Kooperation mit US-Elite-Uni: MIT-Studentinnen schnuppern in HTWK-Forschungsprojekte
Alles begann mit einem Forschungsaufenthalt. Als Stephan Schönfelder im Jahr 2008 am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) im US-amerikanischen Boston weilte, war er weder Professor noch Angehöriger der HTWK Leipzig. Heute jedoch ist es seiner Vergangenheit und seinem Netzwerk – konkret: seiner Arbeit für das Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle (Saale) – zu verdanken, dass die beiden Bildungseinrichtungen in Boston und Leipzig miteinander kooperieren. Denn mit Alexandra Zele und Caralyn Cutlip sind über die Kontakte des Professors erstmals zwei MIT-Studentinnen für zehn Wochen in zwei Forschungsprojekte an der HTWK Leipzig eingebunden.
Obwohl die Eliteuniversität weit über die USA hinaus als erstklassige Adresse bei den Ingenieuren gilt, zollen die beiden 20-jährigen US-Amerikanerinnen den Leipzigern größten Respekt. „Wir haben schon nach wenigen Tagen festgestellt, dass die Qualitätsansprüche hier gewaltig sind“, berichtet Caralyn Cutlip, und ihre Kommilitonin Alexandra Zele fügt kurz vor dem Ende des Forschungsaufenthalts an: „Auch die Kommunikation in der Gruppe ist perfekt, wir sind in einem extrem engagierten Team wohlwollend aufgenommen worden. Dass ich kein Deutsch spreche, war mir anfangs peinlich, hat aber die Leute hier eher noch angespornt.“
Spannungsoptik und Gebäudehüllen
Schönfelder, seit 2014 Professor an der Fakultät Maschinenbau und Energietechnik, hat Caralyn Cutlip in seine werkstoffmechanische Forschung integriert. An der HTWK Leipzig geht Schönfelders Team unter dem Stichwort „Spannungsoptik“ der Frage nach, wie mechanische Spannungen in Materialien gemessen werden können, wenn diese mit polarisiertem Licht durchstrahlt werden. Mit dem Verfahren kann die Belastbarkeit von Solarzellen oder -modulen festgestellt werden – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu langlebigerer Technik. Ein paar Sommerwochen lang ist dieses Teamwork nun „internationale Zusammenarbeit“ – und kommt der jungen MIT-Studentin gerade recht: „Ich sehe meine berufliche Zukunft irgendwo in regenerativen Energien“, sagt Cutlip.
Derweil verkündet Alexandra Zele mit typisch amerikanischer Leichtigkeit, sie sei in „the other Stefan’s group“ untergekommen. Inklusive Nachname heißt das: bei Stefan Huth am Architektur-Institut Leipzig (ai:L), das von Professor Frank Hülsmeier an der Fakultät Architektur und Sozialwissenschaften geleitet wird. In der Forschungsgruppe wird im Projekt „C³Basisvorhaben 4 - Multifunktionale Bauteile aus Carbonbeton“ unter anderem die Integration von Photovoltaikmodulen in neuartige Carbonbeton-Fassadenelemente untersucht. Der innovative Ansatz erforscht, wie eine zukünftige Gebäudehülle zur Energiegewinnung genutzt werden kann – in ästhetischen und materialgerechten Lösungen, statt allzu technisch-monoton. „Für mich genau richtig, denn ich studiere am MIT Werkstoffwissenschaften“, sagt Alexandra Zele: „Die Einsatzmöglichkeiten in der Architektur sind ein weites Feld. Gut möglich, dass ich mich dort beruflich wiederfinde, aber am Ende des zweiten Studienjahres mag ich mich da noch nicht festlegen.“
Leipzig-Wiedersehen fest geplant
Nach Deutschland gekommen sind die Studentinnen mithilfe des Stipendiums durch MISTI, ein MIT-internes Förderprogramm. Für Caralyn Cutlip ist es der erste Aufenthalt in Europa, Alexandra Zele war zuvor schon einmal in Bremen. Beide haben deutsche Vorfahren – weswegen innerhalb der zehn sommerlichen Wochen mehrere Deutschlandreisen mit Verwandtschaftsbesuchen und sogar eine Hochzeit auf dem Plan standen. Schon jetzt verspüren beide „a strong desire to come back“. Das Leipzig-Virus hat offenbar zugeschlagen, beispielsweise beim Radfahren durch den mit Familien bevölkerten Clara-Zetkin-Park (Cutlip: „Atmosphere!“) und am Cospudener See (Zele: „The Lake!“). Auch die HTWK Leipzig sei buchstäblich in einer „glücklichen Lage“, meinen beide und spielen auf die Umgebung rund um den Campus an. Man fühle sich sofort eingebunden in einer tollen Stadt. Zwar liege der heimische MIT-Campus zwar auch mitten in der Stadt, sei aber ein kleines eigenes Universum, wie eine Blase, die man nicht verlässt.