Mit ihren tänzerischen Auf- und Abschwüngen spiegelt die Zapfino eine verspielte Eleganz wider, die die Schrift sowohl einzigartig wie auch schwierig in der Anwendung macht. In Gedenken an ihren in diesem Jahr verstorbenen Namensgeber Hermann Zapf soll ihm und der Zapfino besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Hermann Zapf gehörte zu den wichtigsten Schriftgestaltern des 20. Jahrhunderts. Seine Erfolge waren unter anderem Schriften wie die Palatino, Aldus, Optima, Euler und Zapfino sowie die Mitarbeit an den Programmen „TeX“ und „InDesign“.
Hermann Zapf
Am 8. November 1918 in Nürnberg geboren, hatte Zapf den Kindheitswunsch, Elektroingenieur zu werden. Doch als Sohn eines aktiven Gewerkschafters (Widerstand gegen das NS-Regime) konnte er diesem nicht nachgehen und begann eine Lehre zum Retuscheur. Dabei entdeckte er seine Leidenschaft zur Kalligrafie und begann 1938 in Frankfurt am Main autodidaktisch als Schriftgrafiker und Kalligrafiker zu arbeiten. Seine erste Schrift war die Gilgengart, die er für die Schriftgießerei „D. Stempel AG“ entwarf.
Während des Reichsarbeitsdienstes ab 1939 bekam Hermann Zapf Herzprobleme. Deshalb arbeitete er anschließend als Protokollant und Kartenzeichner und wurde nach Kriegsende aus der französischen Kriegsgefangenschaft zurück nach Nürnberg geschickt. Schließlich ging er nach Frankfurt am Main und arbeitete dort von 1947 bis 1956 als künstlerischer Leiter der typografischen Abteilung der „D. Stempel AG“. Zusätzlich unterrichtete er in den 50er Jahren an Hochschulen, gestaltete Briefmarken und hielt Kalligrafie-Kurse im Ausland. Während dieser Zeit arbeitete er ebenfalls als Grafiker im Buchdesign für wichtige Verlagshäuser wie beispielsweise Suhrkamp oder den Carl Hanser Verlag. Dabei entstanden Typen wie die Palatino, die Aldus und die Optima, die heute noch große Anerkennung genießen.
In den 60er Jahren konzentrierte sich Hermann Zapf auf ein neues Arbeitsfeld: Die Kombination aus Typografie und Computerprogrammen. In den 70er Jahren ging Hermann Zapf für einen Lehrauftrag an die Technische Universität Darmstadt. Es begann Hermann Zapfs Zusammenarbeit mit Donald E. Knuth, wobei er Schriften für das von Donald E. Knuth entwickelte Satzprogramm „TeX“ entwarf. Unter anderem entstand die Schriftfamilie Euler.
1977 gründete Hermann Zapf mit Aaron Burns und Herb Lubalin die Firma „Design Processing International Inc.“ in New York. Ziel der Firma war es, Computerprogramme für typografische Strukturen für jedermann bedienbar zu machen. Aus dieser Firma wurde nach Herb Lubalins Tod „Zapf, Burns & Company“. Allerdings beendete auch dieses Unternehmen seine Arbeit, da nach Aaron Burns Tod Ideen von Angestellten kopiert wurden und Hermann Zapf die Firma in New York von Darmstadt aus nicht effektiv führen konnte.
Später entwickelte Hermann Zapf das Computerprogramm „hz-Programm“, welches mikrotypografische Veränderungen zum besseren Zeilenausgleich enthielt. Diese Algorithmen wurden für das Programm „InDesign“ lizenziert. Bis zu seinem Tode am 4. Juni 2015 lebte er mit seiner Frau Gudrun Zapf-von Hesse in Darmstadt.
Die Entstehung der Zapfino
Die Entstehung der Zapfino beruht auf Anregungen David Siegels, mit dem Hermann Zapf an der Stanford University zusammenarbeitete. Zapf griff bei den Entwürfen zur Zapfino auf kalligrafische Skizzen von 1944 zurück und brachte 1948 die Schriftart Virtuosa für die „D. Stempel AG“ auf den Markt. Die Schrift Virtuosa sei dabei „nur ein Kompromiss“ gewesen. Die endgültige Schriftart Zapfino erschien im Jahr 1998 in Zusammenarbeit mit Linotype. Zu diesem Zeitpunkt war die Schrift mit vier vollständigen Alphabeten, einem Satz Ligaturen, Alternativzeichen und einem Satz Zeichen und Symbole ausgestattet (Zapfino One, Zapfino Two, Zapfino Three, Zapfino Four, Zapfino Ligatures).
Im Laufe der Zeit entwickelten sich weitere Varianten der Zapfino. In Zusammenarbeit mit dem Leiter von Linotype, Akira Kobayashi, erschien im Jahr 2003 die Zapfino Extra. Das Schriftbild wurde so überarbeitet, dass die Zeichen stärker miteinander harmonieren, die Anzahl der „kritischen Buchstabenpaare“, die im Wortbild nicht zueinanderpassen, wurde verringert, man erweiterte den Zeichenvorrat um osteuropäische Zeichen und Kapitälchen und entwickelte die Schriftfamilie Forte. Alle elf Schnitte der Zapfino Extra wurden für die Darstellung am Apple Mac angepasst – diese Schriftschnitte benannte man zu Zapfino Extra X. Seit 2004 gibt es Pro-Versionen der Zapfino Extra und Zapfino Forte, welche die Contextual Features-Technik (kontextbedingte Varianten) unterstützen: Ein Zeichen wird in unterschiedlichen Zusammenhängen automatisch in unterschiedlichen Varianten dargestellt.
Merkmale und Anwendungen
Die Zapfino ist eine sehr geschwungene und dadurch auch weibliche Schrift. Markant sind ihre sehr langen Ober- und Unterlängen. Besonders auffällig ist der Buchstabe „f“. Durch ihre kalligrafisch anmutende Darstellungsweise ergeben sich scheinbar fließende Übergänge im Satz. Auch bei einer beliebigen Kombination von Zeichen aus den Schnitten One bis Four ist die Harmonie im Schriftbild gewährleistet. Die Zapfino lässt sich zur Schriftklasse der Schreibschriften zuordnen und erhebt den Eindruck mit einer Feder oder einem Pinsel geschrieben zu sein. Dennoch lässt sie sich auch in die Schriftklasse der handschriftlichen Antiqua einordnen, da vor allem bei der Kombination von Versalien und Minuskeln nicht immer ein fließender Übergang der Zeichen zu vermerken ist.
Die Zapfino wird als Auszeichnungs- und Verzierungsschrift nur sehr sparsam eingesetzt. Man findet sie beispielsweise auf Hochzeitskarten und Einladungen. Als Schriftzug für den Unternehmensnamen oder das Firmenjubiläum (z. B. „Speick“) wird sie ebenfalls gern eingesetzt. In der Kosmetikbranche findet man sie beispielsweise auf Produkten von „Kneipp“ und „Litamin“. Verwendung findet sie außerdem als Auszeichnungsschrift in der Belletristik, bei Helene Fischers Album „Farbenspiel“ oder bei Speisekarten. Einzelne Zeichen können in simplen oder teils typografisch sehr anspruchsvollen Kombinationen als Tattoo-Vorlage dienen. Seiteninhalt druckenSeite empfehlennach oben