits wird es für Unternehmen einfacher, Zugang zu Forschungs- ergebnissen zu erhalten. Kurzum: Das ist gelebter Wissens- und Technologie- transfer, den wir im Verbund stärken wollen.“ Davon überzeugen konnten sich vor Ort, im Carbonbetontechni- kum der HTWK Leipzig, Forschende der fünf HAW sowie weitere Interes- sierte aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft, darunter Politikerin- nen und Politiker, bei Vorträgen, Prä- sentationen und Exponaten. — frb „Das ist gelebter Wissens- und Technologietransfer“: Susanne Stump beim ersten Jahrestreffen von Saxony5 53

Projekte Saxony5 Im Anwendungsbereich Umwelt vermitteln die Forschen- den Lösungen für nachhaltiges Bauen, eine ökologische Gewässer entwicklung, umwelt- und sozialverträgliche Geschäftsstrategien und für mehr Biodiversität in Sachsen. Die HTWK Leipzig widmet sich dabei dem Schwerpunkt nach haltiges Bauen. Dieses beginnt bereits im Boden: Bei Baumaßnahmen werden große Erdmassen bewegt. Damit der Boden anschließend Bauwerke sicher und langfristig trägt, sind effiziente Verfahren zu dessen Nutzbarmachung unerlässlich Ein Anliegen in der Bausanierung ist es, kritische Che- mikalien in Gebäude- oder Bauteilen zu substituieren und zu eliminieren, beispielsweise müssen Holzschutz- mittel aus alten Dachstühlen oder Biozide aus Putzen entfernt werden. Darüber hinaus ist es mithilfe der Radiowellen-Technologie möglich, feuchte Mauerwer- ke schonend trocknen zu legen Alte Materialien und Werkstoffe zu recyceln, und damit Lösungen für eine Kreislaufwirtschaft zu entwickeln und zu etablieren, sind weitere Ziele. So untersuchen Forschen de der HTWK Leipzig alte Rotorblätter von Windkraftanlagen und Leichtbaumaterialien von Flugzeugen und arbeiten an Verfahren, um diese wiederzuverwenden Forschende der HTWK Leipzig arbeiten gemeinsam mit Partnern aus der Wissenschaft und Wirtschaft an der Zukunftstechnologie Carbonbeton. Im Carbonbetontechnikum, einer weltweit einzig- artigen Modellfabrik, erproben sie die automatisierte Fertigung von funktionalisierten Bauteilen aus dem Verbundwerkstoff 55

Bauwesen Recycling: alter Beton für neuen Estrich Mit Estrich werden im Bauwesen Tragschichten für Bodenbeläge hergestellt. Herkömmlicher Ze- ment-Estrich besteht aus Gesteinskörnungen wie Sand oder Kies, Zement als Bindemittel so- wie Wasser. Um die Ressourcen Sand und Kies zu schonen, suchten HTWK-Forscher gemeinsam mit einem Chemnitzer Fußboden-Hersteller nach Alternativen. Ob Rezyklate in Form von Beton- bruchstücken infrage kommen, die beim Abriss von Gebäuden entstehen, erforschten die Bauin- genieure bis Ende 2023, gefördert vom Bundes- wirtschaftsministerium. Bisher wird das gröbere Rezyklat aus alten Beton- bruchstücken größtenteils für den Unterbau von Straßen genutzt; das feine Rezyklat – der soge- nannte Brechsand – wird zumeist auf Deponien endgelagert. „In unseren Versuchen konnten wir zeigen, dass grobe Rezyklate mit Körnungsgrößen zwischen zwei und acht Millimetern als Gesteins- körnungen im Estrich eingesetzt werden können. Dadurch steigt tendenziell sogar dessen Biegezug- festigkeit, wodurch der Estrich weniger zu Rissen oder Brüchen neigt“, erklärt Ludwig Hertwig vom HTWK-Institut