Realistischer Liberalismus
Freiheit ist ein fundamentaler politischer Wert, und in Gestalt von Freiheitsrechten steht dieser Wert im Zentrum der politischen Strukturen jeder liberalen Demokratie. Der Vortrag geht der Frage nach, wie dieser Zusammenhang näher zu verstehen ist, und welche Art der Rechtfertigung für diese politischen Strukturen angemessen und realistisch ist. Ich setze mich dabei mit der einflussreichen Theorie von John Rawls auseinander, die als die wichtigste moderne Diskussion des politischen Liberalismus anzusehen ist. Rawls versucht, die Grundstrukturen der liberalen Demokratie aus einem Pluralismus von Moralvorstellungen und weltanschaulischen Überzeugungen herzuleiten, wobei ein vernünftiger Konsens der Bürger das entscheidende Kriterium der Legitimation sein soll. Ich vermute, dass wir mit weniger auskommen müssen, aber auch mit weniger auskommen auskommen können, und ich hoffe, dass sich so ein realistischeres Bild des politischen Liberalismus und seiner Rechtfertigung ergibt.
Mario Brandhorst ist Professor für Praktische Philosophie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Er hat Philosophie und Neuere deutsche Literatur in Tübingen, Berlin und Oxford studiert. 2007 wurde er in Oxford mit einer Arbeit über praktische Vernunft promoviert und war ab 2006 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Praktische Philosophie an der Georg-August-Universität in Göttingen tätig. Dort habilitierte er sich 2018 mit einer Arbeit über Ethik und Evolution. Nach Professurvertretungen in Bielefeld und Mainz trat Mario Brandhorst 2022 seine Professur in Halle an. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der Ethik und der Geschichte der Philosophie, vorrangig vom 18.-20. Jahrhundert. Er forscht zur Theorie der normativen Ethik, zur Metaethik, zur Idee der Menschenwürde und zur Frage der Begründung des politischen Liberalismus.