„Sicher sein und sicher fühlen – Mit Sicherheit HTWK“ – Unter diesem Motto stand der 3. Tag der Familie am 8. November 2017. Neben Infoständen wurden auch verschiedene Wokrshops angeboten – zum Beispiel Wendo.
Nach der Arbeit im Park joggen gehen – für viele ein Ausgleich zum Job. Aber jetzt, im Herbst, wo es schon vor 17 Uhr dunkel ist ? Manchen beschleicht da ein mulmiges Gefühl, vor allem Frauen. Die Angst, überfallen und Opfer einer Straftat zu werden - im Glauben, man sei ohnmächtig und könne sich nicht wehren - ist weit verbreitet.
Doch jeder Mensch kann etwas für sein ganz persönliches Sicherheitsgefühl tun. Es gibt unzählige Techniken der Selbstbehauptung und der Selbstverteidigung. Anlässlich des Tages der Familie an der HTWK Leipzig hat Trainerin Sabine Lubetzki zwölf Frauen in die Grundtechniken von „Wendo“ eingeführt.
Wie verhalte ich mich, wenn ich allein im Dunkeln unterwegs bin? Was kann ich tun, um mich mental stärker zu fühlen? Wie kann ich mich selbst und andere schützen? In einer Atmosphäre des Vertrauens und der gegenseitigen Wertschätzung ging Sabine Lubetzki in ihrem Schnupper-Workshop auf diese und weitere Fragen ein, die die Kursteilnehmerinnen in die Runde eingebracht hatten. „Der zur Rettung eilende Märchenprinz auf seinem Pferd kommt eben nur im Film“, so Lubetzki.
„Wendo“ stammt aus der feministischen Bewegung der 1970er Jahre in Kanada. Der Begriff ist eine Wortneuschöpfung aus „Wen“, einer Abkürzung für das englische „women“, und „do“ – übersetzt „Frauen handeln“. In der japanischen Variante bezeichnet „do“ den „Weg“; Wendo bedeutet hier „Weg der Frauen“. Das Konzept ist ein Präventionsprogramm gegen Gewalt, durch das speziell Frauen und Mädchen mehr Selbstsicherheit gewinnen sollen.
„Unsere Stimme, Fäuste und Körpersprache tragen wir immer bei uns – im Gegensatz zu einem Pfefferspray. All unsere Körperkräfte können wir gezielt einsetzen, um uns im Notfall zu wehren“, so die Trainerin. Wie insbesondere Frauen diese Mittel der Selbstverteidigung richtig einsetzen können, zeigte sie mit Hilfe praktischer Übungen: Die Teilnehmerinnen lernten selbstsichere Körperhaltung, unmissverständliches Nein-Sagen und das Verhalten in unangenehmen Situationen. Kernbotschaft: Sich es selbst erlauben, die eigenen – auch unangenehmen – Gefühle ernst zu nehmen. Sogar Zuschlagen war erlaubt: Am Ende des Workshops probierten alle Frauen kraftvolle, zielgerichtete Abwehrschläge aus – aufgefangen von einem Schlagpolster, einer sogenannten Pratze, die Lubetzki in der Hand hielt.
In rund 90 Minuten gab Sabine Lubetzki einen kurzen Einblick in das, was sie normalerweise ausführlich in einem zweitägigen Kurs lehrt. Seit mehr als 20 Jahren ist die Leipzigerin als Wendo-Trainerin tätig.
„Wendo können alle lernen und anwenden, sogar Menschen mit Handicaps“, erklärte sie. Für sie geht es dabei um viel mehr als nur um Selbstverteidigung in Gefahrensituationen: Ziel sei es, „selbstbestimmt zu leben, ohne Gewalt“. Das bringe Frauen aber noch immer in Konflikt mit ihren erlernten Mustern. „Es geht immer um Machtverhältnisse, um Überlegenheit“, so Lubetzki. Daher spielten das mentale Arbeiten und die Selbstfürsorge bei Wendo eine so wichtige Rolle.
„Gewalt gegen Frauen war lange ein Tabuthema. Seit den Silvesterübergriffen in Köln oder auch durch die aktuelle Debatte '#metoo' ist das Thema öffentlicher geworden, man darf darüber sprechen“, so die Trainerin. Dieses (Selbst)Bewusstsein nahmen auch die Workshop-Teilnehmerinnen mit: Die meisten fühlten sich danach deutlich selbstsicherer und „größer“.
Text: Larissa Kreisel