HTWK-Sprachkurs für ausländische Studieninteressierte befähigt für ein Studium an einer deutschsprachigen Hochschule
So wie die Sonne durchs Fenster strahlt Lea Blohm vor der Tafel: „Ich habe mich mit euren Frage beschäftigt.“ Sie, die Deutschdozentin, wollte besprechen, was der Unterschied zwischen „dennoch“, „trotzdem“ und „allerdings“ sei. Das wollten die 20 Teilnehmenden des Sprachkurses für ausländische Studieninteressierte gern wissen. Seit Ende Januar sitzen sie nun schon zusammen und lernen Wörter „die man im Alltag nicht braucht“, wie Noura Bwakem aus Syrien lachend erzählt. Denn Alltagsdeutsch beherrschen hier schon alle – die meisten Teilnehmenden weisen ein sehr gutes Sprachniveau vor.
„Abstraktionsvermögen“ und andere akademische Vokabeln für ein Studium sollen die Teilnehmenden innerhalb eines halben Jahres kennenlernen. 24 Unterrichtseinheiten pro Woche: An vier Wochentagen ist der Sprachkurs ihr Tagewerk. Am 18. Juli sollen sie die Test-DaF-Prüfung, einen zentralen Standardtest für Deutsch als Fremdsprache, ablegen, um das C1-Niveau nachweisen zu können. Das bedeutet: Sprachkenntnisse, die in Ausbildung und Studium wirksam und flexibel genutzt werden können, um sich strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten zu äußern. Erst dann dürfen Zugewanderte ein Studium in Deutschland beginnen. An ihrem freien Tag können die Teilnehmenden als Gasthörende in die Studiengänge hineinschauen und feststellen, welche Fachrichtung ihnen gefällt.
Begehrter Kurs: 70 Bewerbungen auf 20 Plätze
Bis es soweit ist, gibt es jedoch einige Dinge zu klären. Zunächst kamen etliche Studieninteressierte zu Juliane Keil. Sie ist Studienberaterin für ausländische Studierende und muss klären, ob „das Sprachniveau überhaupt ausreichend ist und ob rein formal ein Studium aufgenommen werden darf.“ Potentiellen Teilnehmenden rät sie dann zur Bewerbung. „Natürlich wäre es schön, möglichst viele der Teilnehmenden danach als Studierende an der HTWK Leipzig begrüßen zu dürfen. Eine Verpflichtung, hier an der Hochschule zu bleiben, gibt es jedoch nicht. Genau wie für alle anderen gilt auch für die Fremdsprachler und Fremdsprachlerinnen: Die Studiengänge sind zulassungsbeschränkt“, so die Beraterin.
Mehr als 70 Studieninteressierte hatten sich auf die 20 verfügbaren Plätze für den Deutschkurs beworben. Mithilfe eines Sprachtests wurden dann die Teilnehmenden ausgewählt: 15 Menschen mit Fluchthintergrund und fünf ohne. „Wir haben hier also die 20 Besten, die wir nun auf ein Studium in Deutschland vorbereiten.“ Sie kommen aus Syrien, dem Irak, dem Iran, Venezuela, der Türkei, dem Jemen, Spanien, Japan und Mexiko, und so vielfältig wie ihre Herkunft ist auch ihre Geschichte: Einige haben noch nie studiert, andere wollen ihr Studium in Deutschland fortsetzen und wieder andere waren in ihrer Heimat erfolgreich in ihrem Beruf tätig. Hugo Schwarzbeck aus Mexiko findet das amüsant: „Hier sind wir alle gleich. Wir müssen alle nochmal zur Uni.“
Gemeinsame Sprache verbindet
Finanziert wird das Programm vom DAAD aus Mitteln des BMBF im Rahmen des Projekts „Integra. Integration von Flüchtlingen ins Fachstudium“, das an der HTWK Leipzig von Margit Banusch, Dezernentin Studienangelegenheiten, geleitet wird. Das Programm ist für die Teilnehmenden eine enorme Entlastung, denn für Geflüchtete gibt es keine andere staatliche Förderung zur sprachlichen Vorbereitung auf ein Studium. So müssen sie zwar immer noch ihren Lebensunterhalt stemmen, aber die Kosten für den Sprachkurs werden übernommen.
Dr. Antje Tober, Leiterin Fremdsprachen an der HTWK Leipzig erklärt: „Es geht um mehr als nur die akademische Sprache. Reinschnuppern in die HTWK-Studiengänge, das Kennenlernen sowohl unserer Hochschule als auch von Leipzig als lebenswerte Stadt und all der Gegebenheiten rund ums Studieren in Deutschland.“ Mit dieser Vielfalt soll den potentiellen Kommilitonen und Kommilitoninnen der Einstieg ins Studium erleichtert werden. Hugo Schwarzbeck ist sehr froh über diese Möglichkeit: „Es sind alles lustige Menschen, nette neue Kontakte. Wir werden hier zusammen sehr gut vorbereitet.“ Er wünscht sich aber auch, näher an den „richtigen“ Studierenden dran zu sein. Aber bei dem vollen Wochenplan wird es wohl noch bis zum Regelstudium dauern. Bis dahin bringen Lea Blohm und zwei weitere Lehrkräfte des Hochschulsprachenzentrums ihnen noch einige „hochtrabende“ Worte bei. „Können wir mal Dialekt hören?“, fragt einer der Teilnehmer. „Etwas aus Bayern oder Norddeutschland, damit sich unsere Ohren daran gewöhnen?“ Lea Blohm verneint: Es geht hier schließlich um akademisches Deutsch und das Bestehen des TestDaF, bei dem regionale Zungenschläge keine Rolle spielen. Dr. Antje Tober fügt hinzu: „Der Deutschkurs legt seinen Schwerpunkt zwar auf die für den Hochschulbereich typische Sprache, aber die für die jeweilige Studienrichtung maßgebliche Fachsprache eignen sich die Teilnehmenden in ihrem späteren Studium an.“
Ankommen in Leipzig, ankommen an der HTWK
Auch dabei können sie Unterstützung bekommen: „Für eingeschriebene Studierende bieten wir einen Zusatzkurs ‚Deutsch für Ingenieure und Ingenieurinnen’ an, und für die Integration in den Studienalltag gibt es zum Beispiel ‚HTWK international‘ mit monatlichen Kaffeerunden in Kooperation mit dem Studentenwerk Leipzig“, so Tober weiter. Diese Angebote sind offen für alle internationalen Studierenden und nicht auf Geflüchtete beschränkt.
Darüber hinaus sollen mithilfe des Akademischen Auslandsamtes (AAA) Mentor*innen aus der Studierendenschaft die Erstsemester aus anderen Kulturen und nun auch die Teilnehmenden des Deutschkurses unterstützen.
Studieren ist nicht immer einfach. In einer fremden Sprache wird es noch ein bisschen schwerer. Mit Hilfe routinierter HTWK’ler kann es jedoch leichter werden. Und so bietet das Programm den Rahmen für einen erfolgreichen Start ins akademische Leben: Die sprachliche und kulturelle Vorbereitung auf ein Studium, die Unterstützung während der Studienzeit und schließlich auch Hilfsangebote beim Übergang ins Arbeitsleben. An der HTWK Leipzig muss keiner diesen Weg allein gehen.
Text und Fotos: Robert Weinhold