Ist das Prinzip des ever-closer-Europe noch zielführend für die europäische Einigung?
Das ever-closer-union-Prinzip, wie es sich im Vertragsrecht der Europäischen Union herausgebildet hat, führt häufig zur Vorstellung, dass die Supranationalisierung als vorherrschendes Selbstverständnis einer europäischen Einigung betrachtet werden muss. Eine permanente Vertiefung des EU-Integrationsprozesses im Sinne dieses Prinzips wird auch in wissenschaftlichen Beiträgen als „Schlüsselidee“ der EU verstanden.
Aus dieser Sicht liegt es nahe, die gegenwärtigen Krisen, welche für die EU zunehmend existenzbedrohende Züge annehmen (Großbritannien, Euro, Populismus, Ost-West-Spaltung, Grenzschutz, innere Sicherheit, Außen- und Verteidigungspolitik), auf solche strukturelle Unzulänglichkeiten zurückzuführen, wie sie aus einer föderalistischen Perspektive denklogisch sind.
Dies steht im gewissen Widerspruch zum Umstand, dass die erwähnten Krisen zu einem großen Teil aus einer Infragestellung des ever-closer-Prinzips resultieren und sich diese Haltung auf der Angebots- wie auf der Nachfrageseite inzwischen radikalisiert hat. Nach einer Darstellung der vertragsrechtlichen Entwicklungen und Grundlagen des ever-closer-Prinzips soll daher gefragt werden, ob und weshalb in einer einseitigen Orientierung auf dieses Prinzip ein zentrales Grundproblem der heutigen europäischen Politik liegen könnte. Anhand akuter Krisenfelder sollen im Anschluss Reaktionsansätze im Rahmen dieses Prinzips mit alternativen europapolitischen Ansätzen verglichen und einer weiteren Bewertung unterzogen werden.
Der Vortrag ist Teil der öffentlichen Ringvorlesung „Die Entführung Europas“ im Wintersemester 2019/2020. Der Besuch ist kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht nötig.