für Betonbau. Auch das bislang nicht verwendete feine Rezyklat kann im gemahlenen Zustand als Zusatzstoff die- nen. Es verhält sich ähnlich wie Kalksteinmehl, reduziert allerdings geringfügiger die Festigkeit. Eine Anfang des Jahres in Kraft getretene Norm im Bauwesen könnte diese Anwendung nun be- schleunigen: Demnach kann dem Zement auch feingemahlenes Betonrezyklat beigemischt wer- den. Das schont Ressourcen und macht alte Be- tonbruchstücke für neuen Estrich nutzbar. — frb Gemisch mit Altbeton-Anteil Pflanzenkohle – Potenzial als Baustoff? Pflanzenkohle wird derzeit als natürliche Kohlen- stoffsenke in Böden diskutiert. Weiteres Potenzial bietet sie im Bauwesen: Ähnlich wie Holzkohle, die durch das Verkohlen von Holz entsteht, kann Pflanzenkohle aus fast jedem organischen Mate- rial gewonnen werden, beispielsweise aus Stroh, Laub, Holzrinde oder Nussschalen. Zu Granulat verarbeitet könnte sie schließlich als Zuschlag- stoff im Innenputz beigemischt werden. Ob und wie Pflanzenkohle im Bausektor eingesetzt wer- den kann, ist bislang jedoch kaum erforscht. Das HTWK-Institut für Betonbau untersucht da- her gemeinsam mit zwei Praxispartnern, welche Pflanzen sich am besten für die Verkohlung und eine spätere Anwendung als Innenputz eignen. Noch bis Ende 2024 entwickeln sie, gefördert von Bundeswirtschaftsministerium, einen Lehm- putz mit Pflanzenkohle-Bestandteilen. Als klima- freundliche Alternative zu herkömmlichen Put- zen aus Zement, Gips oder Kalk könnte dieser einen kleinen Beitrag zur Senkung der CO2-Emis- sionen im Bauwesen leisten. „Als Zuschlagstoff für Putz eignen sich eher wei- che Materialien wie Hanfschäbe oder Fichten- holz, weil sich daraus leichte und poröse Kör- nungen herstellen lassen“, fasst Mitarbeiter Lars Hoffmann das Ergebnis der Materialstudie zusammen. Daneben entwickeln die Forscher das Rückbau- und Recyclingkonzept eines Lehm- Innenputzes mit Pflanzenkohle. — frb 57

 Auch das Optiklabor öffnete seine Türen: Hier werden Probe- karten mit Farbpigmenten mo- natelang mit Licht bestrahlt und die Farbänderungen registriert Experimente und Laborführungen Für die HTWK-Beteiligten war die Wissenschaftsnacht ein voller Erfolg: Regelrechte Besuchermagnete waren die Führungen und Präsentationen in den Laboren am zentralen Campus. „Wann kann man schon mal ins Inne- re eines Akkordeons oder in gläserne Sanitäranlagen schauen?“, staunte ein Informatik-Student, der die Wis- senschaftsnacht nutzte, um andere Lehr- und Forschungsbereiche ken- nenzulernen. Geöffnet war auch das Labor mit dem neuen Rasterelektro- nenmikroskop, bei denen die Inter- essierten sich in Live-Versuchen von der tausendfach höheren Auflösung des Großforschungsgeräts überzeu- gen konnten. Die zahlreichen Mitmachangebote zo- gen ebenfalls viele Gäste an: So konn- ten sie Roboter oder eine Photovoltaik- anlage steuern, Lehmziegel herstellen, smarte Materialien kennenlernen oder Tischtennisbälle bedrucken. Kinder konnten ganz ohne Program- mierkenntnisse ein eigenes kleines Fahrzeug bauen und Erwachsene sich Tatkräftig konnten Gäste am Stand der Forschungsgruppe FLEX eine Lehmwand bauen in einem Vortrag anhören, wie im Mu- seum oder Kunsthandel Fälschungen