Am 23. März 2020 verstarb der anerkannte Hochschullehrer und unser hochverehrter Kollege Prof. Dr.-Ing. Rainer Agsten
Rainer Agsten wurde am 16. April 1944 in Leisnig bei Leipzig geboren. In Leipzig besuchte er die Schule und studierte nach erfolgreichem Abitur an der Technischen Universität Dresden. Dabei wurde er durch so bekannte Hochschullehrer wie Prof. Dr.-Ing. Norbert Elsner und Prof. Dr.-Ing. habil. Günther Kraft gefördert und geprägt. 1968 schloss er sein Studium erfolgreich ab um nahtlos eine Aspirantur am damaligen Lehrstuhl für Kältetechnik anzutreten, die er bereits nach drei Jahren mit dem Prädikat „summa cum laude“ als Dr.-Ing. abschloss. Als promovierter Kältetechniker arbeitete er viele Jahre am international renommierten Lehrstuhl von Prof. Heinz Jungnickel, dem Vorreiter der Kältetechnik an der TU Dresden. Die Arbeit unter den national und international anerkannten Wissenschaftlern und Hochschullehrern prägten seine spätere berufliche Tätigkeit maßgeblich. Eine Gastlehrtätigkeit führte Agsten beispielsweise an die Universidad de Oriente in Santiago de Cuba. Seinem Wesen entsprechend lernte er eigens dafür Spanisch. Wer Rainer Agsten kannte und mit ihm gearbeitet hat, weiß, dass es für ihn selbstverständlich war, die „Facultas docendi“ zu erwerben.
Rainer Agsten war Co-Autor des Hochschullehrbuchs „Grundlagen der Kältetechnik“ sowie Gründer und Leiter einer Arbeitsgruppe zu umweltorientierten Fragestellungen der Kältetechnik. Nach fachlichen Erfolgen an der TU Dresden zog es ihn in die Industrie – ins Institut für Luft- und Kältetechnik Dresden. In weniger als fünf Jahren stieg er dort vom Arbeitsgruppenleiter zum Referenten des Direktors auf. Mit der politischen Wende in Deutschland ging Rainer Agsten als Projektleiter des Forschungsthemas „Ökomethan“ zurück an die TU Dresden. Neben seiner Forschertätigkeit war der Wissenschaftler auch als Dozent für Kälte- und Klimatechnik tätig.
Seine Zeit an der HTWK Leipzig
Kurz nach Gründung der HTWK Leipzig im Jahr 1992 wurde Rainer Agsten zum Professor für Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik an die damalige Fakultät Maschinenbau und Energietechnik berufen. Als einer der Mitarbeiter der ersten Stunde beschritt er seinen Weg als anerkannter Wissenschaftler und nun auch als Hochschullehrer sehr geradlinig und mit Konsequenz. In seinen ersten Jahren, damals noch in Markkleeberg, war er für die Ausbildung universitärer Diplomingenieure verantwortlich. Seine Tätigkeiten auf dem Gebiet der Kältetechnik ließen ihn nicht los – für ihn war es daher eine Selbstverständlichkeit, sein Berufungsgebiet um Lehrveranstaltungen zur Kälte- und Tieftemperaturtechnik zu erweitern und der jungen Generation seine Kenntnisse weiterzugeben. Als Hochschullehrer verstand er es, auf die Studierenden zuzugehen, auf sie einzugehen und sie gleichzeitig bis an die Leistungsgrenzen zu fordern und zu fördern. Seine Absolventen und Absolventinnen arbeiten heute als anerkannte Kälte- und Klimatechniker in weltweit tätigen Firmen wie Faivley und Bizzer oder promovierten an seiner ehemaligen Wirkungsstätte, der TU Dresden.
Neben seiner Lehre, die er stets gern und mit Ideenreichtum, Engagement und Liebe gestaltete, stellte er sein umfangreiches wissenschaftliches Knowhow erfolgreich der Industrie zur Verfügung. Viele Diplomarbeiten und eine beachtliche Anzahl von Forschungsleistungen belegen seine wissenschaftliche Tätigkeit.
