Die zweite Quantenrevolution: von der Grundlagenforschung zur Anwendung
Die Quantenmechanik bildet das Fundament zahlreicher Technologien, die unseren Alltag prägen. Beispiele hierfür sind Glasfasernetze, Smartphones, Satellitennavigation, Magnetresonanztomographie (MRT) und Lasertechnologien in der Medizintechnik sowie Fertigungsverfahren wie Laserschweißen und -schneiden. Diese Anwendungen beruhen auf der Quantisierung von Energie und Impuls, den Grundpfeilern der Quantenphysik.
Seit den Anfängen der Quantenmechanik haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jedoch mit weitergehenden Vorhersagen dieser Theorie gerungen, die unserem intuitiven Verständnis der Welt zu widersprechen scheinen. Dazu zählt das Superpositionsprinzip, bei dem Teilchen in einer Überlagerung mehrerer Zustände existieren können und erst durch eine Messung einen bestimmten Zustand annehmen. Ein weiteres Phänomen ist die Quantenverschränkung: Unabhängig von der räumlichen Trennung beeinflusst die Messung eines Teilchens unmittelbar den Zustand des verschränkten Partners. So ungewöhnlich dieses Verhalten auch erscheint, es wurde in zahlreichen Experimenten bestätigt. Heute stehen wir an der Schwelle, diese Prinzipien für technologische Anwendungen zu nutzen. Einige Systeme, wie Quanten-Zufallszahlengeneratoren und abhörsichere Kommunikationsmethoden basierend auf Quantenkryptographie, sind bereits kommerziell verfügbar. Andere, wie Quantensimulatoren zur Modellierung komplexer Systeme und hochpräzise Quantensensoren, finden in der Grundlagenforschung Anwendung. Der Vortrag bietet einen Einblick in den aktuellen Stand der Forschung und der Kommerzialisierung von Quantentechnologien sowie einen Ausblick auf mögliche weitere Anwendungen.
Johannes Deiglmayr ist Experimentalphysiker und leitet die Forschungsgruppe Quantenoptik an der Universität Leipzig. Sein Physikstudium absolvierte er an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der University of Washington in Seattle (USA). In seiner Promotion im Rahmen eines binationalen Programms an der Université Paris-Sud (Frankreich) und der Universität Freiburg untersuchte er die Erzeugung und die Eigenschaften ultrakalter Moleküle. Anschließend vertiefte er an der ETH Zürich (Schweiz) seine Forschung zu Wechselwirkungen von Atomen und Molekülen bei extrem tiefen Temperaturen – ein Feld, das grundlegende Einsichten in quantenphysikalische Prozesse ermöglicht. Seit 2020 ist er außerplanmäßiger Professor an der Universität Leipzig. Für seine Arbeiten wurde er mit dem Nernst-Haber-Bodenstein-Preis der Deutschen Bunsengesellschaft ausgezeichnet.