erkannt werden. Highlights gab es nicht nur am zentra- len Campus der HTWK in Leipzig-Con- newitz, sondern auch im Wiener-Bau im Musikerviertel zu sehen: Dort war unter anderem das Hochspannungs- labor der Fakultät Ingenieurwissen- schaften für jedermann geöffnet. Hier finden sonst Experimente mit bis zu 300.000 Volt statt. Am Abend konnten die Gäste dort physikalische Versuche sehen und die faszinierende Wirkung von Elektrizität erleben, darunter Gas- entladungen in der Luft, gleitend auf Oberflächen oder auch leuchtend im sogenannten Gasraum. In anderen Laboren konnten Besucherinnen und Besucher verschiedene Sensoren aus- probieren sowie Einblicke in Medizin- technik und die Nutzung von ChatGPT als Form der künstlichen Intelligenz erhalten. Wissenschaften 59

Im Wandel der Zeit: Aus dem Trainings-Operations- saal der HTWK Leipzig ist heute der Kreativraum der Gründungsberatung Startbahn 13 geworden. Dort treffen wir Tobias Pilic wieder Vom Operieren zum Gründen Vor zehn Jahren steht Tobias Pilic für das Cover der Einblicke 2014 im damaligen Trainings-Ope- rationssaal der HTWK Leipzig und schaut prü- fend auf eine Platine. Diese war Bestandteil eines Trainingssystems für die Aus- und Weiterbildung in der Herzchirurgie. Als Mitglied einer Medi- zintechnik-Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Werner Korb entwickelte Pilic eine Ul- traschall-Sensorik für künstliche Nervenwurzeln. Angehende Ärztinnen und Ärzte können mit die- sen Trainingsmodellen beispielsweise die Entfer- nung von Bandscheibenvorfällen oder wie hier den Ersatz von Aortenklappen üben. Pilics Senso- ren sorgen dafür, dass sich die Modelle mit künst- lichen Blutgefäßen und Nerven möglichst reali- tätsnah verhalten und Daten für eine Auswertung der Trainingsoperation senden. So können die an- gehenden Chirurginnen und Chirurgen die Hand- griffe üben und die Feinmotorik schulen. Mittlerweile ist aus dem Forschungsgebiet die Ausgründung RealSpine geworden. Passend also, dass auch der ehemalige Trainings-Operations- saal der HTWK Leipzig nunmehr der Kreativraum der hochschuleigenen Gründungsberatung ist. Startbahn 13 bietet hier Seminare und Coachings an, aber auch HTWK-Angehörige und Start-ups können den Raum kostenlos buchen, sei es für Brainstormings, Besprechungen, Konferenzen oder Netzwerk-Events. So treffen wir hier Tobias Pilic wieder: Nach lan- ger Zeit in Forschung und Entwicklung wechselte er in verschiedene Führungsrollen, unter ande- rem als Engineering Director bei Raylytic. Das Leipziger KI-Unternehmen verbessert die Patien- tenversorgung durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und Automation. Beispielsweise durch Software, die Röntgenaufnahmen vollautoma- tisch und höchstpräzise auswertet. 2023 wechsel- te Pilic zum Spezialisten für Cybersecurity Genua, wo er als Entwicklungs- und Niederlassungsleiter mit seiner Abteilung Bundesbehörden und kriti- sche Infrastrukturen vor Angriffen von innen und außen schützt. Neben dem Vollzeitjob gründete der Leipziger vor drei Jahren sein eigenes Start- up. Gemeinsam mit einem Kollegen entwickelt er Apps für die Digitalisierung in der Landwirtschaft. Nach der Arbeit entspannt sich der heute 35-jäh- rige Pilic auf dem Hochsitz seines eigenen Wal- des. Im Leipziger Umland gelegen, verbringt er dort gemeinsam mit seinen beiden Jagdhunden viele Abende und Wochenenden. „Das ist mein Ausgleich zur technischen Welt“, erläutert Pilic: „Während ich in der Natur bin, kann mein Gehirn den beruflichen Alltag verarbeiten und die Prob- leme des Tages lösen.“ — kh Blick zurück 61