Für die Entwicklung eines dezentralen Lüftungsgerätes bekam Rainer Agsten 2004 den Innovationspreis der Stadt Leipzig verliehen. Im Jahr darauf wurde ihm für seine gemeinsam mit der Klinik für Orthopädie der Universität Leipzig durchgeführten wissenschaftlichen Arbeiten dieser Preis ein zweites Mal verliehen. Arbeiten zur energetischen Effizienz von Anlagen, insbesondere unter Beachtung einer aus bauphysikalischer Sicht sinnvollen Feuchtebilanz, waren für ihn Herzenssache.
Lehre und Forschung waren zwei Seelen, die in seiner Brust wohnten, eine dritte war sein ständiges Bemühen, die Außenwirkung der HTWK, seiner Hochschule, zu verbessern. 1997 übernahm Rainer Agsten die Leitung der Fakultät Maschinenbau und Energietechnik. Als Dekan war er maßgeblich für die Organisation und Durchführung wissenschaftlicher Veranstaltungen verantwortlich. Nicht nur, dass er die Festschrift für „50 Jahre Energietechnikausbildung am Standort Markkleeberg“ maßgeblich mit auf den Weg brachte, er legte auch den Grundstein für die zweitägige wissenschaftliche Fachveranstaltung „Energie + Gebäudetechnik“. Mehr als 200 regelmäßige Teilnehmende zeugen vom hohen Niveau dieser 2-jährigen Tagung, der er bis zu seiner Emeritierung als Tagungsleiter und Programmverantwortlicher vorstand. Außerdem war er Mitbegründer und Initiator des Instituts „LEGUT“ (Leipziger Institut für Energie- und Umwelttechnik; Nachfolger ist seit 2019 das „EGU“ - Institut für Energie-, Gebäude- und Umwelttechnik).
2003 wurde Rainer Agsten Prorektor für Wissenschaftsentwicklung der HTWK Leipzig. Er hat entscheidenden Anteil daran, dass die HTWK Leipzig heute ein anerkanntes Profil besitzt und zu den forschungsstarken Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Deutschland gehört. Kurz nachdem er das Prorektorat 2006 aufgegeben hatte, zwang ihn eine schwere Krankheit für ein Jahr, sein Arbeitszimmer gegen ein Zimmer im Krankenhaus zu tauschen. Ob ihm die Ärzte die Rückkehr in seinen Beruf als „Reha“ empfohlen hatten oder ob es sein „eiserner Wille“ und seine Liebe zur Lehre waren hat niemand je erfahren. Kaum genesen, war er wieder bei seinen Studierenden, in seiner Fakultät. Dieser blieb er bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden im Jahr 2009 treu. Auch danach hat er jede Gelegenheit genutzt, seine Hochschule und seine Fakultät zu besuchen, den Kontakt zu allen ihm vertrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu halten. 2009 wurde Rainer Agsten mit der Jakob-Leupold-Medaille der HTWK Leipzig für besondere Verdienste um die Hochschule ausgezeichnet.
Rainer Agsten hatte noch viele Pläne, die er sich als Pensionär erfüllen wollte. Leider ist es ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht vergönnt gewesen, alle davon in die Tat umzusetzen. Neben seiner hohen fachlichen Reputation zeichnete sich Rainer Agsten durch eine sehr wohltuende Kollegialität aus, die sowohl menschliches als auch fachliches Miteinander förderte. Ihm war die über viele Jahre anhaltende schöpferische und angenehme Atmosphäre an der Fakultät zu verdanken. Rainer Agsten war ein weit über die Grenzen der TU Dresden, des ILK Dresden und der HTWK Leipzig hinaus bekannter Wissenschaftler. Wir - die Fakultät, Kollegen und Kolleginnen, Freunde und Freundinnen – haben ihm sehr viel zu verdanken. Wir verlieren mit ihm einen anerkannten Wissenschaftler und hervorragenden Hochschullehrer. Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.