Gespräch zur Digital DAX-Studie mit Finja Carolin Kütz, Deutschlandchefin von Oliver Wyman
Der Umgang mit digitalen Hilfsmitteln bei der Führung wird zunehmend wichtiger. Wie sieht es im Top-Management deutscher Unternehmen mit der Nutzung sozialer Netzwerke aus? Wie steht es um die so thematisierte Vorbildfunktion von Top-Managern? Mir scheint, dass von den Geführten erfolgreiches Agieren mit den digitalen Hilfsmitteln erwartet wird, aber selbst nur wenig Engagement bei der Nutzung dieser modernen Hilfsmittel gezeigt wird. Lohnt sich ein Vergleich mit Elon Musk mit fast 20 Millionen Followern bei Twitter? Diese wenigen Worte sollen das Gespräch mit Frau Finja Carolin Kütz, Deutschlandchefin von Oliver Wyman einleiten, mit der ich mich über die 2. Oliver Wyman-Analyse "Digital DAX" unterhalten möchte, die seit wenigen Tagen vorliegt.
Wald: Liebe Frau Kütz, vornweg vielen Dank, dass Sie mir für einige Fragen zu dieser Studie zur Verfügung stehen.
Kütz: Sehr gerne. Es freut mich, dass Sie sich für unsere Auswertung interessieren.
Wald: Warum untersucht Oliver Wyman das digitale Kommunikationsverhalten der Vorstände von DAX- und weiteren Unternehmen?
Kütz: Digitale Transformation ist in aller Munde - die Kommunikation ist in diesem Bereich schon weit fortgeschritten. Wir glauben, es ist interessant zu sehen, ob Vorstände die Digitalisierung auch in ihrer Kommunikation leben oder diesen Bereich bisher noch ausklammern.
Wald: Können Sie kurz das Design der Studie erläutern. Wie sind Sie vorgegangen?
Kütz: Für unsere Digital DAX-Analyse untersuchten wir alle Vorstände der DAX-Unternehmen hinsichtlich Präsenz und Aktivitätsgrad in den sozialen Netzwerken LinkedIn, Twitter und XING. Die Analyse haben wir im Dezember 2017 durchgeführt. Außerdem haben wir im Mai 2017 die österreichischen ATX-Vorstände und im Dezember 2017 die schweizer SMI-Vorstände hinsichtlich der selben sozialen Netzwerke untersucht. Die Daten sind bei allen drei digitalen Netzwerken öffentlich einsehbar.
Wald: Die Digitalisierung ist in aller Munde. In den Medien jagt m.E. ein Statement das andere. Wie sieht es bei der digitalen Kommunikation bei den Vorständen von DAX-Unternehmen aus?
Kütz: Die DAX-Vorstände sind eher zurückhaltend - allerdings werden sie digital kommunikativer. Es gibt Vorstände, die auf keiner der drei Plattformen ein Profil haben und es vorziehen, nicht direkt mit einer möglichen Community zu sprechen. Es gibt aber auch immer mehr Vorstände, die bereits aktiv und regelmäßig auf LinkedIn und Twitter mit ihren Followern in Kontakt treten.
Wald: Können hier einige Vorstände positiv erwähnt werden?
Kütz: Ein Beispiel ist Daimler-Chef Dieter Zetsche. Bis vor einem Jahr hatte er noch kein Profil auf LinkedIn - heute folgen ihm bereits über 100.000 Menschen. Auch Janina Kugel, Leiterin des Personalwesens bei Siemens, ist sehr aktiv - auf LinkedIn und Twitter.
Wald: Gibt es weitere Erkenntnisse? Können Sie die vorliegenden Daten international einordnen?
Kütz: Ja, zum einen sind Vorstandsfrauen aktiver: 74 Prozent der 27 weiblichen DAX-Vorstände zeigen in sozialen Netzwerken Flagge; bei ihren 173 männlichen Kollegen sind es nur 40 Prozent. Zum anderen sieht man auch im Ländervergleich Unterschiede: In Österreich etwa sind mit 47 Prozent der ATX-CEOs und in der Schweiz mit 53 Prozent der SMI-CEOs jeweils mehr als doppelt so viele Vorstandsvorsitzende in den sozialen Medien aktiv wie in Deutschland. Von den übrigen Vorständen nutzen in Österreich 52 Prozent soziale Medien, in der Schweiz sogar 64 Prozent.
Wald: Was meinen Sie? Warum sind weibliche Vorstände hier offensichtlich weit aktiver als ihre männlichen Vorstandskollegen? Und warum ist die dies bei den CEOs in den genannten Ländern insgesamt anders als bei deutschen Unternehmen?
Kütz: Sicher kann ich das natürlich nicht beantworten. Einer der Gründe könnte sein, dass Frauen mehr auf sich aufmerksam machen müssen, um nach ganz oben zu kommen. Die digitale Kommunikation wäre eine Möglichkeit dafür. Die höhere Social-Media-Affinität der weiblichen Vorstände könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass sie im Schnitt jünger sind als ihre männlichen Kollegen. Was CEOs in anderen Ländern betrifft, kann ich mir vorstellen, dass sie weniger konservativ sind als in Deutschland.
Wald: Was sind eigentlich die Vorteile dieser mehr oder minder persönlichen Kommunikation durch die aktiven Vorstände?
Kütz: Viele Vorstände haben erkannt, dass es wichtig ist, öffentlich Gesicht zu zeigen. Auch wenn Facebook & Co. aufgrund von Suchtpotenzial und Datenschutz teilweise in der Kritik stehen, sind sie eine wichtige Plattform für den gesellschaftlichen Dialog. Sie erlauben es, mit einer großen Zielgruppe zu kommunizieren - vom Auszubildenden bis zum Geschäftspartner.
Wald: Auch wenn Sie dies nicht untersucht haben: Was kann aus Ihrer Sicht getan werden, damit es hier zu den notwendigen Änderungen kommt?
Kütz: Ich glaube, hier ist ein Austausch mit Kollegen und jüngeren Menschen in der Umgebung hilfreich, um zu erkennen, wie wichtig und hilfreich digitale Kommunikation für die eigene Positionierung und die der Firma sein kann. Am Ende muss aber jeder selbst entscheiden, ob man die digitalen Kanäle für sich nutzen möchte. Denn digitale Kommunikation ist persönliche Kommunikation. Ganz ohne persönlichen Witz und Charme ist das schwer.
Wald: Liebe Frau Kütz, ganz herzlichen Dank für das Gespräch. Ich bin auf die dritte Auflage Ihrer Studie gespannt.