Projektpartner und Förderungen Impressum Viele der im Forschungsmagazin vorgestellten Projekte werden durch öffentliche Förderprogramme unterstützt. Die Durchführung der Projekte erfolgt sowohl an der HTWK Leipzig als auch am Forschungs- und Transferzentrum der Hochschule. Wir be- danken uns bei allen Fördergebern für die Unterstützung. Ebenso bedanken wir uns bei unseren zahlreichen beteiligten Partnern aus der Praxis für die gute Zusammenarbeit. S. 12 ff., S. 47, S. 57: S. 17: S. 17, S. 43: S. 18 ff.: S. 26 ff., S. 56: S. 32 ff.: S. 42: S. 44 ff., S. 62: Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – Projektnummern 284156660 und 498129749 S. 50 f.: Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – Projektnummer 459288952 sowie FAPESP (São Paulo Research Foundation) S. 52 ff.: Diese Ausgabe des Forschungsmagazins Einblicke wird aus Mitteln des Projekts Saxony5 mitfinanziert, das im Rahmen des Bund-Länder-Programms Innovative Hochschule gefördert wird. Herausgeber Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig, Referat Forschung Postfach 30 11 66 | 04251 Leipzig Redaktion Katrin Haase (kh) (verantwortlich), Dr. Franziska Böhl (frb) und Dirk Lippik Telefon: +49 341 3076-6101 einblicke@htwk-leipzig.de Redaktionsschluss 30. April 2024 Weitere Autorinnen Stephanie Börner (sb), Susann Hannemann (sh), Stefanie Penzel (sp), Anika Schreyer (as) Corporate Design wenkerottke GmbH Grafisches Konzept, Layout, Satz und Grafik Aileen Burkhardt, punze typografie Druck Oeding Print GmbH, Erzberg 45, 38126 Braunschweig Gedruckt auf 100 % Altpapier, FSC®-zertifiziert XQ4 www.blauer-engel.de/uz195 Auflage 3.500 ISSN Print: 2194-4067, Online: 2195-9420 Bildnachweise Titelfoto, S. 20, 22 (u.), 40 (r.): Swen Reichhold  S. 2, 25, 53 (u.), 58, 60 (u.): Dr. Franziska Böhl  S. 3: Christian Hüller  S. 10 (o.): Ulrich van Stipriaan/TU Dresden/C3  S. 10 (u.): Prof. Alexander Stahr  S. 11 (o.): Next2Sun  S. 11 (u.), 14, 15, 47, 59: Katrin Haase  S. 16: Kristin Mohr  S. 17: Hengstfilm  S. 21, 24: Herrmann Busse  S. 22 (o.): Dr. Alexander Knuth  S. 23: Felix Oertel  S. 28, 30: Deutsche Post DHL/Jens Schlüter  S. 29, 31: Johannes Leupold  S. 34: EyeEm/freepik.com  S. 35, 37, 40 (l.), 41 (l.): Immo Fattroth  S. 36: Visualisierungen aus IPHD-Datensatz  S. 38: Stefanie Penzel  S. 39 (o.): Daniel Matthes, Patrick Frenzel  S. 39 (u.): Michael Weise  S. 41 (r.): Yulia Zlotnik  S. 42: privat  S. 43: Tom Nicklaus  S. 44–46: Louis Volkmann  S. 48, 49, 61, 62: Philipp Bamberg  S. 50 Marcio Isensee e Sá/Adobe Stock  S. 53 (o.): Ben Gierig/SMWK  S. 54 (o.): Peter Sebb/HWTD  S. 54 (m.): Max Höhne  S. 54 (u.): Bertram Bölkow  S. 55 (o.): Dr. Friedemann Sandig  S. 55 (l.): photo3idea  S. 55 (r.): Stephan Flad  S. 55 (u.): Pixabay  S. 56: Thomas Rosenthal  S. 57: Ludwig Hertwig  S. 60 (o.): Michèle Hubert