HTWK Leipzig erforscht im Projekt EuReCOMP wie Verbundwerkstoffe recycelt und wiederverwendet werden können.
Für das Gelingen der Energiewende, eine CO2-freie Wirtschaft und Klimaneutralität braucht es eine Kreislaufwirtschaft, in der Ressourceneinsatz, Abfallproduktion, Emissionen und Energieverbrauch bestmöglich verringert sowie Material- und Energiekreisläufe geschlossen werden.
Aktuell gibt es jedoch keine nachhaltigen Methoden und Abläufe für das Recycling und die Wiederverwendung von Verbundwerkstoffen in Europa, die unter anderem in Komponenten von Windkraftanlagen oder dem Flugzeugbau verwendet werden. Diesem Thema widmet sich ab April 2022 Robert Böhm, Professor für Leichtbau mit Verbundwerkstoffen, von der Fakultät Ingenieurwissenschaften der HTWK Leipzig gemeinsam mit 19 weiteren Partnern im europäischen Verbundprojekt EuReCOMP.
„Unser Team untersucht im Projekt EuReCOMP an der HTWK Leipzig eine hochaktuelle und angesichts der derzeitigen Entwicklung auch hochpolitische Fragestellung: Wie können wir in kürzester Zeit in Europa Hochtechnologie-Branchen wie die Luftfahrt und Schlüsselsektoren wie die Windenergiebranche auf Kreislaufkonzepte umstellen? Das Thema Recycling ist dabei nur eine Komponente eines größeren strategischen Ansatzes, den wir an der HTWK Leipzig mitentwickeln", erläutert Prof. Böhm das Vorhaben.
Die R6-Strategie
Der Weg hin zu einer Kreislaufwirtschaft, die auch zukünftig das Recycling und die Wiederverwendung von Komponenten aus Verbundwerkstoffen beinhalten soll, lasse sich, so die Wissenschaftler:innen des EuReComp Projektes, über die R6-Strategie realisieren: Reuse (Wiederverwendung), Repair (Reparatur), Refurbish (Sanierung), Remanufacture (Wiederaufarbeitung), Repurpose (Umnutzung) und Recycling.
Entwicklung neuer Recyclingverfahren
Im Forschungsprojekt EuReComp wird das Team von Prof. Böhm an der HTWK Leipzig zwei Wege verfolgen und erforschen:
➤ 1st Generation Demo Case | alte Bauteile/Komponenten wiederverwenden
➤ 2nd Generation Demo Case | alte Bauteile/Komponenten recyceln und zu neuen Bauteilen verarbeiten
Die 2nd Generation Demo Cases sind vor allem für die Automobilindustrie und für Anwendungen im Schiffbau von großer Bedeutung. Zwar ist das Recycling von Komponenten aus Faserverbund-Werkstoffen auch heute schon möglich, allerdings ist das einzige marktfähige Verfahren, die Pyrolyse, sehr umweltschädlich.
Bei der Pyrolyse, einem thermochemischen Umwandlungsprozess, werden organische Verbindungen bei sehr hohen Temperaturen und weitgehend unter Ausschluss von Sauerstoff gespalten. Die entstehenden Produkte können vielfältig wiederverwendet werden. Jedoch ist jeder Umwandlungsprozess mit schädlichen Emissionen verbunden, die es in Zukunft zu mindern oder zu vermeiden gilt.
Prof. Böhm wird daher im EuReComp-Projekt gemeinsam mit den sächsischen Partnern, der TU Dresden, der Elbe Flugzeugwerke GmbH und dem Kunststoff-Zentrum Leipzig parallel auch drei neue umweltfreundliche Recyclingverfahren weiterentwickeln, eng verzahnt mit den sächsischen Aktivitäten der Leichtbau-Allianz-Sachsen. ( Link https://leichtbau-allianz-sachsen.de/circecon/)
Forschungsaufgaben der HTWK Leipzig
Im Detail werden die Wissenschaftler:innen aus Sachsen folgende Themen erforschen:
➤ 1) Innovative Demontage- und Sortiersysteme, die die Wiederverwendung und das funktionelle Recycling komplexer Verbundwerkstoffe ermöglichen;
➤ 2) Neuartige Lösungen für eine höhere Wiederverwendung ganzer Produkte und Komponenten, d.h. Wiederverwendbarkeit der Produkte, Upcycling usw.“
➤ 3) Pilotdemonstrationen von Wiederverwendungs- und Recyclingkonzepten für Verbundwerkstoffe und Sekundärrohstoffe;
➤ 4) Instrumente zur Demonstration der Kreislaufwirtschaft und der Umweltvorteile der getesteten Lösungen sowie
➤ 5) Gestaltung von Lernressourcen in Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Bildungseinrichtungen für aktuelle und künftige Generationen von Arbeitnehmern.
„Wir widmen uns auch der Frage, wie wir die Eigenschaften der zum Teil mehr als 25 Jahre alten Bauteile bestimmen, berechnen und bewerten können. Ohne die Kenntnis dieser Zusammenhänge können Bauteile aus recycelten Werkstoffen nicht in der Praxis eingesetzt werden“, so Prof. Böhm.
Das Kick-Off-Meeting für das europäische Verbundprojekt EuReCOMP findet am 27. April 2022 in Athen statt.
ECKDATEN Projekt EuReCOMP
Projektbeginn: April 2022
Förderung: Das Verbundprojekt wird bis Frühjahr 2026 vom zentralen Finanzierungsprogramm der Europäischen Union für Forschung und Innovation, Horizon Europe, gefördert.
Projektkoordinator: National Technical University of Athens (Griechenland)
Hochschulpartner: Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik TU Dresden, Politecnico di Torino (Italien), University of Patras (Griechenland)
Industriepartner: Elbe Flugzeugwerke GmbH (Luftfahrt-Zulieferer), Dallara Automobil (Automobilindustrie, Italien), Anthony, Patrick and Murta Exportacao (Windenergiebranche, Portugal) und IRES (Life Cycle Assessment, Belgien)
Forschungsinstitut: Kunststoff-Zentrum in Leipzig gGmbH